Fahrbericht Mercedes B-Klasse
21.04.2005
Die neue B-Klasse von Mercedes-Benz markiert den Anfang einer neuen Fahrzeugfamilie, die als "Sports Tourer" bezeichnet wird. Bei anderen Marken heißt das etwas schlichter, aber genauso treffend "Kompaktvan". Hauptwettbewerber des ab 21 800 Euro erhältlichen Fahrzeugs dürfte daher der VW Touran sein. Die hauptsächlich für den US-amerikanischen Markt entwickelte R-Klasse gehört als zweite Baureihe zu den sportlichen Tourern. Während die technisch auf der A-Klasse basierende B-Klasse für die Marke mit dem Stern eher ein Einstiegsmodell bedeutet, steht die ab Anfang 2006 erhältliche R-Klasse mit Luxus-Ambiente in der Nähe zur Oberklasse.
Die in Rastatt gefertigte B-Klasse erhält aufgrund des übernommenen Frontantriebs auch die Motorenpalette von der im gleichen Werk gebauten A-Klasse. Das Fahrzeug steht ab dem 4. Juni in der Top-Motorisierung bei den Händlern: dem B 200 Turbo mit 142 kW/193 PS Leistung zum Preis von 27 840 Euro. Die Einstiegsmotorisierung, der B 150 mit 70 kW/95 PS für gut 21 800 Euro, wird voraussichtlich erst Ende des Jahres erhältlich sein. Außerdem stehen der B 170 mit 85 kW/116 PS und der B 200 mit 100 kW/136 PS bereit. Bei den Dieseln wird ein Zwei-Liter-Motor in zwei Leistungsstufen mit 80 kW/109 PS und 103 kW/140 PS zu Preisen ab rund 24 800 Euro angeboten. Zur Zeit muss der Partikelfilter noch gegen einen Aufpreis von rund 545 Euro extra bestellt werden. Bis zum Sommer will man auf die serienmäßige Ausstattung mit der Reinigungstechnik umstellen, die sich dann auch in den Grundpreisen niederschlagen wird.
Der Innenraum der neuen B-Klasse bietet keinen Anlass zur Kritik. Die Materialien sind passend gewählt und fügen sich gut zusammen. Besonders in der zweifarbigen Ausführung kommt die von der Marke traditionell erwartete Eleganz voll zur Geltung. In Sachen Variabilität überzeugt das vielseitige Sitzkonzept: Die asymmetrisch geteilte Rückenlehne im Fond lässt sich einfach entriegeln und umklappen. Zudem kann die komplette Rückbank in vier auch für schwächere Oberarme gut hebbaren Teilen ausgebaut werden. Wird dann noch für 290 Euro ein herausnehmbarer Beifahrersitz bestellt, entsteht eine Ladefläche von 2,95 Metern Länge und über einem Meter Breite allein zwischen den Radkästen. An Gepäckvolumen bedeutet dies eine Spanne von 544 bis 2 245 Litern. Die notwendigen Haken und Verschlüsse wirken solide und durchdacht angebracht.
Äußerlich sind dem Fahrzeug die Transporterqualitäten dagegen nicht anzusehen. Zum Pkw-artigen Eindruck tragen die auf den Seiten gegenläufig gestalteten Linien der abfallenden Dachform und der ansteigenden Fensterfront bei. Um den 1,60 Meter hohen Wagen breiter und geduckter erscheinen zu lassen, wurden bewusst die horizontalen Linien betont, angefangen vom prominenten Kühlergrill mit drei Lamellen über die hervorspringenden Stoßfänger und die ausgestellten Radkästen bis hin zu den querliegenden Heckleuchten. Aufgrund der bewährten Sandwichbauweise, bei der Motor und Getriebe teils unter der Fahrgastzelle untergebracht sind, stehen 70 Prozent der 4,27 Meter Gesamtlänge den Insassen und dem Gepäck zur Verfügung. Dadurch wird auf den hinteren Plätzen eine Beinfreiheit verwirklicht, die über jener in manch früherer S-Klasse liegt.
Die übliche Sicherheitsausstattung wird durch ein weiterentwickeltes ESP mit so genannter "Steer Control" ergänzt. Hierbei wird die Stabilitätskontrolle mit der elektromechanischen Servolenkung gekoppelt, so dass in Gefahrensituationen ein Verreißen des Lenkrads verhindert werden soll. Schöne Extras auf der Optionsliste sind etwa das großflächige Lamellenschiebedach für rund 1 100 Euro oder Bi-Xenon-Scheinwerfer mit aktivem Kurvenlicht für rund 1 350 Euro. Alle Motorisierungen sind auch mit dem stufenlosen Automatikgetriebe Autotronic zum Aufpreis von knapp 1 700 Euro erhältlich. Serienmäßig werden die beiden Diesel, für die sich voraussichtlich die Mehrheit der Kunden entscheiden wird, sowie der Turbo-Benziner mit einem Sechsgang-Getriebe geschaltet. Bei den übrigen Vierzylinder-Motoren erfolgt die Kraftübertragung mittels Fünfgang-Schaltung.
Verglichen mit anderen Transportmeistern aus den Reihen der Vans und Kombis bietet die neue B-Klasse durchaus das gewisse Extra an unaufdringlicher Stilsicherheit. Wohl fühlen werden sich in dem Auto Familien wie auch jene Fahrer, die auf langen Strecken unterwegs sind und hin und wieder Geschäftspartner mitnehmen. Feurige Emotionen weckt dieses Auto dagegen nicht. Fraglich bleibt, ob die jugendlichen Käuferschichten, die auch Mercedes-Benz wie jeder andere Automobilhersteller aus Imagegründen im Visier hat, in dem Wagen ihren idealen Begleiter beim Surfen oder Mountainbiken erkennen werden. Dafür ist er wohl etwas zu teuer und dann auch ein bisschen zu bieder. Dorothee C. Tschampa/mid