Service: Fahrtipps bei Gefahr durch Hirsch und Reh
17.11.2005
Besonders hoch ist das Risiko eines Wildunfalls in der kalten Jahreszeit
Die Zahlen sind erschreckend: Mehr als 30 tote und rund 3000 verletzte Autofahrer sind jedes Jahr nach Wildunfällen auf deutschen Straßen zu beklagen. Rund 180 000 Rehe und 14 000 Wildschweine kommen nach Angaben des Deutschen Jagdschutz-Verbandes (DJV) pro Saison unter die Räder.
Besonders hoch ist das Risiko eines Wildunfalls in der kalten Jahreszeit. Der Berufsverkehr setzt schon bei Dämmerung ein - zu der Zeit, wenn Rehe, Hirsche oder Wildschweine ihr Revier wechseln, um etwas Fressbares zu finden. Dabei überqueren sie unvermittelt die Straßen. Was das Risiko erhöht: Von September bis Januar ist Brunftzeit. Und Liebe macht bekanntlich blind.
Besonders gefährlich sind Übergangsbereiche zwischen Wald und Feld, denn hier wechselt das Wild von seinen Rückzugsgebieten auf die abgeernteten Äcker. Risikogebiet sind auch neue Straßen, die durch Waldgebiete führen. Das Wild hält die gewohnten Wechsel bei, ohne auf die neue Asphaltpiste zu achten. Um Wildunfälle zu vermeiden, sollte man deshalb Wildwechsel-Schilder ernst nehmen und lieber das Tempo verringern. Der DJV empfiehlt, nachts in bewaldeten Gegenden mit Fernlicht zu fahren, wann immer das möglich ist. Die Augen der Tiere wirkten so wie Rückstrahler und sind so für den Autofahrer früher zu erkennen. Taucht Wild im Scheinwerferlicht auf, empfehlen die Experten, sofort abzublenden, zu bremsen und zu hupen, um das Wild zum Rückzug in den Wald zu bewegen. Rennt ein einzelnes Tier auf die Straße, heißt es besonders vorsichtig zu sein: Ein Tier kommt selten allein, sondern der Rest des Rudels hinterher.
Lässt sich ein Zusammenprall mit Wild nicht vermeiden, gibt es nur eine Möglichkeit: So stark wie möglich bremsen und das Lenkrad gut festhalten. Auf keinen Fall sollte man versuchen, dem Tier auszuweichen, denn bei solchen Ausweichmanövern gerät das Fahrzeug fast immer ins Schleudern und prallt unkontrollierbar gegen den nächsten Baum - mit schlimmen Folgen.
Nach einem Unfall ist es wichtig, die Unfallstelle abzusichern. Dazu Warnblinkanlage einschalten, in ausreichendem Abstand das Warndreieck aufstellen und das tote Tier an den Randstreifen schaffen. Achtung, Tollwutgefahr: Das Tier nicht mit bloßen Händen anfassen, sondern die Läufe mit einer Zeitung oder einem Tuch umwickeln, eventuell Arbeits- oder Aidshandschuhe aus dem Verbandkasten anziehen. Wild niemals mitnehmen, denn das ist Wilderei und somit strafbar. Wurde das Wildtier verletzt und ist in den Wald geflüchtet, genau die Stelle merken; der Jagdpächter kann dann mit dem Hund auf die Suche gehen.
Am besten ist es, die Polizei zu verständigen. Die informiert gleich den zuständigen Förster oder Jagdpächter. Ein Unfallprotokoll ist auch wichtig für die Regulierung des Schadens am Auto. Für Unfälle mit Haarwild zahlt die Teilkaskoversicherung. Allerdings ist dabei zu beachten: Die Teilkasko tritt nur dann ein, wenn es zum Zusammenprall kommt, wenn das Auto bei der Notbremsung ins Schleudern gerät oder wenn der Zusammenprall unmittelbar bevorstand und das Ausweichmanöver im Crash endet. Springt also ein Reh direkt vor dem Auto auf die Straße, weicht der Fahrer aus und landet am Baum, zahlt die Teilkasko - allerdings gerät der Autobesitzer schnell in Beweisnot.
Bei kleinen Tieren wie einem Hasen hingegen muss der Autofahrer die Verhältnismäßigkeit beachten: Es würde einen kleineren Schaden am Auto verursachen, den Hasen zu überrollen, als durch ein Ausweichmanöver im Graben zu landen - also zahlt die Teilkasko für Unfälle durch Ausweichen nicht. Erst recht kein Geld gibt es, wenn in einiger Entfernung zum Auto ein Rudel Rehe über die Straße rennt und der Fahrer aus Schreck das Lenkrad verzieht. In dem Fall ist der Schaden allein eine Sache der hoffentlich abgeschlossenen Vollkaskopolice. Allerdings mit dem Nachteil einer möglicherweise hohen Selbstbeteiligung und der Rückstufung in der Rabattklasse. (ar/kj)