Urban Challenge: Roboterautos in der Geisterstadt
09.11.2007

Noch ist das fahrerlose Auto nur eine Vision. Doch bereits in zehn Jahren könnte die Elektronik das Kommando über das Steuer im Pkw übernehmen. Schon heute spielt in den Autos der jüngsten Generation der Computer eine große Rolle, etwa bei Fahrerassistenz-Systemen. Die künftigen Selbstfahrtechniken setzen auf neue Lasersensoren, die heute noch bis zu 60 000 Euro teuer sind, in der Großserie aber eines Tages nur noch 200 Euro kosten könnten.
Wie weit die Technik heute ist, hat die Urban Challenge der Militär-Forschungseinrichtung DARPA gezeigt, eine Art Rennen völlig autarker Fahrzeuge durch eine eigens errichtete Geisterstadt in den USA. Die Autos haben keine Verbindung nach außen, fahren also nicht ferngelenkt. Von einem Begleitfahrzeug aus kann lediglich ein Notstopp veranlasst werden, um Blechschäden zu verhindern. Wie von Geisterhand gesteuert suchen die Roboterautos so ihren Weg durch die städtischen Straßen. Modernste Elektronik macht's möglich.
Der Automobilhersteller Volkswagen hat gleich mehrere Teams bei dem Roboterwettbewerb unterstützt und erhofft sich Informationen für die Entwicklung neuer Assistenzsysteme. Von der Serieneinführung sind die selbstfahrenden Autos aber noch weit entfernt. Für Jürgen Leohold, Forschungschef des VW-Konzerns, loten die Teilnehmer an der Urban Challenge jedoch das heute technisch Machbare aus. Frühestens in zehn Jahren, meint er, können müde Autofahrer auf einen Knopf drücken und den Computer auffordern "Ich schlafe gleich ein, weck mich auf, wenn wir zuhause sind." Bis dahin werde VW zusammen mit Forschern und Elektronikspezialisten wie dem Team aus Stanford dem großen Ziel des autonom fahrenden Autos mit kleinen Schritten näherkommen.
Die anfangs 170 Teilnehmer trafen sich am Rande der Stadt Victorville auf einem ehemaligen Militärgelände, knapp zwei Autostunden von Los Angeles entfernt. Elf Teams blieben am Schluss übrig, davon erreichten sechs das Ziel. Die beiden Fahrzeuge der Unis Braunschweig und München wurden im ersten Durchgang der Endausscheidung von der Jury aus dem Rennen genommen.
Bei der Endausscheidung der Urban Challenge in Kalifornien war also jeder Teilnehmer, der überhaupt das Ziel erreichte, ein Gewinner. Zu den Aufgaben der Roboterautos gehörte das Suchen und Einhalten des einprogrammierten Weges auf befahrenen Straßen, das Bewältigen von Kreuzungsverkehr, das Ausweichen vor beweglichen Hindernissen oder das Linksabbiegen bei Gegenverkehr. Sogar das Wenden in einer blockierten Straße musste bewältigt werden. Eine besondere Herausforderung war eine Kreuzung mit vier Stoppschildern, wo nach strengen amerikanischen Verkehrsregeln derjenige der zuletzt kommt, auf die anderen wartet. Das heißt, das System musste die Reihenfolge der ankommenden Fahrzeuge erkennen.
Nach drei Durchgängen kam der VW Passat "Junior" vom Stanford Racing Team als erster ins Ziel. Zum Sieger erklärte die nach ziemlich undurchsichtigen Regeln agierende Jury am nächsten Tag allerdings den "Boss" von GM Tartan Racing. Kurz vor Schluss des Rennen saß der "Junior" etliche Minuten in einer Art Stau fest und verlor so wertvolle Zeit. Am Ende wurde der "Boss" mit einigen Minuten Vorsprung gewertet. Dritter ist das Team "Victor Tango" mit "Odin". Der Sieger bekam zwei Millionen US-Dollar Preisgeld, für die "Junior"-Mannschaft gab es immerhin noch eine Million. Ingo Reuss/mid mid/ir