Toyota setzt voll auf die Brennstoffzelle
21.02.2014
Wenn der größte Automobilhersteller über Strategien für die Mobilität sprechen will, hört man besser zu. Toyota hatte nach Hamburg für ein Technik-Seminar eingeladen und als Referenten Katsuhiko Hirose, den Chef-Projektmanager der Toyota Motor Corporation mitgebracht. Der begleitete seit nun 17 Jahren die Entwicklung des Hybrid-Fahrzeugs Toyota Prius und steht jetzt für die Wasserstoff-Technologie bei den Japanern ein.
Auch Toyota sieht für die Zukunft eine Reihe von Entwicklungen, die von den Automobilherstellern parallel verfolgt werden müssen. Das beginnt mit der Optimierung der klassischen Otto- und Diesel-Motoren. Rund 50 Prozent Verbesserungen des Verbrauchs und damit der Emission sind bei denen noch möglich. Und als Alternativen für die fossilen Brennstoffe stehen Erdgas, synthetische Kraftstoffe aus Kohle, Bio-Kraftstoffe aus Pflanzen, Strom und Wasserstoff zur Entwicklung an.
Hirose sieht dabei den Wasserstoff als die beste Alternative. Der sei überall und umweltfreundlich herzustellen, senke damit auch die Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland und hinterließe ausschließlich Wassersdampf als Ergebnis seiner Verbrennung. Als Beispiel für die Wasserstoffgewinnung nannte der Chefingenieur auch Verfahren, wie sie in Deutschland schon arbeiten. Dabei wird Strom von Windkraftanlagen, wenn er nicht in die Netze fließt, benutzt, um per Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten.
Der Wasserstoff selbst kann als Kraftstoff dienen oder nach der Reaktion mit Kohlendioxid als Methan (Erdgas) in das vorhandene Erdgassystem eingespeist werden. Auf diesem Weg werden Erdgas und Wasserstoff zum Energiespeicher für die überschüssige Energie aus den erneuerbaren Energiequellen Wind, Wasser und Licht.
Nicht nur Toyota, das für Japan mit „HyGrid“ ein Modell der Vernetzung von Wasserstoff- und Stromnetzen diskutiert, sieht den Wasserstoff als den Kraftstoff der Zukunft. Aber das Unternehmen setzt voll auf die Brennstoffzelle, in der die Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie umgewandelt wird. Nach der Überzeugung der Japaner wird das Brennstoffzellen-Auto zum Nachfolger der Generationen an Hybridfahrzeugen mit ihrer Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor.
Hirose bekannte sich zur Maxime der Mobilitätsstrategie von Toyota, nicht nur das zu tun, was möglich ist, sondern das, was richtig ist. Die Hybridfahrzeuge nannte er als Beispiel für die Anwendung dieser Regel. Der Toyota Prius diente ihm aber auch als Hinweis auf die Lebenserfahrungen von Entwicklern und Marketingexperten: Was immer die Gesellschaft für gut und richtig befinde, akzeptiert der Käufer noch lange nicht. So gab es in den ersten der inzwischen 17 Jahre Prius-Produktion kaum Verkaufserfolge. Erst zehn Jahre nach der Markteinführung konnte Toyota die erste Million verkaufter Hybrid-Fahrzeuge melden. Inzwischen wächst der Absatz Jahr für Jahr auf insgesamt sechs Millionen Stück im vergangenen Jahr.
Eine ähnliche Anlaufphase erwartet Hirose auch für das Brennstoffzellen-Fahrzeug. „Man muss lange warten, um den Erfolg zu erleben“, sagt er und begründet seine Vorliebe für die Brennstoffzelle augenzwinkernd mit einem Seitenhieb auf gerade die deutschen Wettbewerber: „Ich mag den Geruch und die Vibrationen beim Diesel nicht.“ Damit drückt er die emotionale Abneigung gegen die Dieseltechnologie, wie wir sie aus Japan und den USA kennen, aus und erklärt das starke Engagement von Toyota erst für das Hybrid- und nun für das Brennstoffzellen-Fahrzeug. Beiden wichtigen Märkten und noch vielen anderen, die nicht über eine Diesel-Infrastruktur verfügen, kommen beide Diesel-Alternativen gerade recht.
Hirose meint, das Brennstoffzellen-Auto für einen akzeptablen Preis anbieten zu können. 2015 soll eine Serienversion einer viersitzigen Limousine mit Brennstoffzellenabtrieb auf den Markt kommen. Sie basiert auf der Studie, die Toyota im vergangenen Jahr auf der Tokyo Motor Show vorgestellt hatte. Mit einer Länge von knapp 4,90 Metern und einer Höhe von mehr als 1,50 Meter verspricht sie das Raumangebot einer Reiselimousine der oberen Mittelklasse. Mit höherwertiger Ausstattung soll ein solches Auto in speziellem Wasserstoff-Design und guter Ausstattung rund 80 000 Euro kosten.
In Hamburg konnte man jetzt an einer in der Hafencity frisch eröffneten Wasserstoff-Tankstelle einen getarnten Toyota-Prototyp betrachten, dessen Karosserie nichts mit dem endgültigen Außendesign gemein hat, aber schon die neue Technik unter dem Blech verbirgt. Das erste Brennstoffzellen-Mobil von Toyota wird mit zwei Gastanks auskommen, in die Wasserstoff mit 700 bar hineingepresst wird. Der Tankvorgang soll nicht länger als drei Minuten dauern.
Die Brennstoffzelle wird mehr als 100 kW / 136 PS leisten. Das gesamte Fahrzeug wird (well-to-wheel) einen Gesamtwirkungsgrad von 44 Prozent erreichen, mehr als doppelt so viel wie ein Fahrzeug mit Ottomotor (20 Prozent). Die Batterie hat für die Serie auch noch einmal einen großen Entwicklungsschritt geschafft. Die Leistungsdichte nahm um 50 Prozent auf 3 kW pro Liter zu. Auch beim Stromspeicher wuchs der Wirkungsgrad. Das System soll auch noch bei minus 30 Grad Außentemperatur anspringen.
Der Autohersteller kündigt an, der erste Wasserstoff-Toyota werde eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern erreichen. Seine Markteinführung soll zunächst in Japan und dann auch in Nordamerika und Europa beginnen. Dann werden wir sehen, wie es mit den technischen Leistungen in der Praxis aussieht und auch, wie sich die Preise für die Brennstoffzelle entwickeln. Die kürzlich in den USA publizierte zukünftige Größenordnung von 30 US-Dollar (ca. 22 Euro) pro kW Leistungsabgabe nannte Hirose ein sehr gutes Ziel, das nicht einmal ein Traum bleiben müsse. (ampnet/Sm)