Fahrbericht Ford Focus 1.4: Es wurde nicht gespart
26.03.2005
Mit dem neuen Focus hat Ford VW und Opel den Kampf angesagt. Zu einem Einstiegspreis von 14 375 Euro steht die zweite Generation bei den Händlern. Damit liegt der Schrägheck-Kompakte um jeweils rund 900 Euro unter den deutschen Hauptwettbewerbern Golf und Astra. Dafür bekommt man die dreitürige Basisversion mit dem 59 kW/80 PS starken 1,4-Liter-Benzinmotor. Mal sehen, ob die 900 Euro bei der Qualität eingespart wurden.
Im Vergleich zum Vorgänger, der 1998 erstmals auf den Markt kam, ist die Neuauflage nur behutsam weiterentwickelt worden. Manche mögen ihn als schlichten Vertreter der Kompaktfahrzeug-Klasse empfinden. Die auffälligste Veränderung betrifft die Heckpartie, denn durch die stark abfallende Dachlinie und das nur leicht aufgestellte Heckfenster, das wie bisher üblich von den Rückleuchten eingerahmt wird, besitzt er nun coupéhafte Züge.
Ordentlich zugelegt hat der Neue bei den Abmessungen: Mit 4,34 Metern Länge übertrifft er nicht nur den Vorgänger um 17 Zentimeter. Auch die 2,64 Meter Radstand - ein Zuwachs von drei Zentimetern - kommen dem Innenraum zugute, in dem fünf Personen recht bequem Platz finden. Mit 385 Litern Kofferraumvolumen, das sich auf bis zu 1 245 Liter erweitern lässt, markiert der Focus II zudem einen Bestwert in der Fahrzeugklasse. Allerdings fällt die Ladekante recht hoch aus. Ein weiteres unangenehmes Detail sind die Griffmulden, die im Gegensatz zum Vorgänger in der schmalen Kante der Kofferraumklappe eingelassen sind. Durch die unnatürliche Hebelbewegung können die Finger schnell überdehnt werden.
Positiv fällt dagegen der Innenraum auf, der vom TÜV Rheinland das Prüfsiegel "Allergie getestet" erhalten hat. Auch überzeugend die Gestaltung der übersichtlichen Armaturentafel samt angenehmer Haptik. Hier bestätigt sich, dass der Hersteller Wert auf eine bessere Materialanmutung und Verarbeitungsqualität gelegt hat. Das macht sich auch bei den guten Sitzen bemerkbar, die auch bei großgewachsene Menschen immer noch eine gute Schenkelunterstützung bieten, ohne dass Kleingebliebene das Nachsehen haben.
Der 59 kW/80 PS starke 1,4-Liter-Benzinmotor leistet solide Arbeit und gibt sich drehfreudig. Angesicht der Leistungsdaten sind keine Rennqualitäten zu erwarten, aber den Anforderungen des heutigen Verkehrsflusses wird er sowohl in der Stadt als auch auf der Autobahn gerecht. Beim Fahrverhalten und was die Agilität angeht, setzte schon der alte Focus Maßstäbe. Daher ist Ford bei der aufwendig konstruierten Schwertlenker- Hinterachse mit Einzelradaufhängung geblieben - und das zahlt sich aus. Selten hat sich ein Kompaktwagen durch ein solch gutes Fahrverhalten ausgezeichnet wie dieser Fronttriebler. Unebenheiten im Straßenbelag gleicht er souverän aus, ist zudem nie schwammig, sondern bleibt auch bei schneller Kurvenfahrt stets angenehm straff und gutmütig. Zur sportlichen Agilität trägt auch die sehr direkt ausgelegte Lenkung bei.
Durchaus sehen lassen kann sich auch die Sicherheitsausstattung. Neben dem serienmäßigen ESP verfügt der Focus vorn über Front- und Seiten-Airbags sowie Kopf- und Schulter-Airbags vorn und hinten. Gegen einen Aufpreis von 360 Euro kann auch in der Basisversion mitlenkende Scheinwerfer geordert werden. Allerdings handelt es dabei um Halogen- und nicht um Xenonscheinwerfer. Die Erwartungen an das Kurvenlicht werden mit dem von Visteon zugelieferten Leuchten nicht erfüllen, denn bei der Fahrt macht es sich kaum bemerkbar. Erst bei lenkintensiven Aktionen wie dem Einparken schwenkt der Lichtkegel sichtbar mit.
Mit seinem Kraftstoffverbrauch von durchschnittlich acht Litern Superbenzin auf 100 Kilometern zählt der Focus nicht zu den großen Schluckern. Moderat fallen auch die Steuern mit 95 Euro pro Jahr für das Euro 4-Fahrzeug aus; ebenso die Prämie für die Haftpflichtversicherung, die beispielsweise bei der AXA-Versicherung mit jährlich 483 Euro veranschlagt wird.
Wo also spart Ford nun die 900 Euro gegenüber der Konkurrenz ein? Es kann weder beim Fahrwerk noch bei der Materialauswahl oder der Verarbeitung sein. In allen Disziplinen liegt der Focus mit den Rivalen Opel Astra und VW Golf mindestens auf gleichem Niveau und kann es auch beim Fahrwerk locker mit den Wettbewerbern aufnehmen. Auch über die Ausstattung der Basisversion gibt es kaum etwas zu meckern. So wurden die elektrischen Fensterheber nicht etwa durch Kurbeln ersetzt. Was fehlt, ist die Funkfernbedienung, die erst ab der nächst höheren Ausstattungslinie Trend zur Serienausstattung zählt. Aber sie kostet 125 Euro, nicht 900 Euro. Trotz kritischem Blick bleibt
festzustellen: Am Fahrzeug wurde nicht gespart. Silke Koppers/mid