Formel 1: Vettels Fortuna im Casinorennen
29.05.2011
Sechstes Rennen, fünfter Sieg: Sebastian Vettel ist in der Formel 1 nicht zu halten. Zumindest von der Papierform her ist er in einer dominanten Position. Doch für das Rennen von Monaco gilt das nicht so unumwunden, denn ohne die Hilfe günstiger äußerer Umstände wäre er möglicherweise nicht als Sieger aus dem Rennen gegangen.
Denn es war eine Rennunterbrechung dicht vor dem Ende des Grand Prix, die es Vettel erlaubte, neue Reifen aufzuziehen, die ihm im Kampf gegen Fernando Alonso und Jenson Button halfen. Zuvor hatte sich Vettel gegen den heranstürmenden Button und den schnellen Alonso verteidigen müssen.
Nach dem Rennen war man geteilter Meinung, ob die Unternbrechung ausschlaggebend gewesen ist: Red Bull Teamchen Christian Horner etwa vertrat die Meinung, Vettel hätte sich auch mit den verbrauchten Reifen durchgesetzt. Alonso hat das bestritten, Button ebenfalls, denn der hatte auch noch sehr gute Reifen.
Auslöser des Wirwarrs zum Ende des Rennens, der aus der Formel 1 an passendem Ort ein Casino ist der Russe Vitaly Petrov gewesen, der einen schweren Unfall fabrizierte. Petrov ist allerdings nicht der Ursprung des Unfalls gewesen, ihn hat es infolge einer regelrechten Kettenreaktion aus dem Rennen gehauen.
Immerhin geht es Petrov relativ gut, der Unfall erwies sich in der Rückschau als vergleichsweise harmlos. Für den Rennverlauf hatte er allerdings wesentliche Auswirkungen, denn die Attacke auf den bislang führenden Vettel wurde aufgelöst. Damit ging der atemberaubende 62 Runden währende Lauf von Vettel mit einem Reifensatz auf.
Vettel: Sieg mit Fortunas Hilfe
Der Formel 1-Lauf von Monaco ist mit Fortunas Hilfe zugunsten des führenden Sebastian Vettel entschieden worden. Das Rennen hatte für Vettel eine Reihe von Höhen und Tiefen, mit glücklichem Ausgang: Ganz zu Beginn schien Vettel davonzueilen, einem Start-Ziel-Sieg entgegen, doch ein verpatzter Boxenstopp verschaffte der Konkurrenz den Sprung an die Spitze.
Vettel musste also zunächst einmal Button hinterherfahren, versuchen, den Abstand im beherrschbaren Maß zu halten. Die erste Safety-Car-Phase nutzte Vettel für das große Spiel: Button war an der Box gewesen, Vettel blieb im Rennen – mit der Absicht, durchzufahren. Ein sehr riskantes Spiel.
Auch Vettel glaubt, er hätte sich erfolgreich gegen Alonso und Button verteidigen können. Gezielt hatte er seine Reifen geschont, darauf gebaut, dass Überholen in Monaco fast unmöglich ist. Der Neustart des Rennens hat diese Frage aber ohnehin zu seinen Gunsten entschieden.
Auch Teamkollege Mark Webber wurde durch den verunglückten Boxenstopp zurückgeworfen. Endlos stand Webber, ehe das Team bereit war. Das hat den Australier zahlreiche Plätze gekostet und ihm die Chance genommen, vorn zu attackieren – Platz vier ist immerhin noch ein Trost am Ende.
McLaren: Bittere Pille in Monaco
Der Rennstall von McLaren darf Trauer tragen. Zwar haben Jenson Button und Lewis Hamilton in Monaco punkten können und mit insgesamt 23 den Abstand zu Red Bull nicht allzu weit anwachsen lassen, doch herrschte im Nachinhein Verärgerung. Darüber, dass Jenson Button nur Dritter wurde und nicht Sieger.
Button, so die Meinung des Rennstalls, hätte siegen können. Hamilton nicht, der war bereits mit einem Handicap aus dem Qualifying gekommen und ohne sonderlich große Chancen ins Rennen gegangen. Im Rennen selbst ist er noch mit Pastor Maldonado ins Gehege gekommen, unter dem Strich stand ein Platz sechs.
Button hingegen führte das Rennen eine Zeit lang an, doch hat ihm die Poker-Strategie von Vettel im Verein mit dem späten Rückenwind aus dem Rennverlauf einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei McLaren sieht man sich nicht belohnt für einen technologischen Sprung, hofft aber auf Siege in den nächsten Rennen.
Von den Zahlen her hat das Rennen in Monaco die Chancen der beiden McLaren-Piloten und des Rennstalls insgesamt deutlich verschlechtert: Vettel führt mit stolzen 58 Punkte, was auch in der Zeit der WM-Punkte-Inflation mehr als eine Welt ist. Etwas besser ist die Lage bei der Teamwertung.
Ferrari: Alonsos Attacke wird abgeblasen
Auf Rang zwei ist Fernando Alonso in Monaco ins Ziel gekommen, der Teamkollege von ihm, Felipe Massa, hat es nicht ins Ziel geschafft. Mit vergleichsweise frischen Reifen konnte Alonso zum Angriff auf Sebastian Vettel blasen, der mit seinen antiken Pneus unterwegs war und unter Druck stand.
Kurz vor Rennende hatte Vettel den Spanier im Nacken, der wollte es in jedem Fall wissen und attackieren. Doch die Rennunterbrechung beedete den finalen Kampf, ehe dieser überhaupt richtig in Gang kam. Alonso hatte nämlich zuvor durchaus Probleme, einen Ansatzpunkt zu finden, trotz besserer Reifen.
Denn Vettel hatte eine gute Traktion aus der Zielkurve heraus – für die DRS-Zone danach war er also immer mit einem kleinen Polster aus Zeit versehen, das Alonso bremste. Dennoch hätte sich der spanische Ex-Weltmeister versucht, auch auf die Gefahr einer Kollision hin. Denn, ganz richtig: Nur Vettel hatte hier viel zu verlieren.
Mercedes: Der Alptraum geht richtig los
Für Mercedes GP geht der Alptraum weiter. Null Punkte für Nico Rosberg, null Punkte für Michael Schumacher. Die Formel 1-Saison hat ihren ersten Tiefpunkt erreicht, zumindest für das ambitionierte Mercedes-Team. Das kämpft nicht um Siege, sondern mit Renault um den vierten Platz.
Schon der Beginn des Rennens war für Michael Schumacher eher unangenehm, denn er wurde von Rang fünf auf zehn durchgereicht. Beide Fahrer rangen mit ihren stark nachlassenden Reifen, was sehr viel früher durchzuführende Boxenstopps mit sich brachte, als geplant.
Die optimistische Ansicht nach dem Qualifying, dass beide Fahrer durchaus mit Chancen ausgestattet sein würde, erwies sich als trügerisch. Statt dessen muss man sich ihm Hause Mercedes nun mit der Frage nach den Ursachen für die technischen Zipperlein herumschlagen, die nicht abzusehen waren.
Renault: Heidfeld hui, Petrov mit Glück im Unglück
Einen deftigen Unfall erlebte der russische Rennfahrer Vitaly Petrov beim Gastspiel der Formel 1 in Monaco. Großes Pech für Petrov, der einen starken Start mit doppeltem Positionsgewinn hatte. Nach dem Boxenstopp hing er zwar nicht Kobayashi fest, doch bestand weiterhin die Aussicht auf reiche Punkteernte.
Während Petrov also leer ausging, konnte Nick Heidfeld ein starkes Rennen fahren und sich von Rang fünfzehn auf acht verbessern und immerhin ein paar Punkte retten. Doch richtig glücklich darüber war niemand im Rennstall, denn es hätte deutlich mehr Punkte sein können; Heidfelds vier sind ein schwacher Trost.
Force India: Adrian Sutil punktet endlich wieder
Die Formel 1-Saison 2011 ist für den aufstrebenden Rennstall Force India bislang enttäuschend verlaufen. Magere vier WM-Punkte sind es vor dem Rennen gewesen, damit lag nur noch Williams von den etablierten Teams hinter Force India. Das Rennen von Adrian Sutil, der sechs Zähler einheimste, hat das geändert.
Dabei ist nicht einmal Sutils Konzept aufgegangen: Ein Stopp sollte es im Rennen sein, das hat ein Plattfuß durchkreuzt. Mit schwerwiegenden Folgen, denn das war der Auslöser für die entscheidende Safety-Car-Phase, die Vettel zum Sieg verhalf. Sutil konnte Reifen erneut wechseln und den errungenen Platz verteidigen.