Motorsport

Formel 1: Roter Sturm über Hockenheim

26.07.2010
In mehrfacher Hinsicht brauste beim Großen Preis von Deutschland ein roter Sturm über die Formel 1 hinweg. Hinterher war man sich einig: Schon am Start hatte der Pole-Position-König Sebastian Vettel von Red Bull das Rennen verloren, denn beide hinter ihm postierten Ferrari-Autos sind an ihm vorbeigezogen.

Doch gewonnen wurde das Rennen erst wesentlich später – von Fernando Alonso. Das Überholmanöver nach dem Start hatte nämlich einen Schönheitsfehler: Statt Alonso führte Teamkollege Felipe Massa das Rennen an. Der hat aber in der Fahrerwertung der Formel 1 erheblich größeren Rückstand auf die Führenden McLaren-Piloten Lewis Hamilton und Jenson Button.

Aus Sicht von Ferrari ist das gefährlich gewesen, denn Fernando Alonso sollte möglichst viele Punkte einheimsen, um seinen Rückstand zu verkürzen. Als Massa Alonso vorbeiließ und der Spanier als Sieger die Ziellinie überquerte, bracht ein zweiter roter Sturm über dem Formel 1-Spektakel herein. Diesmal rot vor Zorn.

Die Fans und zahlreiche Zugehörige zum Formel 1-Zirkus haben sich empört über Ferrari gezeigt, denn in dem Überholmanöver haben die allermeisten eine Stallorder gesehen. Die ist bekanntlich verboten und gilt als unsportlich. Ferrari hat selbiges geleugnet, hat aber trotzdem die milde Strafzahlung aktzeptiert.

Ferrari: Was für ein Sieg

Es hätte ein glänzender Auftritt des Ferrari-Teams werden können. Schon in den Freien Trainigsläufen und im Qualifying hat man gesehen, wie schnell die Ferraris unterwegs sind. Bei der Konkurrenz hatte man Ferrari auf dem Zettel, allerdings wohl kaum so schnell, wie es im Rennen geschah.

Mit einem Super-Start und der Mithilfe von Sebastian Vettel, der nicht recht aus den Puschen kam, konnten sich beide Ferrari schon auf die Führungsplätze schieben. Da Massa vor Alonso lag, gab es aus Sicht der Beobachter eine Stallorder: Massa sollte und musste Alonso den Vortritt lassen.

Unter dem Strich bleibt ein Sieg, der einen ziemlich bitteren Beigeschmack hat. Die Strafe ist von zahlreichen Branchenbeobachtern als viel zu milde eingestuft worden, viele hoffen auf ein deftiges Nachspiel. So haben sich die Chancen auf den WM-Titel bei Ferrari respektive Fernando Alonso erhöht, allerdings zu welchem Preis.

Red Bull: Rennen am Start verloren

Ausnahmsweise hat es bei Red Bull unter dem Strich nicht zu einem Sieg gereicht, obwohl es weder ein teaminternes Gerangel noch bei Vettel technische Probleme gegeben hat. Von diesen Dingen ist in Hockenheim keine Rede gewesen, statt dessen stand dort Ferrari im Fokus. Red Bull bzw. Sebastian Vettel hat das Rennen schon am Start verloren.

Vom zweiten Red Bull Fahrer, Mark Webber, ist am Wochenende ohnehin nicht viel die Rede gewesen: Mit seinem sechsten Platz hat der Australier einiges an Boden verloren, Vettel ist nun punktgleich, Alonso deutlich nähergerückt und das Führungsduo Hamilton / Button noch weiter weg. Immerhin: Hier hakte die Technik schon etwas.

Red Bull schafft den Durchbruch nach oben nicht. Die schnellen Autos führen zu Pole-Positionen, doch nicht zu ausreichend vielen Siegen. Das Projekt Weltmeister-Titel droht an diesem Manko zu scheitern. Kurzfristig muss man sich bei Red Bull zudem noch mit einer Gerechtigkeitsfrage befassen: Wer bekommt die neuen Teile bei Punktegleichstand?

McLaren: Führung souverän verteidigt

Wer auf die Punkte-Tafeln schaut, hat die Konstanz der beiden führenden Formel 1-Fahrer Lewis Hamilton und Jenson Button direkt vor Augen. Die letzen fünf Rennen habe beide immer zweistellig gepunktet und so ihre Führungsposition gefestigt. Das Duo Webber / Vettel hat das nicht ganz geschafft und liegt etwas hinten.

Auch in Hockenheim konnten Hamilton und Button ihren Spitzenplatz behaupten. Wobei das nur für die Teamwertung ganz korrekt ist, denn in der Einzelwertung führt naturgemäß nur einer und das ist Lewis Hamilton. Sechs Rennen in Folge ist er schneller als Jenson Button gewesen, gegenüber dem Teamkameraden liegt er 14 Punkte vorn.

Das ist ein richtungsweisender Wink, wenngleich die Chancen von Button nach wie vor real sind. Wie auch von Webber, Vettel und Alonso. Bislang aber sieht es nicht danach aus, als ob die beiden McLaren-Fahrer so leicht einzuholen wären. Beide verteidigen ihre Position in sportlichem und fairen Zweikampf – was für die Verfolger nicht gilt.

Mercedes-Benz: Debakulöses Heimrennen

Beim Heimrennen des Mercedes-Teams gab es nichts zu jubeln. Sechs Punkte und damit weniger als Renault ist ein bitteres Ergebnis (Renault war aber schon insgesamt dreimal besser). Nico Rosberg hat vier Zähler bekommen, Michael Schumacher zwei. Teamintern bleibt alles wie gehabt, Rosber allerdings kommt an seine durchaus ansehnlichen Leistungen vom Saisonstart nicht mehr heran.

Gibt es die große Krise im Hause Mercedes? Nach der Hälfte der Saison ist klar, dass Mercedes nur mit überirdischer Hilfe in dieser Saison einen Sieg wird erringen können. Das liegt nach Einschätzung von Branchenkennern auch daran, dass das Mercedes-Vorgänger-Team bis zum Einstieg von Mercedes nur ungenügend Ressourcen in die Auto-Entwicklung stecken konnte.

Die Spätfolgen des Sparens im Post-Honda Team Brawn GP, das sich vor allem auf die Saison 2009 konzentriert hatte, machen sich in der Formel 1-Saison 2010 immer noch bemerkbar. Gut möglich, dass Rosberg und Schumacher erst 2011 angreifen können. Doch selbst dann steht noch ein dickes Fragezeichen hinter Schumacher, dem wohl doch die vielen Testkilometer fehlen.

Renault: Doppelte Punkteausbeute

Die beiden Renault-Fahrer Robert Kubica und Vitaly Petrov sind beim Großen Preis von Deutschland in Hockenheim beide in die Punkte gefahren. Kubica hat den siebten, Petrov den zehnten Rang erreicht. Das Renault-Team hat noch einmal unterstrichen, wo es hinwill: Ganz nach oben.

So blieb im Hause Renault ein positives Fazit, allerdings mit Einschränkung. Besonders die Tatsache, von Ferrari überrundet worden zu sein, hat den Ehrgeiz von Renault noch weiter gesteigert. Hier sieht der Teamchef Eric Boullier noch erheblichen Bedarf.

Für den Russen Petrov ist der WM-Punkt Gold wert. Vor dem Rennen ist schon über eine vorzeitige Ablösung geredet worden, manche Beobachter glaubten gar, Petrov würde noch in der laufenden Saison geschasst werden. Danacht scheint es jetzt nicht auszusehen, doch muss der Russe sicherlich in den kommenden Rennen weiter Stärke beweisen, um sein Cockpit nicht zu verlieren.









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