Formel 1: Wenn zwei (Bullen-Hitzköpfe) streiten...
31.05.2010
… freut sich McLaren über einen Doppelsieg. So lässt sich das Renngeschehen im siebten Formel 1-Rennen der aktuellen Saison zusammenfassen. Red Bull hatte einen Doppelsieg vor Augen, unter dem Strich blieben schmale 15 Punkte. Schlimmer noch: Der Haussegen im Red Bull-Rennstall ist in Gefahr. Das könnte am Ende entscheidend sein beim Kampf um die Formel 1-Krone, mehr noch denn die Stärke der Konkurrenz.
McLaren hatte einen guten Tag und konnte mit einem Doppelsieg absahnen. Lewis Hamilton hat sich als vierter Fahrer nach Jenson Button, Mark Webber und Sebastian Vettel ins Buch der Sieger dieser Formel 1-Saison eingetragen und endlich das Pech abgestreift, das er zuletzt zu ertragen hatte.
Schließlich ist auch Michael Schumacher wieder vorn mitgefahren. Die Formkurve beim Comeback zeigt nach oben, auch wenn es noch nicht für einen Podiumsplatz gereicht hat, konnte Schumacher wieder Punkte sammeln und Rosberg auf Distanz halten. Und erneut ist Robert Kubica in seinem Renault unter die Favoriten gefahren und hat dort reüssieren können.
Red Bull am Scheideweg
Die entscheidende Szene des Rennens hat für viel Diskussionsstoff im engeren und größeren Umfeld der Formel 1 gesorgt. Wer war Schuld an der Kollision, die Sebastian Vettel aus dem Rennen geworfen und Mark Webber auf Rang drei zurückgeworfen hat? Hier gehen die Meinungen auseinander, viele andere Fahrer sehen Vettel als Schuldigen, einige Experten sehen die Schuld in gleichen Teilen bei Webber und Vettel, während aus dem Red Bull-Rennstall interessanterweise eher Mark Webber als Verursacher hingestellt wird.
Doch lässt sich aus den vielen Äußerungen über den Vorfall eines klar ablesen: Das Team als Ganzes hat verloren. Es handelt sich um einen komplexen Vorgang, der nicht allein den Unfall betrifft. Webber wollte seinen Sieg nicht einfach hergeben und hat seinen Teamkollegen wenig Platz gelassen, Vettel zu früh herumgezogen, das Team offensichlich nicht korrekt mit der Situation umgehen zu lassen.
Jetzt liegt das Kind im Brunnen und Red Bull hat die Aufgabe, das Team wieder zusammenzuflicken. Wie ein Krieg zwischen den Fahrern enden kann, lässt sich wunderbar am McLaren-Mercedes-Debakel ablesen, als Fernando Alonso und Lewis Hamilton am Ende in die Röhre schauen mussten, während Kimi Räikkönen den Formel 1-Titel einfuhr.
Red Bull muss hier vorbauen, um nicht den Titel zu verschenken. Einen ersten Schritt hat Christian Horner schon unternommen, indem er die Schuldfrage aufgeteilt hat: Beide Fahrer, so Horner, dürften gegeneinander fahren, aber sie sollten sich dabei Platz lassen. Und genau das sei im Rennen unterlassen worden.
McLaren im Crash-Spar-Modus
Schön am Rennen ist gewesen, dass die späteren Doppelsieger den Bullen-Hitzköpfen vorgeführt haben, wie man teamintern hart, aber fair miteinander ringt und am Ende einen glänzenden Erfolg einfährt. Jenson Button und Lewis Hamilton haben sich in feiner Manier gegenseitigt bekämpft, am Ende hatte Hamilton die Nase vorn.
Kein Problem für Button, der wie sein Teampartner schon Weltmeister gewesen ist und so vielleicht nicht ganz so unter Druck steht, wie Sebastian Vettel und Mark Webber. Auch das Team hat offenkundig gut reagiert und beiden ihren Kampf gelassen, bis Benzin gespart werden musste. Dann wurden sie zurückgepfiffen.
Die elegante Lösung von McLaren, das am Ende auch noch für sich in Anspruch nahm, den nötigen Druck auf Vettel und Webber ausgeübt zu haben, der die Kollision erzwungen hatte, ist eine Lehrstunde für Red Bull gewesen. Und alle anderen Teams, die je in die Verlegenheit geraten könnten, mit zwei Weltmeister-Kandidaten vorn zu liegen.
Mercedes: Bestes Ergebnis der Saison – bis jetzt
Viel ist in den zurückliegenden Wochen und Monaten über Michael Schumachers Comeback im Formel 1-Sport gesprochen worden. Der Restart von Schumacher hat nach einigen Rennen nicht zu einem Comeback des Champions geführt, was ihm zum Teil persönlich angekreidet wurde.
In Istanbul hat Mercedes das bisher beste Saisonergebnis in der laufenden Formel 1-Saison eingefahren. 22 Punkte für das Team, das sich damit auf insgesamt 100 gesteigert hat und zwar mit einigem Rückstand auf McLaren und Red Bull, sowie Ferrari auf dem vierten Rang liegt, aber dennoch nicht abgeschrieben ist.
Vom Siegen ist Mercedes aber auch in Instanbul ein gutes Stück entfernt gewesen, immerhin hat es zu Platz vier und fünf gereicht. Und Michael Schumacher hat zumindest mit seinem gelungenen Start ein positives bild hinterlassen, als es ihm gelungen ist, Jenson Button abzufangen. Der hat später gekontert, weil die McLaren einfach schneller sind.
Unter dem Strich zeigt sich, dass die Mercedes Boliden im Jahr nach der Weltmeisterschaft von Brawn noch nicht ganz vorn mitfahren können. So blieb es das Rennen ohne Probleme, aber auch ohne weiterreichende Chancen. Nico Rosberg ist es zwar nicht gelungen, an Schumacher vorbeizugehen, doch hat er den attackierenden Robert Kubica in Schach halten können.
Ferrari: Kein siegreiches Jubiläum
Im Hause Ferrari wird man mit dem siebten Formel 1-Lauf in der aktuellen Saison nicht sonderlich zufrieden sein. Da das Qualifying schon alles andere als super verlaufen ist, konnte Ferrari in der Türkei nicht sonderlich viel reißen. Felipe Massa ist ein langweiliges Rennen gefahren, Fernando Alonso auch.
In Istanbul ist man deutlich Mercedes geschlagen worden, auch Robert Kubica in seinem Renault war schneller. Und damit ist man eigentlich nur fünftes Rad am Favoritenwagen gewesen. Alonso und Massa bleiben mit ihren Roten Göttinnen an den Führenden dran und werden ihre Chance nutzen, wenn sie kommt.
Dazu gehört aber auch ein Auto, das sich mit denen der anderen, vor allem Red Bull und McLaren, messen kann. Trotz der intensiven Entwicklungsarbeit am F-Schacht scheint es noch ein Stück harter Arbeit zu sein, ehe Ferrari hier wird mithalte können. Derzeigt fährt man noch nicht ganz vorn mit.
Renault: Kubica trumpft weiter auf Eigentlich hatte vor der Saison niemand den Rennstall von Renault auf der Rechnung, doch die Franzosen haben mit Robert Kubica ein sehr heißes Eisen im Feuer. Denn der Pole ist der einzige Fahrer unter den Top Acht, der nicht vor der Saison zu den Favoriten gezählt wurde. Auch jetzt ist bis ganz nach vorn noch ein gutes Stück Platz, doch reichte es bisher immer, um Punkte mitzukämpfen.
Der Lohn der Mühe: Rang sechs in der Wertung vor Rosberg und Schumacher! Und am Wochenende hat Renault es geschafft, Ferrari in Schach zu halten. Mit beiden Boliden unter den Top Zehn ist man gut gestartet, Neuling Vitaly Petrov hat allerdings etwas Pech gehabt nach seinem langen Kampf gegen Massa und Alonso: Ein Reifenschaden verhinderte weitere WM-Punkte.
Virgin bester Neuling
Vom Ergebnis her ist der Rennstall von Virgin am Sonntag am besten in Form gewesen, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Timo Glock und Lucas di Grassi haben ihre Zielankunft nur mit Hängen und Würgen erreicht. Während bei di Grassi schon vor dem Start am Motor gewerkelt werden musste, hatte Glock das zweifelhafte Vergnügen, fünf Runden mit Gang fünf zurechtzukommen.
Dabei hat Lotus einen stärkeren Eindruck hinterlassen, bis beide Autos innerhalb einer Runde ausgefallen sind. Bis dahin waren Heikki Kovalainen und Jarno Trulli mit ihren Lotus-Boliden gut unterwegs, ein bitteres Ende für die gute Vorstellung. Auch HRT hat die Zielankunft verpasst. Immerhin wurde Karun Chandhok noch als 20. gewertet, doch ist sein Bolide nicht mehr über die Ziellinie gefahren.