Mazda BT-50: Arbeitstier im feinen Gewand
23.11.2006
Pick Ups und Deutschland - das passt bisher nicht recht zusammen. Dem Image als reines Nutzfahrzeug versuchen die Hersteller zunehmend zu begegnen, indem sie ihren Arbeitstieren ein schickeres Blechkleid schneidern. Auch bei der Ausstattung regiert längst nicht mehr reiner Nutzen und nacktes Blech. Mazda ist der letzte in der Reihe von Toyota, Nissan und Mitsubishi, die einen neuen Pick Up anbieten. BT 50 heißt der Japaner, der wie seine Mitbewerber jetzt größer daher kommt. Beim Design setzen die Japaner aber eher auf Kanten und Ecken und nicht wie die Konkurrenz auf optisch "weniger Nutzfahrzeug".
Der deutsche Markt für die Pick Ups ist übersichtlich. Maximal 13 000 Fahrzeuge pro Jahr gehen an überwiegend gewerbliche Kunden. Der private Freizeitnutzer ist als Klientel in deutschen Landen noch nicht in Schwung gekommen. In anderen Regionen sieht das anders aus. In Südosteuropa, im Nahen Osten, in Australien und natürlich in den USA gehört die offene Pritsche zum Straßenbild wie bei ein Golf. Für deutsche Straßen (und Parkhäuser) ist der BT 50 fast schon zu groß: Er nimmt locker die Fünf-Meter-Hürde (5,075 Meter), ist 2090 Millimeter breit und mit 1620 Millimetern Höhe nicht eben zierlich. Wichtiger bei einem solchen Fahrzeug ist, was geht drauf und wieviel kann es ziehen. Hier bewegt sich der Mazda mit 1,53 Metern Ladelänge (Doppelkabine) und bis zu 1225 Kilogramm Zuladung über dem Klassenniveau. Der echte Lademeister wäre die Single-Kabine, die Gegenstände bis 2,28 Meter fasst (1,73 beim Freestyle), in Deutschland wird es das "Nutztier aber nicht geben. Als Allrad-Variante darf er drei Tonnen an den Haken nehmen. In Deutschland ist er als "Freestyle Cab" mit gegenläufig öffnenden Türen- und Doppelkabine (XL-Cab) erhältlich. Letztere bietet fünf Personen vernünftige Platzverhältnisse, die Freistil-Variante verfügt über Notsitze in der zweiten Reihe. Die Sitzposition ist - wie bei Fahrzeugen solcher Machart üblich - gewöhnungsbedürftig. Der hohe Boden sorgt für einen steilen Winkel im Knie, auf der Langstrecke vielleicht nicht sonderlich bequem. Die Sitze selbst sind größer und straffer als beim Vorgänger.
Das Interieur ist wie in einem Pkw gestaltet und bietet keinen Anlass zu Kritik. Kunststoffe in zweierlei Farben und Applikationen in Aluminium-Optik lassen Mazda-typische Atmosphäre aufkommen. Auch wenn hier Hartplastik regiert, ist es durchaus wohnlich. Im Allradler sind die Hinterräder zuschaltbar, eine Geländeuntersetzung macht den BT-50 zum echten Offroader. Den Antrieb besorgt ein 2,5-Liter Diesel mit 105kW/143 PS, der sein maximales Drehmoment von 330 Newtonmetern bereits ab 1800 U/min an ein manuelles Fünfgang-Getriebe überträgt. Das reicht für Tempo 158 auf der Autobahn, der Spurt auf 100 km/h dauert 12,5 Sekunden. Selbst bei höherem Tempo bleibt der Motor leise, die Windgeräusche sind als dezentes Säuseln wahrnehmbar. Je nach Ausstattung sind bis zu vier Airbags an Bord, außerdem ABS und eine elektronische Bremskraftverteilung.
Der BT-50 ist ein Pick Up alter Schule. Ein Leiterrahmen und Blattfedern hinten sind keine Garanten für die Kurvenjagd. So neigt sich der Mazda in engen Serpentinen deutlich und schiebt über die Vorderräder. Hier machen sich die fast zwei Tonnen Gewicht bemerkbar. Unbeladen schlucken die Blattfedern kurze Stöße nur befriedigend. Mit zugeschaltetem Allradantrieb wird der Pick Up in Kurven deutlich stabiler. Aber: Mazda verspricht Besserung, eine "mildere" Abstimmung ist, wie bei der Konkurrenz - in Planung.
Wie alle anderen auch setzt Mazda auf die Kategorie "Freizeit". Der moderne Mensch will das Motorrad transportieren, sein Pferd ziehen, das Boot manövrieren. Klingt merkwürdig, ist aber Leben pur. sieben Zentimeter mehr Länge sind auch die Stammdaten des Wachstums des neuen BT-50. Praktische Ablagen sind reichlich an Bord. Extras wie ein CD-Player mir sechs Lautsprechern oder iPOD-Anbindung sind möglich. Andere bieten da allerdings mehr. Varianten wie Camping-Aufbauten sind über Zulieferer erhältlich.
Kommen wir zu den Preisen: In der kleinen Version kostet der BT-50 mindestens 23 800 Euro. Klingt nicht nach einem Sonderangebot, ist aber ein Kampfpreis. Die Bedeutung der Pick Up-Gemeinschaft wird wohl wachsen, wenn wir den Strategen glauben, das ist der Grund, warum immer mehr Anbieter in dieses Nischensegment drängen. Mit kompletter Ausstattung und rundum angetrieben kostet der Pick Up auch schon 28 300 Euro. Für einen "Laster" nicht wenig. Dafür hat er jede Menge Sonderausstattung an Bord und liefert die Gewissheit mit, das man fast jedes Terrain erklimmen kann. Euro 4 ist vorhanden, aber nur für Nutzfahrzeuge. Will heißen: Genau hinschauen, bevor das Lastentier angeschafft wird. Wie gesagt, Deutschland und Pick Up ist keine glückliche Ehe. 800 Ehen pro Jahr wären schon ein großer Erfolg für Mazda. Der BT-50 legt grundsätzliche Ambitionen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis an den Tag. Wer mehr will, befrage den Kunden. (ar/sb)
Von Stephan Bähnisch