Hundertjähriger Ford Model TT Bus
07.08.2023
mid Pleystein - Ein 1923 in Schweden auf einem Ford Model T One Ton Truck aufgebauter Bus (rechts im Bild) landete bereits fünf Jahre später beim Schrotthändler. Foto: Karl Seiler / mid
Ein 1923 in Schweden auf einem Ford Model T One Ton Truck aufgebauter Bus landete bereits fünf Jahre später beim Schrotthändler. Ohne Motor und Achsen diente sein Aufbau dann bis 1952 als Spielhaus, wurde in den 1970er Jahren in Dänemark wieder mit einem Original-Fahrgestell komplettiert und fährt nun, behutsam restauriert, als Hundertjähriger in der Nordoberpfalz.
Das Fahrgestell des Model T Truck kostete vor 100 Jahren nur 650 US Dollar. Der 2,9-Liter-Vierzylinder-Benzinmotor mit 17 kW/22 PS, Zweigang-Getriebe und Vorderachse entsprach den "Tin Lizzy" genannten Pkw-Modellen. Der verstärkte Rahmen mit um 25 Zoll auf 3,18 Meter verlängertem Radstand hatte aber eine Hinterachse mit Schneckenwellenantrieb und eine kürzere Übersetzung sowie hinten größere Reifen als vorn.
In Söderköping wurde 1923 ein mit Zinkblech beplankter Holzaufbau mit Heckeinstieg, einem Fahrersitz sowie zwei Längs-Sitzbänken für 12 Passagiere gefertigt. Wegen dem (bis 1967 in Schweden vorgeschriebenen) Linksverkehr kam die zusätzliche Fahrertür auf die rechte Seite. Bis 1928 fuhr der Bus im Linienverkehr von Ulrika nach Linköping und landete dann auf dem Schrottplatz - bis er für Inga Lisa Nielson als 3,5 Meter langes Spielhaus in Mjölby in den elterlichen Garten kam. Ende der 1970er Jahre landete der Bus-Aufbau in Holte/Dänemark beim Oldtimersammler Viklit Grae Jörgensen. Der schlachtete ein Feuerwehrauto, das auch auf einem Ford Model T Truck montiert war und brachte so den Bus wieder zum Laufen. Danach blieb er ständig in Dänemark zugelassen. Harald Schmid aus Pleystein in der Oberpfalz kaufte 2021 den Bus. Der Kfz-Sachverständige ist nicht nur Leiter der Zentralwerkstatt der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Sulzbach-Rosenberg, sondern auch Oldtimer-Sammler: Neben dem Ford TT Bus stehen auch noch ein Ford A sowie drei T-Modelle als Pickup, Center Door und Touring fahrbereit bei ihm in der Stadt mit dem markanten Rosenquarz-Felsen.
Der Model TT Bus war zwar fahrbereit, hatte aber erheblichen Reparatur- und Wartungsstau. Alle Holzteile wurden geschliffen und neu versiegelt. Das Dach wurde mit zeitgenössischem Long-Grain-Kunstleder bespannt und über neue Federn für die Sitze kam ein dem Original-Bezug entsprechendes Material. Die Hinterräder bekamen neue Speichen aus Hickory und die Hinterachse wurde komplett mit guten Gebrauchtteilen sowie neuen Lagern und Dichtungen überholt. Die Elektrik erhielt neue, stoffummantelte Kabel, zeitgenössische Rückleuchten und Winker sowie Blink- und Bremslichtfunktion.
Bremstrommeln, Bremsbänder und Kupplungsscheiben im Getriebe wurden teilweise erneuert - Spulen und Magnete der Zündung, Vergaser sowie Lichtmaschine und Anlasser aber nur gereinigt. Der Benzintank musste nachgefertigt werden und der Auspuff wurde durch ein Repro-Neuteil ersetzt. Instrumente, Lenkrad, Lenkgetriebe und Lenksäule erforderten nur optische Aufarbeitung.
Zwar ist der Bus - "damit er auch ohne Omnibus-Führerscheinklasse D gefahren werden kann" - nur noch für neun Personen zugelassen, trotzdem aber wohl der einzige über 100 Jahre alte und jederzeit nutzbare Omnibus in Europa. Mit elektrischem Anlasser oder per Kurbel springt er besonders willig an, weil die vier Zündspulen jeweils über einen Winkel von 40 Grad der Kurbelwellenumdrehung Funken abgeben.
Dann ist nur noch die ungewöhnliche Anordnung der Bedienteile zu beachten: Von den drei Fußpedalen betätigt das rechte die Fußbremse, das mittlere den Rückwärtsgang und das linke getreten den ersten oder gelöst den zweiten Vorwärtsgang. Gas wird mit der Hand unter dem Lenkrad gegeben und der große Handhebel links betätigt halb geschwenkt die Kupplung und ganz gezogen die Bremse an der Hinterachse. Karl Seiler / mid
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