Formel 1: Silberstreif über Fernost
16.04.2010
Auch wenn das Freitagstraining in der Formel 1 oft nur vergleichsweise geringen Aussagewert hat, das sich das Kräfteverhältnis erst am Samstag im Qualifying zeigt, wenn alle ihre Karten aufdecken müssen, bleibt es interessant zu beobachten, wer sich wie zu positionieren weiß. Im Falle des GP von China in Shanghai dominiert Silber vor Rot am Freitag.
Die Plätze eins bis vier haben sich die britischen und deutschen Silberpfeile geteilt, Michael Schumacher ist mit seinem Mercedes allerdings wiederum von seinem Teamkollegen Nico Rosberg geschlagen worden. Ganz vorn allerdings hat sich Lewis Hamilton etablieren können. Erst auf den Rängen fünf und sechs folgen die Red Bull-Boliden, Ferrari ist noch weiter hinten abgeblieben.
Wird der Formel 1-Auftritt in China also eine Silberpfeil-Party? Zumindest im Hause Mercedes, wo man sich bislang noch nicht sonderlich mit Ruhm bekleckern konnte, wird es für einen starken Auftritt Zeit. Ferrari, McLaren und Red Bull haben gewonnen, zum Teil im Doppelpack. Mercedes fährt noch hinterher. Das könnte sich vielleicht in China ändern.
Mercedes beflügelt in Shanghai
Nach dem Training übten sich die Fahrer Nico Rosberg und Michael Schumacher, sowie Teamchef Ross Brawn und Norbert Haug in Tiefstapelei: Man habe einen guten Freitag erwischt, sei zuversichtlich, erwarte aber nicht, dass sich an den bisherigen Kräfteverhältnissen etwas ändern werde.
Klar scheint immerhin, dass Mercedes ein Fortschritt gelungen ist. Im Freien Training am Freitag konnte das bislang eher glücklos agierende Team einen zweiten und vierten Platz erringen und erfolgreich neue Teile verwenden. Besondere Aufmerksamkeit hat der neue Heckflügel an den Mercedes-Autos auf sich gezogen.
So ausgerüstet hat man gegenüber dem bisherigen Pole-Position-Abonnenten, Sebastian Vettel, einen leichten Vorsprung herausfahren können. Was dieser wirklich wert ist, wird sich natürlich im Qualifying erst zeigen – vorauseilend übt man sich im Hause Mercedes in Understatement. Es könnte ja sein, dass man trotz der Fortschritte noch nicht auf Schlagweite an Red Bull herangekommen ist.
McLaren: Hoffnungen auf zweiten Sieg
Einen GP-Sieg hat McLaren-Mercedes in der laufenden Formel 1-Saison bereits errungen, für den vierten Formel 1-Laut in Shanghai hofft man auf den zweiten Streich. Am Freitag ließ sich das Unternehmen ganz gut an, Lewis Hamilton ist auf dem ersten, Jenson Butten, der amtierende Formel 1-Weltmeister, auf dem dritten Platz gelandet.
McLaren wird vom so genannten F-Schacht-System in Schwung gehalten, der den Boliden den nötigen Schwung für die Geraden verleiht, von denen Shanghai gleich zwei im Formel 1-Programm hat. So konnten Button und Hamilton den eigentlich schnellen Sebastian Vettel hinter sich halten.
Lewis Hamilton, der in der laufenden Formel 1-Saison noch keinen Sieg errungen hat, sieht für die McLaren-Fahrer eine kleine Siegchance. Auch im vorigen Rennen war man schnell unterwegs, dummerweise nach verpatztem Qualifying von ganz hinten startend. Das hat letztlich nicht geholfen, um den Sieg zu fahren. In Shanghai soll das anders sein.
Red Bull hat Favoritenrolle
Mit dem ersten Doppel-Sieg in der Formel 1-Saison hat sich die gefühlte Dominanz des Red Bull Teams endlich auch in Zählbarem niedergeschlagen. Sebastian Vettel ist auf den dritten Rang im Fahrerklassement gesprungen, schmale zwei Zähler hinter dem Führenden Felipe Massa. Und Mark Webber ist mit 24 Zählern immer noch in Schlagweite, den 15 Punkte Rückstand sind angesichts der Inflatione unter den WM-Punkten nicht viel.
Wegen der drei aufeinanderfolgenden Pole-Positions gilt Red Bull als derzeitiger Favorit, woran sich auch durch das Freitagstraining in Shanghai nichts grundlegend verändert hat. Denn auch in den vorangegangenen Formel 1-Rennen hat sich Red Bull am Freitag in vornehmer Zurückhaltung geübt. So auch in Shanghai, wo Vettel und Webber wohl erst am Samstag alles herausholen werden.
Doch hat man gegenüber Mercedes Respekt. Einmal wegen der bekanntlich starken Motoren, die denen der anderen als überlegen gelten. Zum anderen besonders bei McLaren, aber auch jüngst bei Mercedes, durch den speziellen F-Schacht, ein System, das laut Webber keine Nachteile, sondern nur Vorteile für den Renner bringt. Trotzdem ist mit Red Bull weiterhin zu rechnen, auch beim GP in China.
Ferrari zuversichtlich trotz Motorpanne
Ganz vorn steht derzeit Felipe Massa, obwohl der Brasilianer noch kein Rennen in der laufende Formel 1-Saison 2010 gewonnen hat. Massa von Ferrari ist damit der Kreise drehende Beweis dafür, dass Siege nicht entscheidend sind, um ganz vorn zu stehen – bislang jedenfalls.
Darauf wird man sich bei Ferrari nicht verlassen wollen, Alonsos Triumph soll nicht der einzige in der laufenden Saison bleiben. Der Auftritt in China lässt sich allerdings optisch nicht gut an, denn Alonso und Massa sind nicht unter den ersten acht Rängen, sondern etwas weiter hinten gelandet. Die Konkurrenz meint, das läge wohl am volleren Tank, mit dessen Füllhöhe sich ja so gut spielen lässt.
Weniger erfreulich ist allerdings der Motorschaden am Ferrari gewesen. Das soll laut Ferrari keine gravierenden Auswirkungen auf den Plan für die Motoreneinsätze haben, denn der Motor war bereits nach dem Qualifying in Bahrain getauscht worden. Die Panne hat Zeit gekostet – was angesichts des Tests für neue Teile nicht so positiv gewesen ist. Die Zeiten, die Alonso und Massa gefahren sind, erweisen sich als solche ohne sonderliche Aussagekraft, mit Ferrari ist in China in jedem Fall zu rechnen.
Das Beste vom Rest: Force India, Toro Rosso, Renault
Zwischen Ferrari und die anderen Top-Teams haben sich am Freitag drei Autos geschlichen: Adrian Sutil im Force India, Jaime Alguersuari im Toro Rosso und Robert Kubica im Renault. Renault und Force India haben in der laufenden Saison schon ordentlich punkten können, Robert Kubica liegt in der Wertung gar vor Mark Webber.
Daher ist das nicht sonderlich überraschend, die Frage ist, ob und wann sich vielleicht einmal ein Team als stark genug erweisen wird, um mit den großen Vier in dieser Saison mithalten zu können. Renault hat mit Robert Kubica einen starken Fahrer, der Russe Vitaly Petrow ist bislang dreimal ausgefallen, was ein Handicap ist.
Bei Force India hat Pech Adrian Sutil bislang daran gehindert, noch mehr Punkte einzuheimsen. Doch klar ist, dass der Rennstall Force India einen wichtigen Schritt nach vorn geschafft hat, um dem Fernziel, einem Platz unter den Top-Teams, näherzukommen. Toro Rosso, das Ex-Team von Sebastian Vettel, hat immerhin schon zwei Punkte errungen, mehr als Sauber und die Neulinge im Formel 1-Feld.
Neulinge drehen viele Runden
Die drei neuen Formel 1-Teams, Lotus, HRT und Virgin, scheinen nach und nach in der Formel 1 anzukommen. In China haben alle drei Teams fleißig Runden absolviert und somit gezeigt, dass allen dreien ein halbwegs brauchbares Auto zur Verfügung steht. Angesichts des doch deutlichen Abstands nach vorn, auch zum schlecht platzierten Niko Hülkenberg von Williams, ist man aber von Konkurrenzfähigkeit weit entfernt.