Das Rollerjahr 2007: Für jeden etwas
29.03.2007

Endlich steht den Rollerfreunden wieder einmal eine interessante Saison bevor. Nach Jahren, in denen die meisten Hersteller geradezu mit Neuheiten-Verweigerung für gähnende Langeweile gesorgt hatten, wartet 2007 mit einigen spektakulären Neuheiten auf. Besonders erfreulich ist, dass es sich bei diesen Neuheiten nicht nur um Entwicklungen in puncto Hubraum und Leistung handelt, sondern auch um innovative Bau- und Fahrwerkskonzepte. Da ist für jeden etwas dabei. Außerdem positiv, zumindest für die Umwelt: Die strengere EU-Abgasnormen erfordern Verbesserungen in Bezug auf Effizienz der Motoren und Verringerung des Schadstoffausstoßes, auch in den kleineren Hubraumklassen.
Spektakulärste Neuheit ist der Gilera GP 800, der in der großen Scooterklasse einen neuen Maßstab setzt. Der Sportler, dessen flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-V-Motor mit 840 ccm 55 kW/75 PS leistet und der trotz eines Gesamtgewichts von 251 Kilogramm bis zu 188 km/h schnell rennen soll, wird im Herbst vorgestellt werden. Parallel dazu wird die Aprilia Mana 850 präsentiert, ein Motorrad mit drei Automatikprogrammen, das vom selben Motor angetrieben wird wie der Roller; die Unterschiede bei der Namensgebung dürften einen marketingtechnischen Grund haben.
Nicht weniger interessant sind zwei weitere Neuheiten aus dem Piaggio-Konzern: Nach der viel beachteten Präsentation des dreirädrigen Piaggio MP3 125 im vergangenen Herbst werden nun in diesem Jahr weitere Roller mit dem doppelten Vorderrad nachgeschoben: der 16 kW/22 PS starke MP3 250, der MP3 400 mit 25 kW/34 PS sowie als vorläufiges Topmodell der Gilera Fuoco 500 mit Offroad-Optik, der eine Leistung von rund 31 kW/42 PS haben dürfte.
Eine Neuauflage erlebt das Roller-Cabrio. Das vor einigen Jahren von Benelli vorgestellte Modell stellte mangels Sicherheitskonzept und wegen der nicht adäquaten Motorleistung keine Alternative zum BMW C1 dar und verschwand wie das bayerische Original bald wieder vom Markt. Nun geht der gründlich überarbeitete Klappdach-Scooter als Adiva AD 125 und AD 250 mit Piaggio-Motoren erneut an den Start. Nach wie vor herrscht auf dem extravaganten Fahrzeug aber mangels Knautschzone und ohne zusätzliche Sicherheitsausstattung Helmpflicht.
Beim Blick auf die Herkunft der Neuheiten fällt auf, dass aus Japan wenig Neues kommt. Gerade mal fünf Nippon-Roller stehen im Jahr 2007 erstmals beim Händler. Dazu zählen der Burgman UH 125 und UH 200 von Suzuki mit komplett neu gestalteter Karosserie, die sich durch eine niedrige Sitzposition und zahlreiche Ablagen und Staufächer auszeichnet. Aus dem Hause Yamaha stammen der X-Max 125 und X-City 250, vom dem speziell der 250er zeigen soll, was ein Großrad-Roller ist. Lange Federwegen und eine Sitzergonomie für Fahrer jeder Größe bieten guten Fahrkomfort, den auch dem Sozius zugute kommt. Einen 300 ccm großen Bruder stellt Honda an die Seite des SH 125. Der Motor des SH 300i leistet 20 kW/27 PS und ermöglicht Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h. Dennoch soll der Verbrauch mit 3,5 Litern Benzin auf 100 Kilometern genügsam ausfallen. Aber auch die Hersteller aus Taiwan, Korea und China sowie die europäischen Produzenten aus Frankreich und Italien dürften in diesem Jahr noch die ein oder andere kreative Überraschung liefern. Premiere als Scooter-Anbieter feiert obendrein der spanische Moped-Spezialist Rieju mit dem neuen Toreo 125.
Die strengeren Abgasgesetze sorgen dafür, dass immer mehr Roller als Viertakter und mit geregeltem Katalysator angeboten werden. Zweitaktmotoren, die den Öko-Anforderungen genügen, sterben langsam aus, da die aufwendige - und dementsprechend teure - Direkteinspritzungs-Technik von den Herstellern anscheinend nicht weiter entwickelt wird. Als Folge davon gibt es für die Saison 2007 mehr Neuheiten in den größeren Klassen als bei den 50ern. Erstaunlich, dass es in der Hubraumklasse zwischen 200 und 300 ccm 13 Neuheiten gibt. Außerdem stehen 18 neuen 125ern nur 15 neue 50er gegenüber.
Das Feld der kleine Zweitaktroller wird quasi kampflos von den namhaften Herstellern der chinesischen Billig-Konkurrenz überlassen. Exakte Zahlen gibt es zwar nicht, doch spricht die Branche von jährlich 30 000 bis 60 000 verkauften 50er Rollern aus China, was bedeutet, dass rund 25 bis 50 Prozent der neuen Fuffis über Selbstbedienungsmärkte oder über das Internet einen Käufer finden und nicht über den Fachhandel. Vor diesem Hintergrund erscheint die scheinbare Unlust der etablierten Hersteller auf technisch aufwendige Neuentwicklungen, vor allem in der kleinsten Hubraumklasse, noch nicht so tragisch zu sein. Doch ist es bestimmt nicht der richtige Weg, auch das preiswerte Segment mehr oder weniger kampflos der Konkurrenz zu überlassen. Denn Kunden, die mangels Angeboten ihre 50er nicht beim Fachhändler kaufen, finden auch dann nicht den Weg dorthin, wenn es um die Anschaffung eines größeren, hochwertigen Scooters geht. Werner Wagner/mid mid/ww