Fahrbericht Seat Toledo 2.0 TDI DSG
14.03.2005
Langweilig war gestern. Der neue Seat Toledo ist weder Limousine noch Van. Ein Grenzgänger zwischen den Welten. Unterm Blech: Hightech. Der TDI 2.0 ist mit dem Doppelschaltgetriebe DSG kombiniert.
Ohne Tarnkappe
Auf den Straßen Berlins fällt der neue Toledo auf wie ein bunter Hund. Köpfe recken sich, Passanten taxieren den Spanier mit unverblümter Neugierde. Nur was sie denken, ist schwer zu erahnen. Auf Nachfrage ist von "super-spannend" und "individuell" bis "völlig misslungen" fast jedes Urteil dabei. Kalt lässt der Toledo jedenfalls keinen.
Dickes Ende
Was polarisiert, ist das Heck. Das Designteam um Walter De Silva hängte dem Schwestermodell Altea einen Rucksack um - fertig war der Toledo. Mit 500 Litern Kofferraumvolumen. So viel hatte auch der Vorgänger zu bieten - allerdings recht bieder Verpackt. Der Nachfolger trägt ein großflächiges Stummelheck, das man in ähnlicher Form bereits beim Renault Vel Satis gesehen hat. Die Heckklappe des Toledo ist ein kühn geformtes Blech, mit einer weit in die Seitenflanke gewölbten Panorama-Heckscheibe.
Für die ganze Familie
Jenseits jeder Designdiskussion ist das Ganze praktisch. Das glattflächige Gepäckabteil lässt sich gut nutzen: Durch Umklappen der Rückbank wächst der Stauraum auf bis zu 1.440 Liter. Dabei legen sich die Lehnen über die Sitzfläche, ein völlig ebener Boden entsteht. Darunter versteckt sich ein Geheimfach, in dem Wertsachen vor neugierigen Blicken geschützt sind.
Modern und schick
Seat mag es sportlich. Das signalisieren drei Rundinstrumente, die in tiefen Höhlen kauern. Auch das Gestühl ist - anders als bei manchem Konkurrenten - weit vom Plüschsofa-Gefühl entfernt. Die Polster schmiegen sich eng an den Rücken und geben prima Halt. Über mangelnde Beinauflage oder Rückenschmerzen kann sich auch nach mehrstündigen Marathonetappen niemand beschweren. Sitzt eine kleine Person auf dem Fahrersitz, herrschen hinten fürstliche Platzverhältnisse. Doch auch bei einem lang gewachsenen Piloten lassen sich im Fond noch die Beine übereinander schlagen.
Wie im Van
Vorne kommt Großraumlimousinen-Feeling auf, die stark geneigte Frontscheibe ist den Passagieren weit entrückt. Das schafft ein luftiges Raumgefühl. Allerdings dürfte das Armaturenbrett gerne über einige zusätzliche Ablagen verfügen. Kleinkram verschwindet in Schubladen unter den Sitzen und in den großen Türfächern. Zwischen den vorderen Plätzen gibt es eine weitere Box. Trotz vergleichsweise hoher Sitzposition sind Front und Heck des Toledo vom Fahrersitz aus nicht einzusehen. Die optionale Einparkhilfe ist daher ein empfehlenswertes Extra. Darüber hinaus bietet der Toledo 2.0 TDI DSG Stylance (25.090 €) das komplette Programm: Sechs Airbags, ESP, Klimaautomatik, 16-Zoll-Alufelgen oder CD-Radio gibt es serienmäßig.
Besser schalten lassen
Mit Handschaltung lassen sich 1.400 € sparen. Empfehlen möchten wir das aber nicht. Nicht etwa, dass die Sechsgang-Box schlecht wäre. Das Doppelkupplungsgetriebe DSG stellt antriebstechnisch derzeit einfach das Nonplusultra auf dem Markt dar. Volkswagen, von der die Entwicklung stammt, kombinierte mit DSG die Vorteile einer Handschaltung mit denen einer Automatik. DSG schaltet automatisch oder durch Antippen des Wählhebels manuell. Im Fahrbetrieb gibt es keine Leistungsverluste oder Schaltrucke. Die sind nur beim Anfahren manchmal zu spüren. Einmal in Fahrt, zuckt beim Schalten nur der Drehzahlmesser. Zu spüren ist sonst nichts. Möglich wird das durch das Doppelkupplungssystem. Während sich die erste Kupplung öffnet, schließt sich zugleich die zweite. So gibt es beim Beschleunigen keine Unterbrechung der Zugkraft.
Macht Spaß
Mit DSG ist der 2.0 TDI in 9,9 Sekunden von null auf 100 km/h. Ein Wimpernschlag (0,1 Sekunden) schneller als die handgeschaltete Variante. Auf der Autobahn sind die 140 PS (103 kW) für bis zu 201 Stundenkilometer gut. Im Alltag ist das Fahrwerk des Toledo nicht aus der Ruhe zu bringen. Das gilt auch für schnell gefahrene Landstraßenkurven mit unebenem Belag. Hat man sich an die hohe Sitzposition gewöhnt, lässt sich der Spanier präzise und schnell um die Ecke zirkeln. Der kernige Motorensound beim Beschleunigen passt ganz gut zum sportlichen Charakter. Selbst böswillige Charaktere schaffen es kaum, mehr als zehn Liter zu verfeuern. Im Test schwankten die Werte zwischen 5,7 und 9,9 Liter. Der gemischte Normverbrauch ist mit 6,2 Litern angegeben. Der Vierzylinder Pumpe-Düse-Turbodiesel erfüllt die Schadstoffklasse Euro 4. Allerdings ohne Rußpartikelfilter. Der ist derzeit noch nicht lieferbar.
Fazit: Jenseits aller Geschmacksdiskussionen bietet der neue Toledo viel Nutzwert und Technik, die begeistert. Besonders, wenn DSG und TDI ein Traumpaar bilden.
planbar.de, Holger schilp