Fahrberichte

Kia Sportage 2.7 V6 - Der All-inklusive Offroader

01.07.2005
Allradantrieb, Sechszylindermotor, Automatikgetriebe und Lederausstattung - alles serienmäßig. Und dabei kostet das Topmodell des Kia Sportage nicht die Welt. Der Koreaner steht für 29.355 Euro beim Händler.

Der Krise davongefahren

In drei Jahren verdoppelte Kia seinen Marktanteil in Deutschland. 2004 waren es 34.103 Fahrzeuge (1,04 Prozent). Damit wurde statistisch gesehen alle fünf Minuten ein Kaufvertrag unterschrieben. Und der Trend zeigt weiter steil nach oben. Die Koreaner kalkulieren hierzulande mit Zuwachsraten von rund einem Drittel pro Jahr. Im ersten Quartal 2005 liegt das Unternehmen mit nahezu 50 Prozent Plus sogar deutlich über Plan. Zusammen mit der Konzernmutter Hyundai möchte man bis 2010 im Automobilbau weltweit die Nummer fünf sein.

Zwischen den Welten

Woher kommt dieser Erfolg? Preisgünstige Autos baute Kia schon immer. Inzwischen werden die Fahrzeuge aber immer besser. Spätestens seit das schicke SUV Sorento die Premiummarken im Offroad-Segment ärgert, ist klar: Kia meint es ernst. Angesichts des Booms im Segment der SUV spielt der Sportage, der kleine Bruder des Sorento, bei der geplanten Expansion eine zentrale Rolle. Mit 4,35 m Länge, 1,73 m Höhe und Preisen ab 18.150 € zielt er auch auf Kunden im Golf-Segment und bei den Kompaktvans.

Abenteuer Großstadt

Bei der Front konnten die Designer von nicht von der asiatischen Verspieltheit lassen. Große Scheinwerfer und die hohe Nase verleihen dem Sportage etwas Kindliches. Stramm und kräftig steht dagegen das Heck in der Landschaft. Beim Sportage 2.7 V6 ragen unter dem Stoßfänger zwei mächtige eckige Auspuffrohre ins Freie. Türen und Kotflügel sind mit zusätzlichen Kunststoffplanken vor Beschädigungen geschützt. Auf dem engen Parkplatz vor dem Supermarkt ist das beruhigend, als Schutz vor den Widrigkeiten der Natur sind die lackierten Anbauteile nicht gedacht. Der Sportage ist nämlich auf der Straße zuhause. Das zeigt sich auch an der Sicherheitsausstattung, die sich mit ESP, Front- Seiten und Windowairbags an der Limousinenwelt orientiert.

Durch dick und dünn

Für extremes Offroadfahren fehlen eine Geländeuntersetzung und Differenzialsperren. Schlammige Feldwege oder nasse Wiesen sind für den Allradler jedoch kein Hindernis. Normalerweise werden nur die Vorderräder mit Leistung versorgt. Kommt es dicke, schaltet sich die Hinterachse variabel zu. Dieses Prinzip hilft durch die reduzierte Reibung im Antriebsstrang Kraftstoff zu sparen. Theoretisch jedenfalls. In der Praxis ist es nicht nachvollziehbar, wie der Normverbrauch für das Datenblatt (10,0 Liter) zustande kam. Bei einer eher ruhigen Ausfahrt durch das Neckartal und einem kurzen Autobahnstück pendelte sich der Bordcomputer bei deutlich über zwölf Litern ein. Immerhin darf es das etwas günstigere Normalbenzin sein. In den USA, wichtigster Exportmarkt für Kia, mag das noch akzeptabel sein. Bei unseren hohen Kraftstoffpreisen - autsch - tut das weh.

Schlappe Nummer

In der Praxis geht wohl einiges an Leistung, und damit an Energie, in der betagten Viergangautomatik unter. Es gibt zwar kaum Schaltrucke - aber auch nur wenig Beschleunigung. Speziell auf der Autobahn oder beim Zwischenspurt auf der Landstraße ist von den 175 PS (129 kW) und 241 Newtonmetern Drehmoment, die der 2,7-Liter-V6 auf die Kurbelwelle schaufelt, kaum etwas zu spüren. Nur der Antritt auf den ersten Metern an der Ampel kann überzeugen. Fast schon bissig greift das SUV an. Dennoch dauert der Sprint von null auf 100 km/h 10,5 Sekunden. Das kann das Basismodell mit Frontantrieb, Handschaltung und 141 PS (104 kW) sogar noch einen Tick besser. Allerdings ohne die Passagiere mit dem engagierten Fauchen eines V6 zu verwöhnen. Wer es mag, kann das serienmäßige und ausschließlich lieferbare Automatikgetriebe des V6 auch über eine spezielle Schaltgasse sequentiell per Hand schalten. Dann macht die Kombination aber noch weniger Sinn.

Zum Wohlfühlen

Innen liefert der Sportage ein stimmiges Bild. Dunkle Kunststoffe harmonieren mit der schwarzen Lederausstattung. Und etwas Chrom bringt Glanz in die Hütte. Die Verkleidungen in Aluminiumoptik an den Türen und der Mittelkonsole genügen Schickimicki-Ansprüchen. Sie sind zwar aus silbern lackiertem Plastik, doch das sieht man erst auf den zweten Blick. Und die Verarbeitung hinterlässt auch auf Kopfsteinpflaster-Rüttelpisten einen soliden Eindruck. Harte Schläge werden von der Vorderachse sanft absorbiert. Doch die Einzelradaufhängung im Heck tritt gelegentlich herzhaft zu. Dafür verwöhnt der Sportage seine Passagiere mit großzügigen Platzverhältnissen. Beinfreiheit gibt es auch in der zweiten Reihe reichlich. Einzig der Gepäckraum unter dem Laderaumrollo ist mit 332 Litern recht knapp bemessen. Das ändert sich, wenn die Rückenlehne im Fond mit wenigen Handgriffen umgeklappt wird. Auf der topfebenen Ladefläche, die dann entsteht, lassen sich bis zu 1.411 Liter verstauen. Mancher Mittelklassekombi hat da weniger zu bieten.

Fazit: Solide, geräumig und gut ausgestattet. Und als EX mit Leder und viel Chrom dazu recht schick. So wird der vergleichsweise günstige Kia Sportage sicher viele Freunde gewinnen. Doch die wenigsten werden sich wohl für den durstigen und recht schlappen V6-Motor entscheiden.

planbar.de, Holger Schilp


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