Formel 1: Auftakt für die zweite Hälfte
23.07.2010
Mit dem Rennen in Hockenheim läutet die Formel 1 die zweite Hälfte der Saison 2010 richtig ein: Neun Formel 1-Rennen stehen noch aus, zehn sind bislang gefahren. Die Ausgangslage ist dabei immer noch recht eindeutig: Vorn liegt McLaren, gefolgt von Red Bull, das sein bärenstarkes Auto bislang vor allem im Qualifying, nicht aber in den Rennen ausgenutzt hat.
Zwei der vier Favoritenrennställe sind also an der Spitze platziert, in beiden Wertungen. Dahinter folgen mit Alonso und Rosberg zwei Fahrer der beiden Mitfavoriten Mercedes und Ferrari. Nur zwei, denn Felipe Massa und vor allem Michael Schumacher haben bislang nicht recht mithalten können.
So richtig große Überraschungen sind also im Kampf um die Formel 1-Krone in der ersten Hälfte der aktuellen Saison ausgeblieben, sieht man einmal von der Schwäche Schumachers ab. Und Robert Kubica natürlich: Der hat sich auf Rang sieben vor Massa und Schumacher geschoben womit niemand gerechnet hat.
Eine zuverlässige Prognose, wer als richtiger Favorit ins Rennen um den Weltmeister-Titel 2010 geht, ist unseriös. McLaren hat in Person Lewis Hamilton und Jenson Button die Nase vorn, Red Bull ist aber zu stark, um nicht zu kontern; gleichzeitig aber offenkundig zu schwach, um die vorteilhaften Autos richtig auszunutzen. Gleichstand also.
McLaren: Führung verteidigen
Der Auftakt des Formel 1-Rennens in Hockenheim ist für McLaren-Mercedes nicht sonderlich gut verlaufen. Denn der WM-Führende Lewis Hamilton hat nach wenigen Runden im ersten Freien Training seinen Boliden gründlich zerlegt. Das Auto war so beschädigt, dass Hamilton erst gegen Ende des zweiten Freien Training überhaupt wieder auf die Strecke konnte.
In diesen wenigen Minuten konnte er nicht sonderlich viel bewegen, auch wenn Hamilton optisch mit der siebtbesten Zeit noch deutlich vor seinem Teamkollegen Jenson Button das Training beenden konnte. Doch Zeiten sind im Freitagstraining traditionell Schall und Rauch. Trotz des unfreiwilligen Ausritts von Hamilton ist man bei McLaren optimistisch.
Button hatten immerhin viel Benzin an Bord und das zum Test von stabilen Longruns. Statt Tempo zu bolzen ging es mehr um Durchhaltevermögen im Rennen morgen. Ein neuer Unterboden soll den McLaren-Boliden noch einmal einen Schub geben, die ersten Eindrücke vom Freitag interpretierte man seitens McLarens als positiv.
Red Bull: Vorzeige-Harmonie
Wer auf die Abfolge bei der Besetzung der Pole-Position schaut, könnte auf den Gedanken kommen, Red Bull würde weit in Führung liegen: Von zehn Rennen hat Sebastian Vettel fünf, sein Teamkollege Mark Webber viermal die Pole-Position belegt, nur einmal ist es Lewis Hamilton gelungen, den Bullen-Sperriegel zu durchbrechen.
In den Rennen hingegen sah es anders aus. Während die Geschwindigkeit des Red Bull Boliden offenkundig hoch ist, haperte es an der Zuverlässigkeit. So wurde Sebastian Vettel mehrfach bester Aussichten beraubt, weil sein Rennauto zickte. Doch die technischen Probleme sind nur ein Teil der Schwierigkeiten.
Zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel hat es gekracht: Beide haben sich in einem Rennen ein regelrechtes Gefecht geliefert, das zum Ausscheiden von Vettel führte und Webber zurückwarf. Das singuläre Ereignis reichte McLaren, um die Spitze zu behalten. Die Spannungen im Red Bull Team sind noch vorhanden, Red Bull scheint sich 2010 selbst zu schlagen.
Mercedes: Projekt Hoffnung
Für das Heimrennen in Deutschland hat man sich im Hause Mercedes vorgenommen, wenigstens einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen: Von einem respektablen Ergebnis ist die Rede nach dem Freitagstraining, das man vor heimischem Publikum zu erzielen gedenke. Da hänge die Trauben niedrig bei Mercedes!
Vor der Saison galt Mercedes mit dem Rückkehrer Michael Schumacher und Ross Brawn als einer der Mitfavoriten, doch nicht lange. Gegen die fixen Red Bulls und die stabil fahrenden McLarens ist man ohne Chance. Auch Ferrari hinterlässt einen besseren Eindruck als Mercedes.
Von Siegen oder wenigstens einem Kampf um die Plätze ist nichts zu hören vor dem Rennen in Hockenheim. Besonders Michael Schumacher wird zunehmend kritisch beäugt. Der Rückkehrer hat auch nach der Hälfte der Saison nicht wirklich einen Auftwärtstrend erkennen lassen, was niemand erwartet hätte.
Ferrari: Starker Freitagsauftritt
Für einen guten Auftritt beim Freitagstraining kann man sich in der Formel 1 nichts kaufen. Entsprechend vorsichtig ist man auch bei den Ferrari-Fahrern Fernando Alonso und Felipe Massa für das Qualifying am morgigen Samstag und das Rennen. Alonso beruft sich auf einschlägige Saison-Erfahrungen: Red Bull war am Samstag oft schnell.
Umgekehrt hat man bei Red Bull die Ferrari im Hockenheim-Rennen schon auf der Rechnung, vielleicht durchaus mit Recht, denn hinter den zurückhaltenden Äußerungen von Ferrari ist man auch recht positiv in den Einschätzungen: Man sei gegenüber Red Bull konkurrenzfähig, meint Teamchef Stefano Domenicali.
Für Felipe Massa steht mittlerweile schon wieder einiges auf dem Spiel: Drei Rennen ist der Brasilianer ohne WM-Punkte geblieben, mit 67 Zählern ist der zwischenzeitlich gar Führende nur noch achter – deutlich abgeschlagen. Massa muss nachlegen, sollte sich sein Ferrari-Sitz nicht irgendwann zum Schleudersitz wandeln.
Renault: Petrov soll angeblich gehen
Der erste Russe in der Formel 1 könnte ein recht frühzeitiges und eher unrühmliches Ende seines Engagements erleben. Vitaly Petrov steht ganz klar im Schatten von Robert Kubica bei Renault, wo der Pole sich unter die Führenden geschoben hat, während Petrov kaum Punkte sammeln können.
Branchenkenner gehen davon aus, dass auch der Sponsor Lada und das zwischenzeitlich sichtbare fahrerische Können nichts daran ändern könnten, dass Petrov geschasst wird. Für Renault geht es darum, sich deutlich weiter vorn zu positionieren – da reicht ein starker Fahrer nicht aus. Und so scheint man sich bereits auf die Suche nach einem anderen Fahrer gemacht zu haben.