Fahrberichte

Mini Cooper S: Noch mehr Mini

14.10.2006
Beim Modellwechsel eines Mini haben es dessen Entwickler besonders schwer. Sie müssen bei der Gestaltung des Nachfolgers auf der einen Seite die Kontinuität zum erfolgreichen neuen Mini bewahren. Auf der anderen Seite sollen sie aber auch Anschluss halten an ein Auto, dass vor fünf Jahrzehnten auf der Höhe seiner Zeit war. Dabei müssen die Techniker und Designer nicht nur fast zehn Autogenerationen überspringen. Schwieriger noch ist es, gegen den Ruf des Ur-Mini anzutreten. Denn der alte Mini ist für viele ein unerfüllter Jugendtraum und für andere eine im Laufe der Zeit vergoldete Erinnerung.

Der Mini war und ist eine Ikone, aber der alte war technisch und fahrdynamisch nie so gut wie sein heutiger Ruf. Der alte war kurz, flach, sportlich und scheinbar in allen Versionen mit extrem kleinern Rädern "tiefergelegt". Vor allem aber war er unkonventionell bis revolutionär und frech. Und dessen Nachfolger? Um es kurz zu machen: Jetzt ist der neue Mini noch mehr Mini als der alte.

Das Herz des neuen Mini Cooper S ist sein Motor, für dessen Entwicklung in der Kooperation mit dem französischen Hersteller PSA die Bayern verantwortlich zeichnen. 128 kW / 175 PS holt BMW aus dem Vierzylinder mit knapp 1,6 Litern Hubraum und Commonrail-Direkteinspritzung. Beeindruckend aber ist sein Drehmoment von 240 Newtonmeter (Nm), das zwischen 1600 und 4500 Umdrehungen pro Minute (U/min) bereitsteht. Wer richtig drauftritt, bekommt noch einmal 20 Nm extra als Overboost. Das gesamte Moment steht in allen Gängen voll zur Verfügung. Der Motor wird von einem kleinen, schnelldrehenden Turbolader aufgeblasen, so dass die Kraft ohne Turbo-Gedenksekunde spontan zur Verfügung steht. So fährt sich die Mini noch agiler und noch berechenbarer.

Auch die neue elektromechanische Lenkung trägt ihr Teil zur Agilität bei. Sie reagiert sehr schnell, direkt und präzise. Außerdem dämpft sie den Einfluss des Motors auf den Frontantrieb so stark, dass die typische Untersteuerneigung eines Fronttrieblers beim Mini gering ausfällt. /Statt des befürchteten Untersteuerns bietet der Mini Cooper S kontrolliertes Übersteuern, was wiederum dem Handling entgegenkommt.

Die ESP lässt einen recht hohen Driftwinkel zu, reagiert schließlich aber sanft und holt den Cooper zuverlässig auf den rechten Weg zurück. Völlig unverständlich, dass sich Mini das ESP (bei BMW Dynamische Stabilitätskontrolle genannte, nur um nicht einen Stuttgarter Begriff zu verwenden) immer noch extra bezahlen lässt. Schon erstaunlich, dass BMW/Mini in den Unterlagen für die Presse im Kapitel Sicherheit nur von Airbags und stabiler Zelle spricht. Das Unternehmen, das für sich selbst in Anspruch nimmt, Fahrdynamik meisterhaft zu beherrschen, verzichtet darauf, seine Kunden bei der aktiven Sicherheit so zu schützen, wie es dem Stand der Technik entspricht? Das ist unverantwortlich bei einem Auto mit dem Fahrverhalten eines Go-karts.

Immerhin kann man dem Neuen bescheinige, dass er das Maß an Nervosität abgelegt, die dem bisherigen noch innewohnte. Er rollt auch bei hohen Geschwindigkeiten stabiler und souveräner, was sich auch aus seiner überarbeiteten Aerodynamik erklärt. Für den Cooper S werden als Höchstgeschwindigkeit 225 km/h angegeben. Die 100-km/h-Marke soll er schon nach 7,1 Sekunden durchbrechen. Dank des neuen Motors wirkt sich das nun nicht mehr so heftig auf die Betriebskosten aus. Sein Durchschnittsverbrauch wird mit 6,9 Litern Super angegeben, fast 20 Prozent weniger als beim Vorgänger.

Beim ersten Aufeinadertreffen fällt es schwer zu erkennen, was den neuen vom alten unterscheidet. Erst der Hinweis auf die um rund 60 Millimeter für den Fußgängerschutz angehobene Frontpartie führt einen auf die Spur, dass die Gürtellinie höher, die Fensterflächen kleiner und das Heck runder geworden sind. Aber es ist der Mini geblieben. Wer genauer hinsieht, wird sogar mehr Ähnlichkeiten mit dem Ur-Mini entdecken als beim ersten Neu-Mini.

Innen zeigt ein auf mehr Breitwirkung ausgerichtetes Armaturenbrett samt edleren Materialien den Hauch Premium-Atmosphäre, den der Mini vertragen kann. Dank des Rundinstruments in der Mitte weiß man sowieso, in welchem Auto man sitzt, zumal das jetzt auch noch größer geworden ist und so nun auch genug Fläche für das Navigations-Display lässt. Weil das Display nun nach oben gewandert ist, konnte die Mittelkonsole schmaler und der Fußraum für Fahrer und Beifahrer größer werden. Die Bedienelemente wurden ebenfalls auf Mini-rund getrimmt. Aber keine Sorge, der liebgewonnene Charakter bleibt erhalten.

Charakter hat er, dieser neue Mini. Wenn man das nun in zwei Ebenen verstellbare Lederlenkrad in der Hand hält, durch die knackige und exakt zu schaltenden Gänge wirbelt, dem kernigen Sound des Motors beim Beschleunigen lauscht, dann wird rasch klar, dass dieses Mal die Symbiose zwischen Leistung, Fahrspaß und Alltagstauglichkeit noch besser gelungen ist.

Allerdings darf man das Wort Alltagstauglichkeit nicht missverstehen. Der Mini fährt hervorragend, aber er ist auch in seiner neuen Version mit einem Kofferraum von 160 Litern sicher keine Familienkutsche, auch wenn man den Laderaum durch Umlegen der geteilten Rücksitzbank auf 680 Liter vergrößern kann. Er ist ein Zwei-Personen-Spaßmobil, in dem man für kürzere Strecken auch mal zwei weitere Personen mitnehmen kann.

Nachzutragen bleibt: Der Mini kommt am 18. November zu den Händlern, dem 100sten Geburtstag des Mini-Erfinders Sir Alec Issigonis. Man hat die Wahl zwischen dem Mini one für gut 15 000 Euro, dem Mini Cooper (ohne S) mit 88 kW / 120 PS für 17 350 Euro und dem Mini Cooper S für 21 050 Euro, jeweils plus 500 Euro für ESP. Die Aufpreisliste enthält viele Elemente, mit denen man seinen Mini individuell gestalten kann. (ar/Sm)

Von Peter Schwerdtmann


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