Formel 1: Vettels Pole-Fluch
02.08.2010
Hexerei, Unglück oder doch nur Unvermögen? Darüber spricht die Motorsportwelt nach dem Großen Preis von Ungarn, als Sebastian Vettel wieder eine Pole Position nicht verwerten konnte. Genauer gesagt: Pole und sagenhafte Überlegenheit warf der junge Deutsche diesmal einfach über Bord.
Eine aus sieben Pole-Positionen hat Vettel bislang verwertet, sonst ging immer etwas schief. Zu Vettels Ehrenrettung muss man sagen, dass mehrheitlich technische Defekte für die ausgebliebenen Siege verantwortlich waren, einmal eine fehlerhafte Reifenstrategie und einmal ein misslungener Start. Und jetzt ein Fehler in Ungarn.
Sebastian Vettel hat damit rechnerisch mehr als 100 Punkte verloren, haben findige Medien ausgerechnet, ergo führt Teamkollege Mark Webber vor Lewis Hamilton die Wertung an, Vettel ist nur Dritter statt überlegener Erster. Fürs Publikum ist das übrigens ein Sieg, denn statt eines Dominators liegen fünf Fahrer mit zwanzig Punkten auseinander.
Ungarn war außerdem noch ein besonderes Rennen in anderer Hinsicht: Denn die Punkte gingen diesmal nicht nur an die üblichen Verdächtigen, sondern es wurde kräftig abseits der Favoriten gepunktet: Vitaly Petrov, Nico Hülkenberg und Pedro de la Rosa wären hier besonders zu nennen.
Webber übernimmt die Führung
Zum zweiten Mal in der laufenden Formel 1-Saison übernimmt der Australier Mark Webber die Führung in der Wertung der Fahrer. Dank der Mithilfe von Lewis Hamilton, der bis dahin geführt hat, und vor allem Teamkollege Sebastian Vettel, der hätte führen müssen, ist Webber wieder ganz vorn.
Allerdings ist sein Punkte-Ruhekissen recht dünn: Vier Zähler vor Hamilton, zehn vor Vettel. Nicht die Welt. Vor allem, wenn Vettel anfangen sollte, seine Überlegenheit im Qualifying zu nutzen. Das ist neben technischer Zicken des Red Bull Boliden der Hauptgrund dafür, dass Vettel nicht über alle Formel 1-Berge ist.
Nach dem Rennen hagelte es Kritik an Vettels Fehler. Man warf dem jungen Fahrer Unreife vor, doch dabei ist ein bisschen untergegangen, dass Vettel zwei Siege eingefahren hat und bislang zweimal wegen Ausfällen ohne Punkte blieb. Zum gleichen Zeitpunkt 2009 waren es fünf Nullnummern. Gelingt ihm ein Finale wie in der Vorsaison, ist Vettel ganz vorn dabei.
Ferrari nutzt die Chance
Mit dem zweiten und vierten Platz beim Großen Preis von Ungarn hat das Ferrari-Team mehr Chancen verwertet als es vorher hatte. Denn dass es Fernando Alonso gelingen würde, Sebastian Vettel abzufangen und Zweiter zu werden, hätte vorher und während der ersten 15 Runden wohl niemand gedacht.
Dank Vettels Patzer ist Alonso also mit einer durchaus ansehnlichen Punkteausbeute nach aus Ungarn abgereist. Wichtige Punkte für den Kampf um die Weltmeisterschaft, den der Spanier noch immer nicht aufgegeben hat. Zurecht, denn sein Rückstand beträgt nur schmale zwanzig Punkte.
Wie wenig das ist, hat Lewis Hamilton ja in Ungarn demonstriert. Jetzt könnte Alonso gar mit einem großen Satz an die Spitze springen, vorausgesetzt, er siegt und die vor ihm Platzierten patzen. Teamintern ist wohl auch alles geregelt: Massa hat 44 Zähler Rückstand und damit keine realistischen Aussichten mehr auf den Titel.
McLaren Mercedes: Pleitetag in Ungarn
Nein – es ist nicht der Tag von McLaren in Ungarn gewesen: Vier kümmerliche Zähler hat das Team erzielt, eine Katastrophe, denn die hartnäckige Konkurrenz von Red Bull konnte vierzig Punkte entführen und somit in der Teamwertung an McLaren vorbeiziehen. Hamilton musste nach 23 Runden das Rennen aufgeben, ein technischer Defekt warf den Führenden aus dem Rennen.
Hamiltons Kollege Jenson Button konnte immerhin das Rennen beenden und ein paar Punkte mitnehmen. Während des Großen Preises konnte Button allerdings nicht sonderlich stark sich in Szene setzen, ohne nennenswerte Höhepunkte ist er über die Ziellinie gerollt. Button fuhr das Rennen, das sich im Qualifying angekündigt hat.
Die bange Frage ist jetzt: Wird McLaren von Red Bull ausgestochen? Die Stärkephase des Teams liegt schon ein paar Rennen zurück, immerhin hat Red Bull bis Ungarn nur sehr mühsam aufholen können. Jetzt aber kommt Ferrari gewaltig und schöpft auch noch von McLaren Punkte ab.
Mercedes GP: Das war Formel 1 2010
Das war es wohl für das Formel 1-Jahr 2010 für Mercedes: Das Silberpfeil-Team, das immerhin auf dem des amtierenden Weltmeisters basiert, hat in Ungarn Null Punkte erreicht und damit den kümmerlichen Auftritt in Valencia mit einem Punkt noch unterboten. Von Titel kann eigentlich schon lange keine Rede mehr sein.
Diesmal ist nicht nur Michael Schumacher ohne Glanz und Gloria gefahren, auch Nico Rosberg hat nicht punkten können. Damit hat sich der Abstand zu dem Führungsquintett erheblich ausgeweitet – Rosberg steht defacto ohne Chancen da.
Damit dürfte wohl auch klar sein, dass Mercedes die verbleibenden Rennen nicht mehr mit allem, was nötig wäre, angehen wird, sondern sich auf das Formel 1-Jahr 2011 konzentriert. Mit einem konkurrenzfährigen Auto, neuen Reifen – und Schumacher? Hier darf spekuliert werden, denn teamintern ist Schumacher bislang von Rosberg klar geschlagen worden.
Renault: Team patzt, Petrov fliegt
Einen kolossal starken Auftritt hat der Russe Vitaly Petrov in Ungarn gehabt. Rang fünf, zehn Punkte und dem Team den Tag gerettet. Für ihn, der bereits als Schleudersitzinhaber gehandelt worde, ist das ein großartiges Auftreten gewesen. Da Teamkollege Robert Kubica ohne Punkte blieb, hat Petrov seinen Wert deutlich gesteigert.
Kein Wunder also, dass Vitaly Petrov sich nach dem Rennen wunderbar fühlte, denn er hat in seiner ersten Formel 1-Saison lange Zeit sehr blass agiert. Jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Teamkollege Robert Kubica hat dagegen Pech gehabt. Das eigene Team hat den Polen wieder auf die Strecke geschickt, ohne den heranrauschenden Adrian Sutil zu beachten. Der Unfall, der sich so ergab, beendete Kubicas Rennen.
Lotus mit gutem Ergebnis
Der Neuling Lotus Racing konnte sich in Ungarn mit den Rängen 14 und 15 über ein gutes Rennergebnis freuen und die anderen Novizen im Formel 1-Zirkus hinter sich lassen. Am Start lag Konkurren Timo Glock von Virgin noch vorn, doch hat das Safety-Car für die Lotus Fahrer eine glückliche Fügung bedeutet.
Lotus hat mit der doppelten Zielankunft einen Aufmerker gesetzt. Mittelfristig ist allerdings noch ein sehr weiter Weg zu gehen, ehe das Team zu den übrigen Teams wird aufgeschlossen haben, denn selbst der Langsamste etablierte Fahrer war immer noch deutlich schneller unterwegs.