Formel 1: Vettel - Siegesserie 2.0?
06.05.2011
Vor dem vierten Rennen der Formel 1-Saison 2011 un der Türkei drehen sich viele Berichte über den Rennsport gar nicht um die sportlichen Aspekte. Stattdessen wird spekuliert, dass es die letzte Station am Bosporus sein könnte, auch wenn sich viele Fahrer freuen, dort ihre Runden drehen zu können. Doch das ist keineswegs alles:
Wenn der Name Formel 1 fällt, dann denken wohl die meisten Menschen an die Rennserie, den aktuellen Weltmeister und andere sportliche Aspekte. Dabei ist die Formel 1 auch ein wirtschaftliches Unternehmen, organisiert als Holding mit diversen Beteiligungen und einem gewissen Bernie Ecclestone als Chef an der Spitze.
Und in der doch recht üppigen Pause rund um Ostern, in der die Formel 1 den Sprung aus Fernost Richtung Europa unternimmt und in der Türkei quasi an der Grenze Asiens und Europa gastiert, stand nicht das Motorengedröhn der Formel 1 im Vordergrund, sondern die Firma. Die nämlich soll übernommen werden. Angeblich.
Wie in solchen Fällen üblich, hat das für ordentlichen Theaterdonner gesorgt. Ecclestone hat öffentlich seinen Unmut über die Berichte und seinen Unglauben an eine Übernahme geäußert. Eine Art mediale Vorwärtsverteidigung für beide Eventualitäten. Denn Ecclestone wäre in diesem Falle nicht alleiniger Herr der Lage.
Denn die Mehrheit der Formel 1 gehört CVC, einer Finanzgesellschaft. Derlei will nicht für die Ewigkeit investieren, sondern bisweilen auch einmal Kasse machen. Sofern ein gutes Angebot kommt – und hier kommt Exor ins Spiel, ebenfalls eine Finanzgesellschaft, die mit dem Agnelli-Imperium verbunden ist.
Zweiter im Boot könne der Medientycoon Murdoch sein, heißt es, nämlich in Gestalt der News-Corporation. Sollte sich das irgendwann einmal in der Realität umsetzen, könnten weitreichende Umwälzungen folgen. Doch die Kombination Agnelli-FIAT-Ferrari dürfte andere Teams eher abschrecken, mehr jedenfalls als Ecclestone.
Zurück zum Sport
Vor dem vierten Rennen in der Formel 1-Saison 2011 hat sich das Feld schon etwas sortiert. Ganz vorn steht Red Bull mit Weltmeister Sebastian Vettel, nicht ganz so einsam, wie man nach zwei Rennen hätte vermuten müssen. Im dritten Rennen gelang nur der Ritt zur Pole Position, Sieger wurde McLaren-Pilot Lewis Hamilton.
Doch 105 WM-Punkte als Team und damit 30 Zähler Vorspung in der Teamwertung sind nicht schlecht. Ferrari liegt als dritte Kraft noch einmal 35 Punkte dahinter, während die Möchtegern-Spitzekraft Mercedes GP wieder weit abgeschlagend auf Platz fünf mit kümmerlichen 16 Punkten steht.
Unter die ersten vier hat sich wie schon 2010 Renault gemogelt. Alles wie gehabt, könnte man sagen, doch das stimmt nicht ganz. Red Bull und vor allem Sebastian Vettel sind jetzt schon vorn, wo sie 2010 erst ganz am Ende standen. Seinerzeit waren sie schon schnell, jetzt kommt auch noch die nötige Stabilität hinzu.
McLaren macht scih nach Hamiltons Sieg durchaus weiter Hoffnungen, schon jetzt konkurrenzfähig zu sein, während Ferrari wohl noch ein gutes Stück vom Führenden entfernt zu sein scheint. Bitter ist es für Mercedes: Saison zwei startet mit dem gleichen Dilemma wie Saison eins.
Auf der anderen Seite der Formel 1-Welt geht es um den Aufstieg aus dem Schattenreich. Drei Teams sind bekanntlich 2010 zum Rennzirkus gestoßen und haben sich in ihrer Jungfernsaison recht und schlecht geschlagen. Jetzt verdichten sich die Anzeichen, dass zumindest Lotus langsam Richtung Mitte aufsteigen könnte.
Red Bull: Siegesserie 2.0?
Für das Team von Red Bull, das einen guten Start in die neue Formel 1-Saison geschafft hat, ist die Erinnerung an das Türkei-Rennen 2010, im Meisterjahr, nicht so rosig. Auch wenn es im Nachhinein wie eine Episode erscheint: Die Kollision zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel hätte zu einer Katastrophe führen können.
Auf dem Weg zu einem Doppelsieg gerieten sich die beiden Fahrer in die Haare, mit dem Erfolg, dass am Ende nur ein dritter Rang heraussprang und eine Nullnummer. Intern stand der Rennstall vor der Herausforderung, das Feuer zu löschen, was zumindest halbwegs gelang – ohne eine Stallregie einführen zu müssen.
2011 geht es bei Red Bull um KERS: Das hat bislang nicht sonderlich viel bewirkt. Erst fehlte es ganz, dann funktionierte es nicht richtig. Die Osterpause soll das System in der heimischen Fabrik augepeppt worden sein und funktionieren. Vettel will darauf aufbauen und eine neue Siegesserie starten.
McLaren: Der zweite Streich?
Gern denkt man im Hause McLaren an den letzten Formel 1-Auftritt in der Türkei zurück: Doppelsieg aus schier aussichtsloser Position für Lewis Hamilton und Jenson Button, dazu die feine Aussicht auf einen Stallkrieg beim schärfsten Konkurrenten Red Bull, wo die Fetzen flogen.
Da Szenario und die nachfolgende Aufholjagd gegenüber den bockstarken Red Bulls möchte man gern 2011 wiederholen, möglichst mit Happy End in Form des WM-Titels. Den technologischen Rückstand gegenüber den Red Bull Boliden will man per Updates verringern, die in der Türkei zum Einsatz kommen.
Doch der Blick richtet sich nicht nur nach vorn, sondern auch in die andere Richtung, wo Ferrari bislang eher schwächelte. Der Red Bull-Jäger könnte fix zum Gejagten werden, wenn sich die Ferraristi endlich aus ihrem Loch befeien. Und auch Red Bull wird zulegen – zunächst per funktionierendem KERS.
Ferrari: Auf der Suche nach dem Speed
Der Start in die Formel 1-Sasion 2011 ist bei Ferrari misslungen. In der Teamwertung hat man ordentlich Rückstand auf Red Bull, bei den Fahrern sind die beiden Red Bull- und McLaren-Piloten schon enteilt. Fernando Alonso rangiert mit 26 Punkten hinter Mark Webber (37 Zähler) und zwei Punkte vor Felipe Massa.
Gemessen am Anspruch ist das viel zu wenig, denn es geht für Ferrari darum, ganz vorn mitzuspielen und nicht um die Plätze zu kämpfen. Die Türkei soll möglichst den ersten Schritt nach oben bringen, denn hier hat zumindest Felipe Massa schon einigemale gewinnen können.
Mit von der Partie sind verbesserte Autos, die das Geschwindigkeits-Defizit gegenüber den Führenden verringern helfen sollen. Da aber auch McLaren und Red Bull nicht geschlafen haben, stapelt man im Hause Ferrari tief: Ein Sieg wäre schön, sei aber nicht unbedingt zu erwarten.
Mercedes: Die Trauben hängen tief
Eigentlich kann es nur besser werden: Einer Nullnummer zum Auftakt folgte ein Kümmer-Rennen mit zwei Zählern und eines mit immerhin 14 für das gesamte Team. Mercerdes hat einen Fehlstart aufs Formel 1-Parkett gelegt, der sich gewaschen hat. Zudem haben Pannen einen nicht unbedingt professionellen Eindruck hinterlassen.
Die Hoffnungen ruhen auf Nico Rosberg, der schon in Shanghai das Feld eine gewisse Zeit anführen konnte. Doch die Unbeholfenheit beim Boxenstopp hat den Sieg-Träumen ein jähes Aus bereitet. Das soll nicht mehr passieren, statt dessen will man endlich angreifen. Das muss wohl auch sein, denn Rosberg könnte den Rennstall auch verlassen.
Bei Red Bull wird vielleicht ein Cockpit frei, bei Ferrari gilt Massa auch nicht als unangefochten. Da Michael Schumacher nicht in Tritt kommt, steht Mercedes vor einem tiefgreifenden Problem. Umgekehrt fehlt Rosberg der Sieg – und damit der nötige Motivationsschub, das Talent in einen Titel zu bringen.
Renault: Auf Attacke gepolt
Das Renault-Team hat in den beiden ersten Rennen jeweils einen Podestplatz erringen können, während der andere Fahrer leer ausgegangen ist. Im dritten Rennen gab es magere zwei Zähler, die Erfolgssträhne war also sehr kurz geraten. Entsprechend ehrgeizig ist das Team für den Auftakt in Europa.
Mit einigen Neuerungen im Gepäck will das Team wieder ganz oben angreifen und punkten. Dabei handelt es sich nicht um ein großes Update für den Boliden, sondern um kleinere Teile und einige kritische Analysen des Rennablaufs in China. Die Fehler dort werde man nicht wiederholen, lautet die Kampfansage.