Formel 1: Red Bulls Waterloo
24.10.2010
Ist das bereits die vernichtende Niederlage für den Rennstall Red Bull Racing in der Formel 1-Saison 2010 gewesen? Eine Doppelnull im drittletzten Rennen, während der ärgste Konkurrent siegt, punktet und die Führung in der WM-Wertung erringt, klingt nach Waterloo. Auch in der Teamwertung, die Red Bull deutlich angeführt hat, ist das Ende offen.
Fernando Alonso hat der erste Auftritt der Formel 1 in Südkorea ein großes Geschenk gebracht: Mit einem Sieg, dem dritten in vier Rennen, ist der Spanier an die Spitze des Feldes gerückt. Dort sitzt er auf einem Punkte-Berg von 231 vor Mark Webber, der nun mit 220 Punkten elf Zähler Rückstand hat.
Lewis Hamilton hat sich mit 18 Punkten Beute als Zweiter noch seine theoretischen Chancen erhalten können, ihm fehlen 21, was sich bei einem Ausfall von Alonso schnell aufholen lässt. Zwischen diesen drei Fahrern wird die WM wohl ausgemacht, denn Sebastian Vettel kommt jetzt schon auf einen Rückstand von 25 Punkten.
Jenson Button ist damit aus dem Spiel. Der Brite muss seine Titelverteidigungsambitionen angesichts eines Rückstandes von 42 Punkten wohl begraben. Alle vor ihm liegenden Fahrer müssten schon in beiden Rennen arg patzen, damit Button noch die Möglichkeit haben würde, um doch noch die WM-Krone zu ergattern.
Ferrari mit der Alonso-Show
Ohne den Ausfall von Sebastian Vettel hätte es vorn an der Spitze des Feldes keine derart tiefgreifenden Verschiebungen gegeben. Alonso ist durch den kapitulierenden Motor seines Konkurrenten zu mindestens sieben Punkten mehr gekommen, als er sonst errungen hätte. Damit wäre er nicht der Führende in der Wertung, sondern Vettel.
So aber kann sich der Spanier in besonderem Glanz sonnen. Drei von vier Rennen gewonnen, von sieben Läufen sechsmal auf dem Podium und viermal davon ganz oben: Fernando Alonso hat einen Lauf. Der ist eingeleitet worden durch die wenig erfreuliche Team-Order-Affäre, was weder Alonso noch Ferrari wurmt, von den Fans ganz zu schweigen.
Mit dem Sieg in Südkorea steht der WM-Titel Nummer drei auf der Agenda. Durchaus selbstbewusst hatte Alonso ja bereits vor geraumer Zeit verkündet, er werde den WM-Sieg erringen. Nach dem jüngsten Sieg und der Führung im Klassement scheint das tatsächlich nicht als Großsprecherei zu enden, sondern Realität zu werden.
Red Bull: Debakel durch Doppelnull
Wenn die Rennleitung von Red Bull geahnt hätte, was der Trip nach Südkorea zum neu errichteten Rennkurs bringen würde, hätte man wohl gleich nach Brasilien fliegen und in Asien lediglich einen Abgesandten mit Geschenkpapier stationieren können. In Rot mit gelbem Schleifchen.
Denn nichts als ein großes Geschenk ist es gewesen, was Red Bull der Konkurrenz gemacht hat. Mark Webber hatte allen Grund mit sich zu hadern, denn er hat seinen zweiten Platz im Rennen durch einen kapitalen Fehler einfach aus dem Fenster geschmissen – und nebenbei noch Nico Rosberg von der Bahn gefegt.
Statt sichere Führung mit großen Punktepolster stand am Ende eine Null und der Verlust der Führung in der Fahrerwertung unter dem Strich. Bitter für Mark Webber, der seine wohl letzte Chance auf den WM-Titel schwinden sieht. Zum Zeitpunkt, da Webber seine Punkte weggeworfen hat, lag Vettel noch vorn.
Webbers Ausfall hätte Vettels Sieg leicht geschmälert, weil so Konkurrent Alonso als Zweiter schon mehr eingesackt hätte. Durch eine Motorpanne ist aber auch Sebastian Vettel um den Lohn der guten Arbeit gebracht worden. Red Bull hatte bis zu dem Zeitpunkt viel richtig gemacht – da griff der Technik-Gott mal wieder zum Blitz.
McLaren gibt Titel noch nicht ganz verloren
Jenson Button hat in Südkorea das Schicksal der Red Bulls zumindest in einem Punkt geteilt: Ihm blieben WM-Punkte vorenthalten. Damit ranigert der Titelverteidiger zwei Rennen vor Schluss mit einem Rückstand von 42 Punkten auf Rang fünf. Ein erneuter Griff nach der Formel 1-Krone ist so extrem unwahrscheinlich geworden.
Trotzdem ist man nicht ganz aus dem Rennen – und auf Jenson Buttons Leistung angewiesen. Denn Lewis Hamilton hat gepunktet und sich weiter nach vorn geschoben. Zwar sind 21 Punkte immer noch reichlich, doch ist das zumindest aufholbar, auch ohne göttlichen Beistand anrufen zu müssen.
Schließlich ist McLaren auch noch in der Teamwertung mit dabei und könnte Red Bull noch den Sieg rauben – vorausgesetzt, Jenson Button fährt in den verbleibenden beiden Rennen stark genug. Gegenüber Ferrari sieht sich Hamilton hinsichtlich der Leistung seines Boliden etwas im Nachteil – was bis Brasilien aber ausgeglichen sein soll.
Mercedes: Gemischtes Resultat
Das Rennen in Südkorea hat für Mercedes GP ein gutes und ein schlechtes Ende genommen. Während Nico Rosberg durch eine Kollision mit Mark Webber aus dem Rennen gekegelt wurde, konnte Michael Schumacher mit einem vierten Platz immerhin zwölf Zähler einholen. Mercedes hat gezeigt, was es derzeit kann.
Michael Schumacher ist mit dem vierten Platz wieder der Sprung aufs Podium verwehrt geblieben. Es wäre das erste seit seinem spektakulären Comeback ins Formel 1-Renngeschäft gewesen. So hat Schumacher immerhin gepunktet – und sich mit einem Überholmanöver hervorgetan.
Sein später vom Rennpech verfolgter Kollege nicht minder, denn auch Nico Rosberg konnte sich zu Rennbeginn mit einem großen Überholmanöver gegen keinen geringeren als Lewis Hamilton durchsetzen. Mercedes sieht sich gut gerüstet – für das Saisonfinale und vor allem für die kommende Saison, wenn man wieder ganz oben mitmischen will.
Renault: Punkte und Gerüchte
Im Hause Renault ist der GP in Südkorea im Grunde so gelaufen, wie viele andere Rennen auch. Robert Kubica hat einen fünften Platz erkämpft und gepunkte, Vitaly Petrov hingegen ist trotz einer sehr achtenswerten Rennleistung, die ihn aus dem hinteren Feld in die Punkteränge führte, gescheitert.
Das Ergebnis führt zu ausnehmenden Spekulationen um beide Fahrer. Robert Kubica wurde mit Ferrari in Verbindung gebracht, offenkundig als Ersatz für Felipe Massa, der im Schatten von Fernando Alonso seine Runden dreht. Doch das hat der Pole zunächst dementiert. Vitaly Petrov steht dem Vernehmen nach wieder / immer noch auf der Abschuss-Liste.
Lotus schnuppter Höhenluft
Wieder hat es nicht ganz gereicht für den Rennstall von Lotus. Unter dem Strich steht ein dreizehnter Platz und ein Ausfall für den Auftritt in Südkorea. Doch der Rennverlauf hatte dem Team durchaus mehr in Aussicht gestellt, doch Jarno Trulli musste seinen Rennwagen früher abstellen, als erhofft.
So blieb nur der gute Platz von Heikki Kovalainen. Und die Aussicht auf mehr. Denn Lotus ist das Team unter den Neulingen, dem von Anfang an durchaus hochfliegende Ambitionen zugesprochen wurden. Nach und nach ist es dem Rennstall gelungen, sich nach vorn zu arbeiten – 2011 soll noch mehr folgen.