Fiat im freien Fall
14.07.2005
Alfa 159
Einst galt Fiat als festetablierte Marke auf dem westeuropäischen Markt. Auch in der Bundesrepublik waren die Italiener als Spezialisten für wendige Kleinwagen in gefälligem Gewand bekannt und auch beliebt. In den letzten Jahren ist jedoch der Marktanteil der Turiner rapide zusammengeschmolzen. Mit 22 680 Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2005 bringt es die Marke Fiat in Deutschland gerade noch auf einen Anteil von 1,3 Prozent und liegt damit hinter Kia und Smart. In Westeuropa erreicht der einstige Volumenhersteller in der Rangliste der Einzelmarken mit weniger als fünf Prozent Marktanteil Platz sieben, gerade noch vor den Premiummarken BMW und Audi.
Als einen Grund für den fortlaufenden Niedergang gilt der Schlingerkurs in der Unternehmensführung. Seit die beiden Konzernchefs aus der Gründerfamilie Agnelli in den Jahren 2003 und 2004 kurz nacheinander starben, agiert das Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes kopflos. Die zahlreichen Manager-Wechsel unter dem eher als Wirtschaftsmann denn als Autofan bekannten Vorstandschef Sergio Machionne tragen nicht dazu bei, Vertrauen in die Zukunft von Fiat wachsen zu lassen.
Nun setzen die Italiener all ihre Hoffnungen in das neue Fahrzeugmodell Croma, eine Mischung aus Kombi und Van, und in den zur IAA erwarteten neuen Punto. Auch der neue Alfa Romeo 159 soll wieder mehr Menschen für italienische Automobile begeistern. Allerdings bewertet der Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen die Erfolgsaussichten des Croma skeptisch. Zudem macht die zur Fiat-Gruppe gehörende Marke Lancia seiner Ansicht nach langfristig keinen Sinn, da sie außerhalb Italiens nur einen sehr geringen Bekanntheitsgrad besitze. Überdies scheint es fraglich, ob es den Italienern gelingen wird, ihren schlechten Ruf bezüglich Qualität und Pannenzuverlässigkeit mit den neuen Modellen aufzubessern.
Durch die Finanzspritze von General Motors, die sich im Frühjahr 2005 lieber für 1,55 Milliarden Euro freigekauft haben, als den angeschlagenen Konzern zu übernehmen, kann Fiat nach Einschätzung von Finanzexperten noch rund zwei Jahre überleben. Ein Ende der Verluste ist nach Dudenhöffer nicht abzusehen. Ob der italienische Autobauer dann genauso untergeht wie jüngst das britische Traditionsunternehmen Rover oder ob sich Fiat bis dahin als attraktiver Übernahmekandidat präsentieren kann, bleibt abzuwarten. Die Chinesen, so munkelt man, stehen schon in den Startlöchern. Dorothee C. Tschampa/mid mid/dt