Fahrberichte

Ducati Sport 1000: Der Sportsgeist der 70er Jahre

06.10.2006
Wann immer eine Marke auf der Rennstrecke Erfolge erzielt, eifern sportliche Motorradfahrer ihren Idolen nach. Heute geschieht dies mit bunten Markenaufklebern - in den 70er Jahren waren Stummellenker, zurückversetzte Fußrasten und aggressive Farben üblich. Insofern würde die 61 kW/83 PS starke Ducati Sport 1000 mit ihrem gefälligen Café-Racer-Stil ganz wunderbar in jene Zeit passen. Hinter der klassischen Linie der 10 995 Euro teuren Italienerin verbirgt sich jedoch moderne Technik.

Dies erkennt man spontan an der Upside-down-Gabel oder der Bremsanlage. Doch gelang es den Ingenieuren, sich soweit an den Vorbildern der 70er Jahre zu orientieren, dass der Gesamteindruck klassisch stimmt. So setzt Ducati erstmals seit dreißig Jahren wieder Speichenräder an einer Straßenmaschine ein, für die von Pirelli und Michelin sogar Radialreifen mit zeitgemäßem Profil entwickelt wurden. Der Gesamteindruck muss eben passen, selbst wenn dies gewisse Nachteile im Alltag mit sich bringt, wie die ausladenden Rückspiegel beweisen, die enges Rangieren recht mühsam machen. Ähnliches gilt für die zwar schön lackierte, aber durch Kratzer gefährdete Doppelauspuffanlage.

Der Motor selbst versteckt sich ein wenig hinter dem filigranen Gitterrohrrahmen. Die optische Zurückhaltung sollte jedoch nicht zur Annahme verleiten, Ducati wäre auf den 61 kW/83 PS starken Desmo-Motor nicht stolz. Ganz im Gegenteil, die Italiener stellen die Talente des luftgekühlten 90-Grad-L-Twins heraus. Vor allem das Drehmoment von maximal 92 Nm macht den Reiz des 992 ccm großen Aggregats aus.

Spätestens ab 4 000 Touren beginnt der von einer elektronischen Einspritzanlage und einer Doppelzündung befeuerte Motor vehement voran zu stürmen. Beim Beschleunigen sowie beim fast rekordverdächtig geringen Verbrauch von 4,5 Litern Super je 100 Kilometer hilft auch das niedrige Leergewicht von 198 Kilogramm. In Verbindung mit dem 20 Liter großen Tank sind auf der bis zu 210 km/h schnellen Italienerin Etappen von rund 450 Kilometern möglich.

So lange wird man es auf ihr allerdings kaum aushalten, erzwingt doch die tiefe Position der Lenkerstummel eine extrem nach vorne gebeugte Sitzhaltung. Typisch für einen sportlich-straffen Café-Racer spannt sich der Oberkörper über den lang gezogenen Tank, während die Stiefel auf den recht hoch montierten Rasten ruhen. Für Fahrer mit ausgeprägtem Bierbauch ist die Sport 1000 definitiv die falsche Wahl, zumal die maximale Zuladung bei lediglich 122 Kilogramm liegt. Und auch wer zu zweit fahren möchte, wird an dieser Ducati vorbeigehen müssen: Ein Soziussitz ist ebenso wenig vorhanden wie die Möglichkeit, ein noch so kleines Gepäckstück auf dem Höcker zu verzurren. Die Sport 1000 ist eben ihrem Namen entsprechend ein Sportmotorrad. Dies schlägt sich auch in vergleichsweise hohen Versicherungsbeiträge nieder: Bei der AXA werden für die Haftpflicht pro Jahr 153 Euro fällig.

Der stabile Rahmen und das komplett einstellbare Fahrwerk machen der Sport 1000 alle Ehre, wobei vor allem lang gezogene und schnelle Kurven eine wahre Freude sind. Holprige Pisten oder enge Kehren sind hingegen kein Genuss, zumal hier der tiefe Lenker erhebliche Mühe bereitet und der Fahrer sich bei vollem Einschlag schon mal den Daumen klemmt. Die Sport 1000 ist ein wirklich kompromissloser Klassiker. Mit weich gespültem Zweiradluxus hat sie nichts zu tun. Statt dessen zelebriert sie den Sportsgeist der 70er Jahre mit modernen Mitteln und in einer erfrischend unverfälschten Art und Weise. Heiko P. Wacker/mid

Teststeno Ducati Sport 1000: luftgekühlter Zweizylinder in L-Form, zwei desmodromisch gesteuerte Ventile pro Zylinder , 992 ccm Hubraum, Leistung 61 kW/83 PS bei 8 000 U/min, max. Drehmoment 92 Nm bei 5 000 U/min, elektronische Einspritzung, 6 Gänge, Sitzhöhe 82,5 Zentimeter, Tankinhalt 20 Liter, Reifen vorn 120/70 R 17, hinten 180/55 R 17, Leergewicht 198 Kilogramm, Zuladung 122 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit 210 km/h, Verbrauch 4,5 Liter Super/100 km, Jahresbeiträge bei der AXA-Versicherung KH: 153 Euro (SF 1, Zulassung Düsseldorf, 50 Mio. Euro pauschal mit Schutzbrief), TK: 212 Euro (150 Euro Selbstbeteiligung), VK wird nicht angeboten; Preis 10 995 Euro zzgl. 250 Euro Nebenkosten. mid/wa


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