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Maserati Comeback die zweite: Kalbfell gibt Gas

14.05.2006
"Im Moment werden wir in Deutschland unter Wert geschlagen", ärgert sich Karl-Heinz Kalbfell, seit Oktober 2005 Chef der Maserati SpA im Fiat Konzern, vor Journalisten. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nur rund 700 Maserati verkauft. "Unter vierstellig werde ich nicht aufhören, die Kollegen hier zu quälen", baut Kalbfell Druck auf.

Im Jahr 2009 will Kalbfell weltweit 10 000 Fahrzeuge an den Mann gebracht haben, nach knapp 5600 im vergangenen Jahr. Das wird nicht leicht; denn nach Kalbfells Meinung werden die Maserati vom Preis her immer wieder zu hoch eingeschätzt und mit Ferrari, Aston Martin, Bentley oder gar Rolls Royce verglichen. Sie bewegen sich aber eher im Bereich der Mercedes-Benz S-Klasse, der großen BMW, des Audi A8 in seinen S- oder RS-Versionen sowie von Porsche und einigen Jaguar-Typen. Genau mit denen will Kalbfell sich messen. "Das ist der härteste Wettbewerb, den man sich denken kann."

Dennoch ist der Manager, der seine Meriten unter anderem bei BMW erworben hat, sicher, sein Ziel zu erreichen. "Wir sind in der glücklichen Lage, eine Kern-Kundengruppe zu haben, die auf Maserati schwört." Aber das reiche nicht für das geplante Wachstum. In Deutschland müsse man jetzt den Händlern helfen, sich aufs aktive Vermarkten einzustellen. Maserati insgesamt müsse "kapieren, dass wir im Autogeschäft sind. Da werden die Regeln von BMW, Mercedes-Benz und Audi gemacht". Ferrari dagegen sei "im Spielzeuggeschäft".

Seine Chance sieht Kalbfell in dem ungeheuer positiven Nimbus, der die Marke umgibt. "Da ist Musik drin. Da kann man den Erfolg riechen." Aufgabe sei es daher, die Marke vom Exoten zur akzeptierten Alternative zu entwickeln. Heute sei Maserati bei Auto-Fans schon bekannt für sein Styling, allerdings fehle noch das Bewusstsein, dass auch die Technik der Autos innovativ sei und sie zweifellos zu den Premium-Angeboten zählten.

Als Beispiele nannte Kalbfell die überarbeiteten Acht-Zylinder-Motoren mit 287 kW/ 390 PS oder 295 kW/ 400 PS, die beide ein maximales Drehmoment von rund 450 Newtonmeter auf die Kurbelwelle wuchten. Deren Verbrauch liege nun im Durchschnitt um fast 20 Prozent niedriger. Das sei Erfolg, den andere mit Recht groß gefeiert hätten. Bei Maserati sei das aber nicht kommuniziert worden.

Stolz verwies Kalbfell auch für die Transaxle-Bauweise mit dem Motor hinter der Vorderachse und dem am Differenzial angeflanschten Getriebe, was zu der fast ausgewogenen Gewichtsverteilung von 47 Prozent vorn und 53 Prozent hinten geführt hat: "Das erspart uns das zusätzliche Gewicht für den Allradantrieb."

Etwas Besonderes ist auch das Getriebe. Es wird elektrohydraulisch betrieben, arbeitet aber wie ein Handschalter und auch wie eine Automatik. Mit Paddeln am Lenkrad lässt es sich schalten wie eine herkömmliche Tipptronic. Wer mit der Schaltung gar nichts zu tun haben will, vergisst sie einfach und verlässt sich auf Elektronik und Hydraulik. Wer auch in diesem Automatik-Modus Einfluss ausüben will, die schaltet beim Beschleunigen hoch, indem er den Gasfuß ein wenig anlüpft. Da der sonst bei Automatikgetrieben übliche Wandler fehlt, gibt es auch kein Kriechen, also auch kein Bremsen beim Stehen vor der roten Ampel.

Soviel zur Technik, jetzt zum Erlebnis der Autos: Klassische italienische Schönheiten sind sie alle, Pininfarina sei Dank. Sie sind auffällig, aber in ihrer feinen Art. Der Maserati zeigt seinen Charakter und bekennt sich auch mit seinen Linien zur Leistung, aber erntet beim Betrachter eher Bewunderung als Neid. Ein Ferrari wirkt daneben wie ein Angeber.

Der Viertürer mit dem Namen beschreibenden Namen "Quattroporte" hat sich hierzulande schon viel Lob für seine Form und für seine Eigenschaften abgeholt. Aber auch das Coupé und der Grandsport samt dem dazugehörigen Spyder folgen dieser Linie. Sie alle entsprechen dem italienischen Schönheitsideal: ebenmäßige, elegante bis opulente Formen.

Innen reicht die Spanne von Karbon bis Klavierlack, von nahezu kompromisslos sportlich bis sportlich elegant. Rundinstrumente gepaart mit Displays und fast ein Übermaß an Schaltern und Knöpfen vermitteln dem Fahrer des richtige Cockpit-Gefühl. Klar, dass man das alles auch noch individualisieren kann. Das ist ein Vorteil der zwar hochmodernen, aber immer noch handwerklich orientierten Fertigung im italienischen Modena.

Auch das Fahrverhalten reicht vom eleganten Gleiten zum Beispiel im Maserati Quattroporte Executive GT bis zum extrem sportlichen im Maserati Grandsport. Wobei der Quattroporte nicht nur in seiner Version Sport GT seine Rennwagen-Gene zeigt, und der Grandsport sich nicht nur zum Stochern eignet. Auch das Gleiten ist mit ihm ein Vergnügen, besonders mit dem offenen Spyder. Aber nur wenige Geräusche auf dieser Welt sind animierender als der Sound des Achtzylinders zwischen 5000 und 7000 U/min.

Schnell sind sie alle. Nur der Quattroporte braucht zwei Zehntel mehr als fünf Sekunden von 0 auf 100 km/h, die anderen bleiben unter dieser Marke. Der Quattroporte erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 275 km/. Der Schnellste im Bunde ist der Grandsport mit 290 km/h.

Die Preise beginnen mit 87 000 Euro für das Coupé GT, 104 000 Euro für den Gransport und 110 000 Euro für den Gransport Spyder. Der Quattroporte liegt je nach Version zwischen 107 000 Euro und 119 000 Euro. Alle Modellreihen lassen auch Raum für reichlich Aufpreis. Aber dennoch sind die Preise wettbewerbsfähig. Darüber hinaus bietet Maserati drei Jahre oder 50 000 Kilometer Garantie und übernimmt für diese Spanne auch alle Inspektionskosten.

Dann man los, Herr Kalbfell. Am Produkt liegt´s jedenfalls nicht, aber vielleicht an der Kommunikation. Denn in Deutschland ist Maserati für viele immer noch eine angestaubte Legende und nicht die attraktive Alternative für alle, die so viel Geld für ein Autos ausgeben, aber sich nicht nachsagen lassen wollen, sie führen das Auto nur, um selbst attraktiv zu sein. (ar/Sm)

Von Peter Schwerdtmann


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