Formel 1: Vettel fährt auf und davon
09.05.2011
Was für eine Wiedergutmachung! Vor einem Jahr noch hatte Red Bull beim Formel 1-Rennen in Istanbul einen Tiefpunkt erreicht, der alle WM-Ambitionen zu beerdigen schien. Aus der Doppel-Pole wurde ein Debakel. Ein Jahr später haben Sebastian Vettel und Mark Webber Red Bull mit einem Doppelsieg früh in der Saison auf WM-Kurs gebracht.
Mit stolzen 93 WM-Punkten führt Sebastian Vettel das Fahrerfeld an. Am Ende der Saison 2010 hatte er 256 – nach vier Rennen ist Vettel schon auf mehr als ein Drittel der Punkte gekommen. Bei der Teamwertung ist der Abstand von Red Bull auf McLaren durch den ersten Doppelsieg auf 43 Zähler gestiegen.
Vettel folgen vier Fahrer – Lewis Hamilton (59), Mark Webber (55), Jenson Button (46) und Fernando Alonso (41) – mit mehr als 34 Punkten Abstand. Zur nächsten, wesentlich dichter beieinander liegenden Vierergruppe, gibt es 17 Punkte Abstand: Massa (24), Heidfeld (21), Petrow (21) und Rosberg (20).
Schon nach vier Rennen hat sich das Feld erheblich sortiert, ganz vorn die beiden Top-Rennställe Red Bull und McLaren, Ferrari in Lauerstellung, Renault auch ohne Kubica gut mit dabei und Mercedes mit einem weiteren abgründig schlechten Saisonstart. Vor allem Michael Schumacher bleibt ein Debakel.
Red Bull: Glanzvoller Auftritt in Istanbul
Ein Doppelsieg ist immer etwas Besonderes im Formel 1-Rennsport. Das gilt erst recht für jenen, den Red Bull am Wochenende in Istanbul erzielen konnte. Denn der steht in krassem Gegensatz zu den Ereignissen am gleichen Ort ein Jahr zuvor: Sebastian Vettel und Mark Webber crashten und schienen das Team in einen Abgrund zu stürzen.
Ein Jahr später konnte die erneute Doppel-Pole vollständig ausgenutzt werden. Ein Start-Ziel-Sieg von Sebastian Vettel und ein zweiter Platz für Mark Webber dank eines starken Angriffs auf Fernando Alonso im Ferrari in der Endphase des Rennens. Mit rundum zufriedenen Gesichtern hat sich das Red Bull Team auf den Heimweg machen können.
Red Bull dominiert die Formel 1 in der ersten Post-Weltmeister Saison. Nach gut einem Fünftel der Rennen haben sich die Chancen auf eine Verteidigung der Titel deutlich erhöht, die Konkurrenz ist zwar noch nicht geschlagen, kommt aber bestenfalls aus der Defensive. Bestechend ist in diesem Jahr die Konstanz, das Auto kommt gut über die Runden.
Vor allem aber scheint es teamintern wieder gut zu funktionieren. Wie schon in der Vorsaison hat das Team auf eine Stallhierarchie verzichtet, beide Fahrer können gegeneinander kämpfen. Das ist gut für den Sport, gut für die Fans und nicht unbedingt schlecht für den Erfolg, wie 2010 gezeigt hat.
McLaren: Nicht auf dem Treppchen und…
… nicht ganz im Reinen mit sich. Der erste Saisonsieg beim GP von China hatte die Hoffnungen beflügelt, Red Bull doch Paroli bieten zu können. Das hat sich beim ersten Auftritt danach nicht bestätigt, es hat an der Schnittstelle von Asien und Europa nicht einmal zu einem Treppchen gereicht.
Es ist schon bezeichnend, dass Lewis Hamilton nach dem Rennen als das mögliche Maximum Rang zwei bezeichnet hatte – wäre er nicht hinter Alonso und Button zurückgefallen. Von dem davonfliegenden Vettel keine Rede! Stattdessen haben Button und Hamilton wie im Vorjahr gegeneinander um die Plätze gekämpft.
Der Kampf hat letztlich nicht viel für McLaren gebracht, denn statt auf Red Bull Boden gutzumachen, hat Alonso den Rennstall noch Punkte gekostet, denn der Ferrari-Fahrer hat sich zwischen die beiden derzeit führenden Teams geschoben. Für McLaren gibt es noch sehr viel Arbeit, um mit Red Bull auf Augenhöhe zu kommen.
Ferrari: Hoffnung für die Attacke auf Vettel
Man kann nicht behaupten, Ferrari wäre in die Formel 1-Saison 2011 schlecht gestartet. Sonderlich gut aber auch nicht, denn mit dem Kampf um die Spitze hat Ferrari in beiden Klassements nichts zu tun. Noch nicht, denn das sollte sich im Saisonverlauf ändern. Derzeit aber ist Renault dichter an Ferrari als die an McLaren, ganz zu schweigen von Red Bull.
Trotzdem ist Ferrari nicht unglücklich aus der Türkei abgereist. Fernando Alonso hat immerhin den dritten Rang erreicht und damit sein bestes Saisonergebnis. Gemessen an der spielerischen Leichtigkeit, mit der Red Bull seit langem die Qualifyings beherrscht, ist das schon als Erfolg zu werten. Bester hinter Red Bull.
Fernando Alonso hält damit Tuchfühlung in der Gruppe der Verfolger, allerdings schon 18 Punkte hinter Lewis Hamilton. Aber: Gefühlt hätte Alonso mit Vettel kämpfen können, meinte der Spanier, was ihm Nico Rosberg verwehrte, den er erst langwierig niederkämpfen musste.
Renault sorgt für spektakuläre Zweikämpfe
Nicht nur im Hause McLaren kämpften die Fahrer heftig gegeneinander, auch bei Renault ging es spetakulär und letztlich glücklich zur Sache. Nick Heidfeld und Vitaly Petrov fochten einen harten Kampf gegeneinander, der beiden fast hätte zum Verhängnis werden können, doch am Ende standen beide in den Punkterängen.
Heidfeld war mit Rang Sieben nicht sonderlich glücklich, trotz der Zufriedenheit über die Punkte und der Startposition neun. Auch Petrov ist mit Rang acht nicht voll zufrieden gewesen, denn ihn hatte eine Berührung mit Michael Schumacher in der ersten Runde, die ihn ins Feld zurückgeworfen hat.
Renault kann mit dem bisherigen Saisonverlauf durchaus zufrieden sein. 42 WM Punkte, jeweils 21 für Heidfeld und Petrov, ein Platz vor Mercedes und nicht allzu weit von Ferrari entfernt und das alles trotz des Ausfalls von Robert Kubica – mit einiger Zuversicht kann sich der Rennstall auf die nächsten Rennen vorbereiten.
Mercedes: Wie lange macht Schumacher noch?
Das vierte Rennen der Formel 1-Saison 2011 ist für Mercedes GP allgemein und Michael Schumacher im Besonderen schlecht verlaufen. Wie schon im Vorjahr gurkt der Ex-Weltmeister hinterher, die Punkteausbeute ist grottig und gegenüber dem teaminternen Komkurrenten bekommt er keinen Stich.
Wie lange geht das noch? Im Jahr zwei des Comebackversuchs muss dieser wohl als gescheitert betrachtet werden. Denn trotz der frühen Entwicklung eines neuen Boliden in der Vorsaison fährt Mercedes mit weitem Abstand hinter den anderen Spitzenteams und Renault hinterher.
Schumacher ist dabei bislang anders als Nico Rosberg eher ein Klotz am Bein, was sich schleunigst ändern sollte, um nicht endgültig in einem grandiosen Debakel zu enden. Schumacher wäre nicht der erste Comeback-Spitzenstar, der sich mächtig blamiert; und voraussichtlich nicht der letzte.
Lotus kämpft sich weiter nach vorn
Im vierten Saisonrennen der Formel 1 2011 ist es Lotus nicht gelungen, einen oder mehrere Fahrer der etablierten Teams abzufangen. Mit Rang 18 und 19 ist man immerhin besser gewesesen als die beiden anderen Teams, zum Teil mit beachtlichem Vorsprung. Doch ist man bei Lotus weitmehr zufrieden, als die Zahlen nachlegen.
So hat Jarno Trulli von einem starken Start berichtet, der sich allerdings im Gedränge nicht in einem Sprung nach vorn niedergeschlagen hat. In Barcelona soll sich das ändern, auch weil hier ein neues Update den Lotus-Boliden weiter verbessern soll. Dann soll den Mittelfeldteams endgültig der Fehdehandschuh hingeworfen werden.
Kollege Heikki Kovalainen hatte mehr zu kämpfen als Trulli, weil ihn auch noch technische Zipperlein an einer reibungslosen Ausübung seiner Tätigkeit hinderten. So gesehen ist die Zielankunft durchaus hoch zu bewerten – auch weil sich bei der Zuverlässligkeit eine gewisse Konstanz etabliert hat.