Fahrbericht BMW R 1200 S: Stärkster Serien-Boxer
14.07.2006
Mit dem Sport ist es bei den BMW-Motorrädern so eine Sache. Ganz schön schnell sind sie inzwischen geworden, aber Basismodelle für den Renneinsatz oder potente Derivate aus etablierten Serien des Straßensports sind nach wie vor nicht im Programm. Folglich weckt es Erwartungen, wenn für 12 500 Euro nun die neue R 1200 S als bislang stärkster und schnellster Seriensportler bei den Boxern erhältlich ist. Aber wie definieren die Münchner "Sport"?
Die Leistungsdaten von 90 kW/122 PS und 245 km/h Höchstgeschwindigkeit entlocken selbst sportlichen 600ern nur ein müdes Lächeln. Und so wird schnell klar, was für einen Charakter der Zweizylinder mit seinen 1170 Kubikzentimetern Hubraum hat: Hier geht es nicht um Drehzahlorgien und Fahrten in Geschwindigkeitsbereichen jenseits von Gut und Böse, sondern um satten Durchzug und schaltfaules Fahren. Stolze 112 Nm sind als maximales Drehmoment angegeben, während beispielsweise eine mit 120 kW/163 PS Leistung weit stärkere Honda CBR 1000 RR nur 109 Nm als Maximum aufweist.
Mit dem Schalten ist es bei BMWs Neuer allerdings so eine Sache. Bis die Betriebstemperatur erreicht ist, sind Gangwechsel eine hakelige Angelegenheit. Dann aber geht es erfreulich munter zur Sache. Die Sitzposition ist auch für Fahrer mit einer Körpergröße von 1,80 Metern und mehr relativ entspannt; dementsprechend locker kann man die Kurvenkombinationen in Angriff nehmen. Da zeigt sich gleich eine der Stärken der Maschine, denn sie lässt sich zentimetergenau lenken. Die anvisierte Linie wird perfekt gehalten und falls notwendig kann entspannt und schnell korrigiert werden.
Die Kraft des Vierventil-Boxers reicht allemal aus, um das 213 Kilogramm schwere Zweirad zügig und zackig zu bewegen. Erfreulich, dass sich dazu die Nadel im Drehzahlmesser dem roten Bereich bei 8500 Umdrehungen nicht zu sehr nähern muss. Um auf der Autobahn flott unterwegs zu sein, muss man sich hinter der kleinen Verkleidungsscheibe ordentlich zusammenfalten und lässt diese Gangart bald sein, denn auch der Motor wirkt schnell ziemlich angestrengt. Das Revier des Sport-Boxers ist eindeutig die Landstraße. Und das macht Spaß, ohne den legalen Bereich verlassen zu müssen. Die BMW flitzt flott um die Ecke, dass es eine wahre Freude ist. Erfreulicherweise taugt die Münchnerin aber auch im Stadtverkehr, wo sie keinerlei nervöses Gehabe zeigt und sich auch in langsamerem Tempo ruhig bewegen lässt.
Positiv zu bewerten ist das neu entwickelte, optionale ABS, das sauber dosierbar ist und bei Bedarf abgeschaltet werden kann. Zu kritisieren gibt es nur die zwar weitgehend vibrationsfreien, dafür aber viel zu kleinen Spiegel sowie die fehlende Tankanzeige. Etwas unverständlich, denn im Bordinstrument ist schließlich auch Platz für eine Kühltemperaturanzeige. Immerhin funktioniert die Restweitenanzeige präzise und stellt sich schnell auf die entsprechende Fahrweise ein. Als Verbrauch ermittelten wir akzeptable 5,9 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometern, wobei BMW jedoch das teure Super plus vorschreibt. An Kfz-Haftpflichtversicherung werden im Jahr etwa bei der AXA 188 Euro fällig.
Für den Basispreis von 12 500 Euro erhält der Käufer mit der BMW R 1200 S ein Motorrad, das die Boxer-Baureihe leistungsmäßig toppt, das durchaus super und auch ziemlich sportlich zu fahren ist, das aber beileibe kein Supersportler im herkömmlichen Sinn ist. Abstriche am Fahrspaß bedeutet dies jedoch mitnichten. Werner Wagner/mid
Teststeno BMW R 1200 S: Sportmotorrad mit luftgekühltem Zweizylinder-Viertaktmotor, 1170 ccm Hubraum, 90 kW/122 PS Leistung bei 8250 U/min, maximales Drehmoment 112 Nm bei 6800 U/min, vier Ventile pro Zylinder, geregelter Katalysator, elektronische Einspritzung, BMW Telelever vorn, Paralever-Einarmschwinge hinten, Kardanantrieb, Sechsganggetriebe, Reifen vorn 120/70 ZR 17, Reifen hinten 180/55 ZR 17, Höchstgeschwindigkeit 245 km/h, Leergewicht (ohne Zubehör) 213 Kilogramm, zulässiges Gesamtgewicht 410 Kilogramm, Zuladung 197 Kilogramm, Sitzhöhe 83 Zentimeter, Tankinhalt 17,0 Liter, Verbrauch 5,9 Liter Super plus auf 100 Kilometer, Garantie zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung, Serviceintervall 10 000 Kilometer, Versicherung bei der AXA: Haftpflicht 188,31 Euro (SF 1, Zulassung Düsseldorf, 100 Mio. Euro pauschal mit Schutzbrief), Teilkasko 379,97 Euro (150 Euro SB); Preis: 12 500 Euro. mid/ww