Fahrbericht Honda Accord Tourer i-CDTI
25.04.2005
Viel Platz, flotte Fahrleistungen und ein kleiner Verbrauch - der Verkaufsprospekt des Honda Accord Tourer liest sich viel versprechend. Wir haben den japanischen Turbodiesel-Kombi zum Praxistest gebeten.
Lang gemacht
Mit 4,75 Metern Länge sich überragt der Accord Tourer Konkurrenten wie den Audi A4 Avant um gut zwanzig Zentimeter. Platz, der in vollem Umfang dem Gepäck zugute kommt. Doch auch vier Personen leiden keine Not. Sitzflächen, Kopf- und Beinfreiheit sind großzügig bemessen. Eine fünfte Person sitzt in der Mitte - wie bei allen aktuellen Autos - nicht so bequem.
Koffer-Profi
Mindestens 518 Liter verschwinden im lang gezogenen Heck, das recht amerikanisch wirkt. Absolut genial: der Klappmechanismus für die Rückbank. Mit einem einzigen Griff faltet sich die Lehne flach auf den Boden, während sich gleichzeitig die Sitzfläche hinter die Vordersitze schmiegt. Jetzt stehen bei Beladung bis zum Dach 1.657 Liter zur Verfügung. Unter einer Klappe im Kofferraumboden versteckt sich ein weiteres Fach mit 49 Litern. Dort lässt sich auch die Laderaumabdeckung verstauen. Die weit herunter gezogene Dachlinie und die abgerundete Dachvekleidung innen schränken den Nutzwert allerdings etwas ein. Zudem ist der Kunststoff, in den das Laderaumrollo zum Sichtschutz des Gepäcks eingefädelt werden muss, recht kratzempfindlich. Eine Besonderheit, die bei vielen Herstellern Aufpreis kostet, gibt es serienmäßig: die elektrische Heckklappen-Bedienung. Zehn Sekunden dauert die Prozedur, die bei Regenwetter schmutzige Finger verhindert.
Einer für alle
Kaum ein Triebwerk ist für Honda wichtiger als der 2,2-Liter Common-Rail-Turbodiesel mit 140 PS. Lange Zeit hatte der weltweit größte Motorenhersteller in der Mittelklasse keinen Selbstzünder im Angebot. Inzwischen kommt der Vierzylinder auch im SUV CR-V und dem Kompaktvan FR-V zum Einsatz. Im Accord spuckt das Aggregat keine großen Töne. Außerordentlich leise und kultiviert schiebt es den Kombi in 10,1 Sekunden auf Tempo 100. Bei 200 Stundenkilometern ist Schluss. 340 Newtonmeter Drehmoment sorgen beim Überholen auf der Landstraße für einen kraftvollen Antritt.
Kräftiger Leisetreter
Auf der Autobahn möchte man Wetten darauf abschließen, dass unter der gepfeilten Motorhaube ein Benziner seinen Dienst verrichtet. Irrtum, doch das wird nur im Stadtverkehr deutlich. Kurz nach dem Kaltstart ist noch ein wenig selbstzündertypisches Diesel-Gemurmel zu vernehmen. Besonders im Vergleich zum brummigen TDI aus Wolfsburg und Ingolstadt wird deutlich, wie flüsterleise der i-CDTI wirklich ist. Für ausgeprägte Sparwunder fehlt dem Japaner aber ein sechster Gang. 5,8 Liter Durchschnittsverbrauch, wie sie Honda verspricht, waren auch bei ruhigen 140 km/h auf der Autobahn nicht realistisch. Im Schnitt kamen wir auf sieben bis neun Liter. Nicht schlecht für einen geräumigen Kombi mit 140 PS, aber auch nicht rekordverdächtig.
In der Spur bleiben
Unterwegs meistert der Accord Tourer auch tollkühne Fahrmanöver mit asiatischer Gelassenheit. Und wenn die automatische Stabilitätskontrolle VSC dann doch einmal eingreift, geschieht das recht sanft. In kritischen Situationen sorgen der Bremsassistent sowie sechs Airbags für bestmöglichen Schutz. Das Fahrwerk bietet trotz komfortabler Auslegung guten Fahrbahnkontakt, wozu auch die präzise Servolenkung ihren Beitrag leistet. Nur auf kurzen Querfugen stößt die Abstimmung der Vorderachse mit polternden Stößen gelegentlich an ihre Grenze.
Kultiviert reisen
Komfort vermittelt auch die Innenausstattung, selbst wenn sich unser Testwagen mit dem Zusatz "Sport" schmückt. Erkennbar wird das höchstens am Carbon-Dekor der Mittelkonsole. Im Dreispeichen-Lederlenkrad sind Bedientasten für das Radio und die Geschwindigkeitsregelanlage integriert. Zudem gefällt es mit einem großen Verstellbereich in der Länge und Höhe. Griffgünstig platziert: der Touchscreen-Monitor des optionalen DVD-Navigationssystems. Im Test gefiel es mit einer übersichtlichen Split-Screen-Grafik, die bei Abzweigungen neben der Karte eine Pfeildarstellung anbietet. Vermisst wurde jedoch eine Taste, mit der sich die TMC-Staumeldungen gezielt abrufen lassen. Zur entspannten Langstreckenetappe tragen neben dem geringen Geräuschniveau auch die großzügig geschnittenen Sitze bei, die beim Tourer Sport mit weichem Stoff und Leder-Seitenwangen bezogen sind. Preis für das kultivierte Fahrvergnügen: ab 27.760 €.
Fazit: Der Accord Tourer wird seinem Namen voll gerecht. Er reizt nicht zum Rasen, auch wenn er dazu in der Lage wäre. Wenn der Turbodieselmotor in Zukunft nicht nur die Schadstoffnorm Euro 4 erfüllt, sondern auch über einen Rußpartikelfilter verfügt, kommt zur Fahrfreude auch noch ein reines Umweltgewissen.
planbar.de, Holger Schilp