Formel 1: Hamilton triumphiert, Vettel crasht
30.08.2010
Ganz vorn hat das dreizehnte von 19 Rennen um die Krone der Formel 1 in der laufenden Saison eine kleine Tendenz erbracht, auf die bislang vergeblich gewartet werden musste. Um Missverständnisse zu vermeiden: Eine Vorentscheidung ist es beileibe nicht, doch ein Fingerzeig.
Lewis Hamilton, der Sieger, liegt nun mit 182 Punkten vorn, Mark Webber, der Zweite im Rennen folgt mit drei Punkten Rückstand auf den Führenden. Die beiden bilden das Duo, das wohl die besten Chancen auf den Titelgewinn hat – nicht nur wegen der Punkteausbeute, sondern auch, weil sie im Formel 1-Rennen in Spa nicht gescheitert sind.
Wie die Konkurrent – namentlich Sebastian Vettel, Jenson Button und Fernando Aloson, die Triple-Null in Spa. Hamilton und Webber haben sich von den drei anderen absetzen können und somit ihre Chancen auf den Titelgewinn erheblich verbessert. Alonso, Vettel und Button haben weiter keineswegs schlechte Aussichten, doch sind diese eingetrübt.
Hinter diesem Spa-Null-Punkte-Trio klafft schon eine deutlichere Lücke auf Felipe Massa mit 109 Punkten. 71 Zähler Rückstand in sechs Rennen – daran dürften nur Wundergläubige wirklich noch glauben. Unter dem Strich hat das Rennen in Spa mehr denn alle vorangegangenen Ausfahrten Spreu und Weizen getrennt.
Hamilton im Glück, Button sportlich
Es ist mehr als eine Geste gewesen, die Jenson Button nach dem Rennen gemacht hat: Der Unfall, den sein Kontrahent Sebastian Vettel provoziert hatte, sei ein Rennunfall gewesen, so Button. Ganz normal also, ohne böswillige Absichten. Das haben die Rennkommissare anders gesehen und Vettel bestraft.
Button hat nicht nachgetreten und damit eine sehr sportliche Haltung bewahrt. Anlass für eine ganz andere Reaktion hatte der amtierende Formel 1-Weltmeister genug, denn mit Vettels Kollision hatte er wichtige WM-Punkte unwiderbringlich verloren. Button Kampf um die Titelverteidigung ist damit regelrecht torpediert worden.
Ganz anders Lewis Hamilton: Mit seinem glänzenden Auftritt in Spa ist er an die Spitze des Fahrerfeldes gesprungen und hat seine Ambitionen auf den WM-Titel nachdrücklich unterstrichen. Im nächsten Rennen dürfte sein McLaren-Bolide ähnlich wie in Spa schnell unterwegs sein, gute Gelegenheit, sich ein Pölsterchen zu verschaffen.
Red Bull: Stallorder oder nicht?
Ein Dilemma mehr gibt es aus dem Rennstall von Red Bull zu berichten: Stallorder oder nicht? Nachdem zwischen dem Zweitplatzierten Mark Webber und Sebastian Vettel einen deutlichen Abstand von 28 Punkten gibt, mehren sich die Stimmen, die eine klare Unterstützung von Mark Webber fordern.
Webber selbst und zahlreiche Medien favorisieren diesen Weg, in der Teamleitung ist man zurückhaltender. Sechs Rennen bedeutet maximal 150 WM-Punkte. Demgegenüber klingen 28 Zähler nicht mehr so dramatisch. Allerdings gibt es noch eine ganz andere Argumentationsweise für eine Stallorder.
Sebastian Vettel hat in Spa zum wiederholten Male in der laufenden Saison wenigstens unglücklich agiert. Viele Punkte sind auf dem langen Weg bislang verschenkt worden, es gibt keineswegs Wenige, die davon ausgehen, dass Vettel weiterhin Punkte vergibt. Das wäre das stärkste Argument für Webber und für eine Stallorder.
Ferrari: Alonso fällt zurück
Unter dem Strich muss man resümieren, dass Ferrari von dem Ausfall Vettels und Buttons profitiert hat, denn so konnte Felipe Masse immerhin einige WM-Punkte einstreichen, während Fernando Alonso einige Runden vor Schluss endgültig aus dem Rennen kegelte. Red Bull und McLaren-Mercedes waren einfach zu schnell für Ferrari.
Fernando Alonso hat somit seine Chancen auf den WM-Titel nicht verbessert, er hat 38 Zähler Rückstand auf Lewis Hamilton. Chancenlos ist der Spanier nicht, denn bei der neuen Regelung der Punktevergabe kann sich das Blatt sehr schnell wenden. Das jedoch gilt nicht mehr für Felipe Massa, der wohl nur noch rechnerische Chancen auf den Titel hat.
Das nächste Rennen wird in Italien, in Monza ausgetragen. Ferrari erhofft sich dort Rückenwind für die eigenen Ambitionen und kann diese nach dem Ausfall von Fernando Alonso in Spa auch gut gebrauchen. Allerdings gilt Monza als ideal für McLaren-Mercedes und das wäre die schlechte Nachricht für Ferrari.
Mercedes: Gut aus Verzweiflung
Unter dem Strich haben die beiden Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Michael Schumacher aus dem Rennen in Spa eine Menge gemacht: Nämlich aus Nichts immerhin 14 WM-Punkte. Das ist vor dem Rennen nicht zu erwarten gewesen, denn Rosberg startete von Rang 14, Schumacher von Position 21.
Bei dieser Startaufstellung rechnet man mit wenig bis nichts und so gesehen hat sich der Ausflug nach Belgien für Mercedes durchaus gelohnt. Anders gesehen herrscht bei Mercedes Verzweiflung. Die Saison ist eine Katastrophe, mit dem Titel in der Formel 1 hat man nurmehr noch theoretisch zu tun. Schumacher ist Zehnter mit 44 WM-Punkten und weit abgeschlagen. Rosberg immerhin Achter mit 102 Zählern.
Das schlägt sich in der Teamwertung nieder: Hier muss sich Mercedes immer heftiger den Attacken von Renault wehren, nachdem dort auch der zweite Fahrer neben Robert Kubica regelmäßig punktet. Nach oben geht nichts, aber auch gar nichts. In der aktuellen Saison durchfährt Mercedes ein finsteres Tal mit der Hoffnung auf 2011.
Renault: Jetzt punkten zwei
Zwischen dem Polen Robert Kubica und dem Russen Vitaly Petrov gibt es schon noch einen Klassenunterschied. Den kann man, wenn man will, in Zahlen ausdrücken: 104 zu 19. Das sind die WM-Punkte, die Kubica und Petrov bislang erbeutet haben und die sprechen eine klare Sprache.
Doch gilt auch in der Formel 1 eine Art der Relativitätstheorie: Kubica ist kein Frischling, sondern ein erfahrener Fahrer, während Petrov aus dem Formel 1-Neulingsland Russland kommt. Er hat ein bisschen gebraucht, um in Schwund zu kommen – jetzt ist er es. Drei Rennen in Folge hat er gepunktet, jetzt wieder.
Kubica konnte gleichzeitig zum dritten Mal in der laufenden Saison auf Podium steigen, nicht schlecht für den überraschend stark fahrenden Polen. Kubica ist wichtig für Renault, der französische Rennstall aber nicht unbedingt für den Polen, denn der könnte mit seiner Leistung bei anderen Begehrlichkeiten wecken.
Force India stellt besten Deutschen in Spa
Nicht Sebastian Vettel, auch nicht Nico Rosberg oder Michael Schumacher, sondern Adrian Sutil von Force India ist der beste deutsche Fahrer in Spa gewesen. Force India konnte elf Punkte aus Belgien mitnehmen, zehn davon gehen auf das Konto von Sutil, der sich damit an Michael Schumacher auf Rang neun vorbeischieben konnte.
Sutil ist der wesentliche Faktor dafür, dass Force India hinter Renault das beste Mittelfeldteam stellt und vor Williams, Sauber und Toro Rosso rangiert. Teamkollege Vitantonio Liuzzi hat in Spa nur einen Punkt erbeutete, mit 13 Zählern ist er gegenüber Sutil deutlich abgeschlagen.
Für die weitere Planung beim ehrgeizigen Force India Team dürfte der zeitweise durchaus recht heftig kritisierte Fahrer eine wichtige Rolle spielen, denn schon jetzt zeigt seine Leistungskurve nach oben. Für den Sprung weiter nach vorn, den Force India anpeilt, wird Sutil gute Chancen auf eine Teilhabe besitzen, Liuzzi deutlich geringere.