Formel 1: McLaren knackt Red Bull-Power
14.06.2010
Den Großen Preis von Kanada nutzten die beiden Formel 1-Piloten von McLaren, um das vorangegangene Rennen zu wiederholen: Doppelsieg für Lewis Hamilton und Jenson Button, die damit auch die Führung in der Weltmeisterschaft bei den Fahrern übernehmen konnten. Während Fernando Alonso mit seinem Ferrari Dritter wurde, konnten die Red Bull Fahrer Sebastian Vettel und Mark Webber nur Rang vier und fünf einnehmen.
Die Red Bull-Dominanz im Qualifying ist allerdings schon am Samstag gebrochen worden, als Lewis Hamilton die erste Pole-Position in der laufenden Formel 1-Saison erringen konnte. Damit hat sich das Blatt aus technischer Sicht möglicherweise gewendet und Red Bull den Saisonauftakt trotz überlegener Autos nicht ausreichend genutzt, um sich von der Konkurrenz abzusetzen.
Was die Kräfteverhältnisse anbelangt, so kann nach acht Formel 1-Rennen wohl das erste kleine Zwischenfazit gezogen werden. Red Bull und McLaren werden ihrer Favoritenrolle bislang gerecht und kämpfen von der Spitze um die Titel. Ferrari kann halbwegs mithalten, vor allem Alonso aber in der Einezlwertung gut. Mercedes hingegen ist schon ein gutes Stück abgeschlagen.
Aus dem erwarteten Vierkampf ist wohl tendenziell ein Zweikampf um die Teamwertung geworden, bei den Fahrern sieht es jetzt eher nach einem Fünfkampf zwischen Hamilton, Button, Webber, Alonso und Vettel aus, mit Rosberg, Massa und Kubica in Lauerstellung. Und Michael Schumacher hat noch einen weiten Weg zurück zu Spitze vor sich. Allerdings gilt für alles: Bei den vielen Punkten, die vergeben werden, ist jetzt doch noch vieles relativ.
McLaren auf rosa Wolken
Während die britischen Fußballfans auch ohne Elfmeterschießen am ersten Wochenende der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika nichts zu lachen hatten, konnte das englische Dreamteam von McLaren, Lewis Hamilton und Jenson Button, den zweiten Dopppelsieg in Folge einfahren.
Den ersten in der Türkei hatte man noch von Red Bull geschenkt bekommen, den zweiten hat man sich erfahren, denn die Red Bulls waren in Kanada nicht so konkurrenzfähig, wie zuvor. McLaren hat damit auch in der Fahrerwertung in Person von Hamilton die Spitze übernommen, knapp gefolgt von Button, und führt damit in beiden Wertungen.
Nach dem Rennen gab es große Worte, die angesichts des sehr knappen Vorsprungs auf Mark Webber – ganze sechs Punkte! – vielleicht etwas arg optimistisch klangen. Man wolle die Führung nicht mehr abgegeben, man habe die besten Fahrer im Feld. Manch ein Formel 1-Beobachter witterte hier schon Hochmut am Werke, immerhin sind Vettel, Alonso und Webber alles andere als schlechte Fahrer.
Jedenfalls ist McLaren die Mannschaft der Stunde. Mit dem F-Schacht sind die Boliden von McLaren offensichtlich schnell genug, um dem aerodynamisch überlegenen Red Bull Autos Paroli zu bieten – bis eben nachgerüstet worden ist. Das dürfte angesichts der Ressourcen von McLaren nicht allzu lange dauern.
Red Bull: Reifen und Zuverlässigkeit Aus den Worten von Sebastian Vettel nach dem Rennen geht hervor, dass die grundlegende Strategie von Red Bull am Formel 1-Wochenende aufgegangen ist, ohne zu Erfolg zu führen. Die Konkurrenz sei wie erwartet zu frühen Boxenstopps gekommen, ohne danach im Verkehr stecken zu bleiben. Der eigene Boxenstopp endete mit erheblichem Positionsverlust.
Doch das ist nicht alles gewesen, was die Red Bulls ausgebremst hat. Schon im Qualifying fehlte die bis dato sprichwörtliche Überlegenheit. Trotzdem hätte laut Vettel die Geschwindigkeit gereicht, um ganz vorn mitzukämpfen. Doch das hat zumindest bei ihm auch wegen Problemen mit dem Getriebe nicht hingehauen. Bei Webber hat auch der Boxenstopp alle weitergehenden Ambitionen im Rennen verhindert.
Unterm Strich kein sonderlich erfolgreiches Rennen, doch auch das ist relativ. Nach dem Debakel in Instanbul hat sich Red Bull mit doppeltem Punktgewinn auf einer für sie speziellen und schwierigen Strecke zurückgemeldet. Für die weiteren Rennen wird das optimistisch ausgelegt: An Instanbul sei man gewachsen, in Kanada habe man wichtige Punkte errungen. Red Bull ist so weiter bei der Musik.
Ferrari: Nicht Fisch, nicht Fleisch
Ginge es nur nach den Punkten, die Ferrari beim Formel 1-Rennen in Kanada errungen hat, wäre der Ausflug über den Atlantik wohl als halber Fehlschlag zu werten. Alonso hat es immerhin geschafft, ein Podium zu erkämpfen, während Massa leer ausging. In der Tabelle hat das Massa ein gutes Stück nach hinten geworfen, bei der Teamwertung ist der Abstand zum Führungsduo auch gewachsen.
Trotzdem waren die Stimmen nach dem Rennen nicht ohne Optimismus. Denn man hätte in Kanda mehr herausholen können, weil die Performance der beiden Ferraris nach eigenem Dafürhalten gut gewesen ist. Fernando Alonso hat nach dem Rennen zum Besten gegeben, dass man das Tempo zum Siegen gehabt habe – dann wäre er jetzt statt Hamilton vorn.
So eng liegt an der Spitze des Fahrerlagers noch alles beieinander, dass auch im Hause Ferrari die Saison nicht abgeschrieben werden muss. Ein Schritt nach vorn ist in Kanda gelungen, gegenüber Red Bull hat zumindest Alonso etwas an Boden gewinnen können, gegenüber McLaren nicht allzuviel verloren. Ferrari wahrt also Titelchancen.
Mercedes: Schumacher kommt nicht nach vorn
Das Formel 1-Rennen in Kanada hat für den Rennstall von Mercedes die Erkenntnis gebracht, dass man durchaus vorn hätte mithalten können. Hätte, wenn es nicht so viele Hürden gegeben hätte, die eine vernünftige Punktausbeute verhinderten. Immerhin hat Nico Rosberg noch Rang sechs erreicht und einige Punkte gewonnen, während Altmeister Schumacher seine Punkte regelrecht fahrlässig gegen Rennende weggeworfen hat.
Rosberg hat sein Rennen hinterher so beschrieben, dass er möglichst zurückhaltend fuhr, und so seine Punkte wahren konnte. Bei Schumacher hingegen ging es gut los, zeitweise war der Ex-Champion gar Dritter im Klassement. Aber: Früh hat es eine kleine Berührung seines Autos mit dem Boliden von Kubica gegeben, was dem Rennen die entscheidende Wende zum Negativen gab.
Nach dem behobenden Reifenschaden steckte Schumacher im Verkehr. Später hatte Schumacher in der letzten Runde noch die sichere Karte auf zwei WM-Punkte, doch ein Zweikampf mit Vitantonio Liuzzi von Force India kostete Schumacher mehrere Plätze – am Ende stand Rang elf.
Force India: Die Ansprüche wachsen
Mit Rang neun und zehn hat Force India im Formel 1-Rennen in Kanada wieder Punkte einsammeln können. Insgesamt 35 sind es jetzt, damit ist Force India die Nummer sechs hinter Renault, das durch die großartigen Leistung von Robert Kubica derzeit die Nummer fünf ist. Force India sammelte bislang nur in einem Rennen keine WM-Punkte, ist also regelmäßig vorn mit dabei.
Das und die gute Leistung im Qualifying am Samstag hat die Ansprüche wachsen lassen. Mehr Punkte hätten es sein sollen, doch das ist durch unglückliche Umstände und Zwischenfälle verhindert worden. Adrian Sutil hatte zum Beispiel einen Plattfuß in einer Szene mit Kubica verpasst bekommen, der ihn weit zurückgeworfen hat.
Auch bei Liuzzi gab es einen ungewollten Stopp, als der Bolide im Zweikampf mit dem von Felipe Massa beschädigt wurde. Doch trotz der Enttäuschung über die entgangenen WM-Punkte bleibt man im Hause Force India optimistisch, den Abstand zu den weiter vorn liegenden Rennställen zumindest verringert zu haben.
Lotus, HRT und Virgin rücken langsam näher
Noch immer sind Zielankünfte bei den drei Neulingen im Formel 1-Feld keine Selbstverständlichkeit. Auch in Kanada wurden einige Fahrer von Lotus, HRT und Virgin aus dem Feld gekegelt, doch hat sich einiges getan. So hat HRT eine Zeit lang das Gefühl genießen können, nicht nur hinter den anderen her zu hetzen, sondern auch richtig zu racen.
Lotus durfte sich sogar darüber freuen, dass Heikki Kovalainen als Sechszehnter das Rennen beendete und drei Gegner hinter sich ließ. Davon konnte er sogar einige überrunden, bedauerlich nur, dass Kollege Jarno Trulli mit technischen Schwierigkeiten auf der Strecke geblieben ist.