Motorsport

Formel 1: Auf und neben der Rennpiste

10.06.2011
Vor dem siebten Lauf der Formel 1 in der Saison 2011 dreht sich vieles wieder einmal um Begleiterscheinungen des Rennsports. Da wäre die schwebende Frage, ob man im Wüstenstaat Bahrain doch noch antreten werde, eingeschlossen eine bestenfalls windig zu nennende Aufklärungsoperation über die Lage im Wüstenstaat.

Die FIA hatte einen Funktionär nach Bahrain gesendet, der sich dort ein Bild über die Lage hätte machen sollen. Er kam zum Schluss, dass dort alles in bester Ordnung gewesen sei – wo doch ein Blick in Berichte seriöser Nachrichtenagenturen zur gleichen Zeit von einer Gerichtsverhandlung gegen Ärzte und Schwestern berichteten, die verletzte Regime-Gegner behandelt hatte.

Erwartungsgemäß hagelte es Proteste und zynische Kommentare, auch weil es bei der Abstimmung über die Frage, ob man in Bahrain antreten solle, launiger zuging als in jedem Karnevalsverein. Die Fia hat die Formel 1 in ein Licht gerückt, das einen langen, dunklen Schatten hervorzaubert.

Weiterhin Hamiltons verbaler Crash, der zu heftigen Verwerfungen führte. Der Shooting-Star des Jahres 2007 und Weltmeister des Jahres 2008 hatte sich auf der Rennstrecke mit aggressivem Verhalten hervorgetan und einige Strafen kassiert. Die Frage nach den Gründen für die vielen Strafen in den jüngsten Rennen hatte Hamilton grenzwertig gekontert.

Die von ihm gezogene Rassismus-Karte stach jedoch den Ausspielenden, der einen Canossa-Gang nötig werden ließ. Ohne Entschuldigung hätte Hamilton wohl eine heftige Strafe aufgebrummt bekommen – in Form einer Rennsperre. Der ist Hamilton gerade noch entkommen, doch weitere verbale Auslassungen lassen Fortsetzungen vermuten.

Zum Sport

Sportlich ist die Situation vor dem siebten Rennen recht eindeutig. Ganz vorn steht Sebastian Vettel mit stolzen fünf Siegen und einem zweiten Platz, was ihm enorme 143 WM-Punkte beschert. Besagter Lewis Hamilton folgt auf Rang zwei mit 85 Zählern, dem drei Fahrer relativ dicht auf den Fersen sind.

Mark Webber, Teamkollege Vettels bei Red Bull, mit 79 Zählern, Jenson Button mit 76, Mitstreiter von Hamilton bei McLaren-Mercedes und Fernando Alonso, der 69 Zähler hat. Das Verfolger-Quartett ist also relativ dicht beisammen, der Rückstand auf Vettel ist immens, die Aussichten auf den WM-Titel eher mau.

Weniger dramatisch ist die Lage bei der Teamwertung, denn hier ist der Rückstand von McLaren auf Red Bull mit 61 Punkten relativ gering. Allerdings liegt Ferrari mit 93 schon deutlich dahinter, ganz zu schweigen von Mercedes GP, das auf 40 Punkte kommt. Und die Saison schon aufgegeben haben soll.

Red Bull: Bange Blicke

Der erste Eindruck, den Red Bull in Kanada hinterlässt, ist ernüchternd. Denn Sebastian Vettel hat sich mit einem schweren Unfall selbst aus dem ersten Training gekegelt. Ein Fahrfehler ließ den Boliden an eine Mauer krachen, der möglicherweise zerstört worden ist. Vettel blieb zum Glück von schweren Verletzungen verschont.

Damit hat sich Vettels Zurückhaltung trotz des immensen Vorsprungs als berechtigt erwiesen. Der Führende hatte darauf hingewiesen, dass Probleme früh genug auftauchen könnten, was die Karten neu mischen würde. Wichtig wäre, auch diese Rennen ordentlich zuende zu fahren, um wichtige Punkte einzusammeln.

Der erste Trainingslauf hat schon gezeigt, was für „Probleme“ aus dem Nichts auftauchen können. Umgekehrt zeigt sich, dass Mark Webber offenkundig seine Karriere nicht beenden will. Red Bull hat verlauten lassen, dass Webber um eine Vertragsverlängerung gebeten hat. Obgleich der Australier Vettel derzeit hinterherfährt.

Red Bull sieht das Angebot als durchaus interessant an, man strebt Gespräche für den Spätsommer 2011 an. Spekuliert wird, dass Webber den Platz im Cockpit ein weiteres Jahr besetzt, bis ein Nachwuchs-Mann von Toro Rosso als Nachfolger bereitstünde. Webbers Rückstand auf Vettel erklärt man sich mit den Reifen.

McLaren: Zum Glück mehr als Hamilton

Lewis Hamilton hat jüngst seinem Rennstall McLaren-Mercedes eher unrühmliche Schlagzeilen gebracht. Rein sportlich ist der schnelle Brite der ärgste Verfolger von Sebastian Vettel, offenkundig reicht dem Rang zwei allerdings nicht. Auch Jenson Button hat Vettel noch nicht wirklich attackieren können.

Für das Rennen in Kanada wartet Button allerdings mit einer interessanten Einschätzung auf. Ausgerechnet Mercedes soll dort besser als Red Bull und heftigster Konkurrent des eigenen Rennstalls sein. Mercedes! Jener Rennstall, dessen Fahrer bereits die Segel gestrichen haben. Grund für Buttons Idee: das beste DRS habe eben Mercedes.

Ferrari: Das Warten geht weiter

Fernando Alonso hat sich vor dem Rennen in Kanada verhalten pessimistisch gezeigt: Siegen, so der streitbare Spanier, werde man nicht können. Zumindest nicht aus eigener Kraft. Immerhin soll sich der Aufwärtstrend fortsetzen und den Ferrari näher an die Red Bulls und McLarens heranführen.

Die beiden Teams sieht Alonso vorn. Anders als Button verweist Alonso darauf, dass beide Teams auf allen bisherigen Strecken flott unterwegs gewesen wären, vor allem Red Bull natürlich, während McLaren aufgeholt habe. Bleiben Hoffnungen: auf Regen etwa oder ein Reifenkrimi wie in Monaco.

Doch gibt es noch ein großes Aber: Sowohl Fernando Alonso als auch Felipe Massa, der bislang abgeschlagen seine Runden dreht, haben die Hoffnung auf einen Titel nicht aufgegeben. Das Rennen in Monaco soll den beiden Fahrern den nötigen Schwung verleihen, um vorn richtig zu attackieren.

Mercedes: Segel streichen

Es läuft nicht für Mercedes: Nach sechs Rennen hat das gesamte Team magere 40 WM-Punkte eingefahren, weniger als Renault. Das ist bitter, denn auch die zweite Formel 1-Saison nach der Gründung und der Rückkehr von Michael Schumacher geht wohl den Bach hinunter. Jedenfall ist das die Einschätzung der Fahrer.

Im Rennstall ist man pessimistisch. Die beiden europäischen Rennen in Barcelona und Monaco waren Fingerzeige. Mercedes fährt immer noch hinterher und hat offenkundig keine großen Chancen auf den Sprung nach vorn. Und das liegt unter anderem an den Reifen, mit denen Mercedes hadert.

Ausgerechnet in dieser Situation geht es nach Kanada, wo die Reifen einer beharrlichen und stattlichen Attacke ausgesetzt sind. Das Auto ist hungrig nach Reifen, der Kurs ist es auch – alles andere als gute Aussichten. Nicht nur für das nächste Rennen, die gesamte Formel 1-Saison scheint verloren.





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