Motorsport

Formel 1: Kampfansagen vor Istanbul

27.05.2010
Mit den beiden Rennen in Spanien und Monaco ist die Formel 1 in der laufenden Saison in Europa angekommen. Nach sechs von 19 Rennen ist zwar noch alles drin, von einer Vorentscheidung zu reden wäre fahrlässig, doch lässt sich eine gewisse Tendenz nicht verleugnen: Sechs von sechs möglichen Pole-Positonen gingen an Red Bull, die daraus immerhin drei Rennen siegreich beenden konnten.

Die Dominanz von Red Bull ist derzeit das beherrschende Thema, das noch viel größer wäre, wenn nicht die Zuverlässigkeit zumindest Sebastian Vettel in der noch kurzen Formel 1-Saison wie eine bissige Hexe im Nacken gesessen hätte. Das hat viele Punkte gekostet, im Grunde auch zwei sichere Siege in den ersten beiden Rennen. Trotzdem ist Vettel direkt mit Teamkollege Mark Webber vorn.

So lesen sich die Kommentare in der etwas längeren Pause zwischen dem Monaco-Auftritt und dem Formel 1-Rennen in der Türkei denn auch wie Kampfansagen mit angezogener Handbremse: Die Konkurrenz rätselt noch über die Schnelligkeit des Red Bull Boliden, will aber mit allen Mitteln aufholen und alles tun, nur nicht das Handtuch werfen. Ferrari und McLaren wollen auch in der Türkei attackieren, Mercedes klingt etwas zurückhaltender.

Auch abseits der Rennstrecken geht es weiter: Die Formel 1 kehrt wohl alsbald in die USA zurück und wird dort nach mehrjähriger Pause wieder ein Rennen bestreiten. Ort des Geschehen ist das in Texas gelegene Austin und die Amerikaner wollen der Formel 1 das richtige Umfeld geben. Wohl auch mit dem Blick auf mögliche landeseigene Teams, wo doch mit USF1 der erste Anlauf mit einigem Gedröhn im finanziellen Reifenstapel endete.

Red Bull: Selbstbewusst ins Rennen

Im Hause Red Bull ist alles in bester Ordnung. Mark Webber führt vor dem Teamkollegen Sebastian Vettel die Fahrerwertung an, das Team liegt in der Konstrukteurswertung vorn. Und das Auto ist schnell. Schneller als die Autos der anderen. Bald soll es noch einen F-Schacht bekommen, in Instanbul will das Team mit der genialen Konstruktion des McLaren-Boliden experimentieren.

Wenn der F-Schacht funktionieren sollte, könnte der Red Bull noch mehr an Dominanz zeigen. Doch das ist zunächst nur eine Möglichkeit, schließlich gelten die Autos des Design-Gurus Newey als grenzwertig. Hier ein neues System zu integrieren und die Balance zu halten, ist nicht einfach. Und die Performance nützt wenig, wenn die Stabilität wankt.

Also stapelt man etwas tief, Monaco-Sieger Webber verweist auf Barcelona, wo sich Lewis Hamilton lange als durchaus ernstzunehmender Verfolger erwiesen habe. Von Strecke zu Strecke würden die Karten neu gemischt, lautet die Devise. Immerhin: Red Bull hat beiden Piloten das Vertrauen ausgesprochen, statt Kimi Räikkönen, wie spekuliert wurde, soll Webber gehalten werden. Wen wundert es nach zwei Siegen in Folge?

Sebastian Vettel darf in Instanbul mit einem neuen Chassis an den Start gehen, das alte hatte offentsichtlich Probleme bereitet. Auch wird der Red Bull mit neuen Teilen ausgestattet, was den ohnehin schnellen Boliden noch einmal Beine machen soll. Interessanter aber wird sein, ob und wie sich Vettels fahrbarer Untersatz hinsichtlich der Zuverlässigkeit schlägt.

McLaren: Respekt, aber keine weiße Flagge

Mit einigem Respekt wird die Leistung und vor allem die Leistungsfähigkeit von Red Bull im Lager des Weltmeister-Duos von McLaren-Mercedes gesehen: Jenson Button, der amtierende, sowie Lewis Hamilton, der ehemalige Weltmeister der Formel 1 sehen die Lage realistisch: Red Bull hat die viel gesagten Flügel umgeschnallt und war in den zurückliegenden Rennen überlegen.

Doch man will sich wieder an die enteilten Red Bulls herankämpfen. In Instanbul sollen ein neuer Heckflügel und auch ein leicht verbesserter Frontflügel helfen, den Abstand der McLaren-Boliden nach vorn zu verringern. Das ist jedenfalls die Hoffnung, die Button und Hamilton mit Blick auf das nächste Formel 1-Rennen hegen.

Außerdem ist man im Lager von McLaren natürlich gespannt, wie Red Bull mit dem F-Schacht klarkommen wird. Die eigenen Zielvorgaben sind bei Button und Hamilton leicht unterschiedlich: Button will in der Qualifikation mehr bringen, Hamilton hält sich bereit, den Durchbruch zu schaffen. Er hat noch kein Rennen gewonnen, hat allerdings schon ordentlich Pech gehabt.

Ferrari träumt vom Sieg

Ein Sieg zum Jubiläum wäre etwa feines und ein solches Jubiläum steht bei Ferrari an: Beim 800. Rennjubiläum von Ferrari wäre ein Sieg natürlich ein schönes Präsent. Doch angesichts der starken Red Bull Konkurrenz dürfte das alles andere als einfach sein. Immerhin hat Ferrari und insbesondere Felipe Massa an Istanbul gute Erinnerungen, denn hier hat er seinen ersten Grand Prix Sieg in der Formel 1 errungen.

In Istanbul wird Ferrari erneut mit einem F-Schacht antreten und zwar mit einer modifizierten Version. Diese technische Neuerung soll die Handhabung durch die Fahrer vereinfachen. In Monaco hatte man auf den F-Schacht verzichtet. Das allein wird allerdings nicht reichen, um an Red Bull heranzukommen.

Unterdessen beginnen wieder die Personalspekulationen im Formel 1-Zirkus. Während Fernando Alonso wohl außer Frage steht, dreht es sich um Felipe Massa. Hier glauben zahlreiche Beobachter, dass dessen Vertrag mit Ferrari nicht verlängert wird, was der Manager von Massa ganz anders sieht. Stark gehandelter Konkurrent: Robert Kubica von Renault.

Mercedes hofft auf den Sprung nach vorn

Ausgestattet mit neuen Bauteilen und einiger Zurückhaltung reist Mercedes nach Instanbul. Michael Schumacher und Nico Rosberg sind derzeit die schlechtesten der acht als Titel-Kandidaten vor der Saison gehandelten Fahrer, sie belegen Rang acht mit 56 und Rang neun mit schmalen 22 Punkten. Vor allem Michael Schumacher wirkt abgeschlagen, Rosberg hat die letzten beiden Rennen deutlich an Boden verloren.

Kein Wunder also, dass man im Hause Mercedes kleine Brötchen backt. Man werde gewinnen, allerdings gilt das eher der mittleren bis weiteren Zukunft. Für Istanbul hofft man auf die Neuerungen, der Radstand wird erneut verlängert, ein neuer F-Schacht kommt zum Einsatz und die Aerodynamik ist aufgefrischt worden.

Allerdings hat man im Hause Mercedes gleich auch darauf verwiesen, dass es noch Rückschläge geben kann. Immerhin hat man bei Mercedes weiterhin die aktuelle Saison im Fokus, auf die kommende Formel 1-Saion will man sich sich fokussieren, sondern auch 2010 schon Rennen gewinnen.

Renault: Kubica hoch gehandelt

Nicht zuletzt die aktuellen Gerüchte um Robert Kubica zeigen, wie stark sich der Pole in der aktuellen Formel 1-Saison schlägt. Rang sechs mit 59 Punkten. Damit ist er der einzige Fahrer, der nicht vor der Saison als Mitfavorit galt und trotzdem oben mitfährt. Die Nummer zwei im Team, Vitaly Petrov, hat bislang nur einmal durchblicken lassen, dass auch er Punkte sammeln kann.

Kubica scheint aber bei Renault durchaus bleiben zu wollen, jedenfalls hat er noch einmal deutlich unterstrichen, dass seine Entscheidung für Renault und gegen Sauber durchaus Hand und Fuß hatte. Angesichts des Erfolges kann Kubica gelassen durch die aktuelle Saison fahren und sich auf die nächste freuen.

Force India: F-Schacht soll Auftrieb geben

Für den indischen Formel 1-Rennstall Force India läuft die aktuell Saison nicht schlecht. Vitantonio Liuzzi und Adrian Sutil sammeln regelmäßig Punkte, Sutil mittlerweile zwanzig, Liuzzi zehn. Teamintern hat Sutil damit die Nase derzeit vorn, das Team an sich ist mit dem sechsten Platz gut bedient, denn nach hinten ist ordentlich Platz zu Williams, Toro Rosso und den enttäuschenden Sauber-Flitzern.

In Istanbul soll erstmals in der aktuellen Saison ein F-Schacht zum Einsatz kommen und den Force India-Boliden mehr Dampf geben. Am Freitag wird sich zeigen, ob die Hoffnungen berechtigt sind und das System tatsächlich funktioniert. Das Auto gilt spätestens seit Monaco ohnehin als wesentlich konkurrenzfähiger als im Vorjahr. Q3 soll jetzt die Regel sein, WM-Punkte ebenfalls.













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