Porsche 911 Targa: Ein Stück Himmel
25.09.2006
Targa - das steht bei Porsche seit 1965 für ein Fahrzeugkonzept, das die Sicherheit eines Coupés mit dem luftigen Vergnügen eines Cabriolets verbinden soll. Die Zuffenhausener Edelschmiede bringt im November 2006 mit dem 911 Targa 4 und dem 911 Targa 4S zwei neue Varianten der Elfer-Baureihe zu den Händlern. Erstmals werden die Targa-Modelle ausschließlich mit permanentem Allradantrieb und einer im Heckbereich um 44 Millimeter verbreiterten Karosserie angeboten. Im Vergleich zum Vorgänger sind es sogar 88 Millimeter zusätzlich, die gerade von hinten mächtig Eindruck hinterlassen. Und von dort werden die meisten Autofahrer ihn auch sehen. In Deutschland beginnen die Preise für den 911 Targa 4 bei 91 843 Euro und 102 167 Euro für die stärkere S-Version.
Markantestes Merkmal beider Sportwagen ist wie schon beim Vorgänger (Typ 996) das große Glasdach und die klappbare Heckscheibe. 6800 Euro beträgt der Preisaufschlag zum Coupé - das ist deftig, wenn zunächst nur die 1,5 Quadratmeter große Glasfläche betrachtet wird. Doch, so betont Porsche - ausstattungsbereinigt sei der Targa keinen Euro teurer als der Vorgänger. Im Targa 4 arbeitet der bekannte Sechszylinder-Boxermotor, der aus 3,6 Liter Hubraum eine Leistung von 239 kW (325 PS) schöpft. Er beschleunigt das Fahrzeug in 5,3 Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 280 km/h. In der stärkeren S-Variante kommt ein 3,8 Liter-Motor mit 261 kW (355 PS) zum Einsatz. Der Sprint auf 100 km/h gelingt hier in 4,9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 288 km/h. Dank des Porsche-Ventilsteuersystems VarioCam Plus entwickelt der Targa 4 ein maximales Drehmoment von 370 Newtonmetern, das bei 4250 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung steht. Bei der S-Version sind es 400 Newtonmeter bei 4600 U/min. Die Kraftübertragung erfolgt über ein Sechsgang-Schaltgetriebe. Auf Wunsch bietet Porsche seinen Kunden die bekannte Fünfgang-Automatik Tiptronic S an, mit der über Wipp-Tasten in den Lenkrad-Speichen geschaltet werden kann. Soweit die nackten Zahlen. Die Kraftübertragung erfolgt wie bei den Coupé- und Cabrio-Versionen des Carrera 4(S) durch ein Allradsystem mit Visco-Lamellenkupplung, das permanent je nach Fahrsituation zwischen fünf und 40 Prozent der Antriebskraft über die Vorderräder auf die Straße bringt. Damit rollt der Bolide auch in extremen Situationen so souverän über die Straßen, als hätte Gott die Physik nie erfunden. Es ist nicht leicht, den Targa an seine Grenzen zu bringen. Notfalls - und herrlich spät - regelt das Stabilitätssystem (PSM = Porsche Stability Management) Übermut ein.
Das Glasdach sorgt für ein sehr helles Interieur, das im Vergleich zum Coupé nicht verändert wurde. Es lässt sich mit Hilfe zweier Elektromotoren bei jeder Geschwindigkeit in sieben Sekunden bis zu einem halben Meter öffnen. Die maximale Dachöffnungsfläche beträgt dann bis zu 0,45 Quadratmeter. Das Dachmodul besteht aus zwei Lagen getöntem Spezialglas, das im Vergleich zum Vorgänger um 1,9 Kilogramm leichter wurde und jetzt 52 Kilo auf die Waage bringt. Durch ein neu entwickeltes Dichtungssystem bleiben die Windgeräusche auch bei hohen Geschwindigkeiten auf sehr erträglichem Niveau. Ein Windabweiser soll die Luftverwirbelungen im Innenraum verringern, wodurch ein Offenfahren auch bei kälteren Temperaturen möglich ist. Jenseits der 120 km/h wird es allerdings recht laut. Gegen zu starke Sonneneinstrahlung schützt ein Sonnenschutzrollo aus teildurchlässigem schwarzen Stoff. Die Betätigung des Glasdachs und des Rollos erfolgt über eine Wipp-Taste auf der Mittelkonsole neben dem Handbremshebel. Die per Gasdruckfedern nach oben schwenkende Glasheckscheibe ermöglicht einfaches Beladen des 230 Liter großen Gepäckraums bei umgeklappten Rücksitzen. Ein Elektromotor zieht das Dach zu, nachdem es sanft nach unten bewegt wurde. Weitere 105 Liter stehen im Frontbereich zur Verfügung, so das mit 335 Litern das Gepäck für lange Wochenenden zu zweit durchaus etwas üppiger ausfallen kann. Damit ist der Kofferraum 25 Liter größter als beim Coupé - der Targa ist also sozusagen der Kombi unter den 911ern, weil er auch leichter zu beladen ist.
Der Allradantrieb - Hauptgrund für die kräftige Preissteigerung von 10 000 Euro im Vergleich zum Vorgänger - wurde laut Porsche von den Kunden eingefordert. Denn Targa-Fahrer achten Untersuchungen zufolge besonders auf Sicherheit. Um die zu garantieren, haben die Ingenieure die Karosserie an neuralgischen Punkten mit hochfesten Stählen verstärkt. Dadurch wird der Porsche mit Himmelsblick noch steifer, was sich beim Fahren positiv bemerkbar macht. Er rollt absolut verwindungsfrei auch über schlechte Straßen. Lediglich kurze Stöße mag das Fahrwerk nicht. Für reichlich Bodenkontakt sorgen Räder der Dimension 8J X 18 mit Reifen der Größe 235/40 ZR 18 vorn und 295/35 ZR 18 hinten beim Targa 4, der S legt noch ein Zoll drauf.
Bis zu 2000 Targa pro Jahr sollen einen Käufer finden, der Anteil am Modellmix beträgt etwa fünf Prozent. Wer den 911er mit dem schönsten Rücken der Baureihe besitzen möchte, darf sich vom teuren Stück Himmel nicht schrecken lassen. Frischluft-Freunden sei das Cabriolet ans Herz gelegt. das lässt deutlich mehr Luft um die Nase wehen und kostet bescheidene 2100 Euro mehr. Der Fahrspaß ist bei allen 911ern inklusive, auch das relativiert den exklusiven Preis.(ar/sb)
Von Stephan Bähnisch