Motorsport

Formel 1: Verschwörung gegen Sebastian Vettel

13.06.2011
Den Göttern war es wohl zu viel: Die Pole Position Nummer 21, die sechste in sieben Formel 1-Rennen der laufenden Saison, für Sebastian Vettel. Um zu verhindern, dass dem Pole-Sammeln das Siege-Sammeln im Gleichschritt folgt, haben die Bewohner des Olymp eine Verschwörung angezettelt.

Anders ist das Rennen um den Großen Preis von Kanada und sein Ausgang nicht zu erklären. Gewonnen hat Jenson Button, geschlagen – nun ja – wurde Sebastian Vettel, der „nur“ Zweiter wurde. Button hätte nach mehreren Kollisionen, einem Reifenschaden, einer Durchfahrstraße und fünf Boxenstopps unter normalen Umständen nicht gewinnen können.

Doch schon vor dem Rennbeginn war klar, dass es kein normales Rennen werden würde: Hinter dem Safety-Car ging es los, erst nach fünf Runden wurde die Meute zur Jagd freigegeben. Vettel tat, was er später auch immer wieder tun sollte: Der Weltmeister baute seinen Vorsprung aus.

Und im Feld passierte – was später auch immer wieder passieren sollte: Es krachte. Webber geriet mit Hamilton aneinander, dann krachten beide McLarens ineinander. Button konnte weiterfahren, Hamilton war fortan Zuschauer. Zweiter Auftritt des Safety-Cars, mit der Folge, dass Sebastian Vettel seinen Vorsprung einbüßte. Das Drehbuch für das Rennen stand.

Dank sinnflutartiger Regenfälle, denen man besser im U-Boot als im Rennwagen hätte trotzen können, kurvte das Safety-Car schon in Runde 20 wieder vor dem Feld vorweg. In Runde 25 wurde das Rennen abgebrochen, sehr viel später ging es weiter hinter dem Safety-Car – wie auch in Runde 40 und 56.

Beim letzten Einsatz des Safety-Cars hatten die Götter Nick Heidfeld so im Nacken gekitzelt, dass dieser unvermittelt auf Kamui Kobayashi aufgefahren war. Der Frontflügel des Renault zerstäubte wenige Meter nach der Kollision auf der Fahrbahn, was den Einsatz des SC erzwang. Damit war Vettels Vorsprung erneut dahin.

Die letzten zehn Runden waren an Dramatik kaum zu überbieten. Vettel kam wieder etwas davon, Button kämpfte mit Webber und Schumacher um die Rolle des ersten Verfolgers – und saß Vettel in der letzten Runde endlich im Nacken. Der machte dann tatsächlich einen Fahrfehler und der Weg für Button zum Sieg war frei.

Red Bull: Rennen verloren und doch gewonnen

Das Rennen um den Großen Preis von Kanada hat Red Bull nicht gewonnen, dennoch ist der Rennstall der große Sieger des siebten Rennens in der laufenden Formel 1-Saison. Denn nach dem Rennen war der Abstand in beiden Wertungen auf die direkten Verfolger gewachsen, statt zusammengeschrumpft.

Button hat mit seinem Sieg Rang zwei in der Fahrerwertung erkämpft und sieben Punkte auf Vettel gutmachen können. Der liegt jetzt aber zwei Punkte weiter vom Zweiten entfernt als vor Kanada, nämlich 60 Zähler. Bei der Teamwertung hat Red Bull gar acht Punkte mehr gewinnen können als McLaren, von Ferrari ganz zu schweigen.

Vettel hat seinen Vorsprung auf die Verfolger ausbauen können, Webber hat an Boden verloren, Lewis Hamilton und Fernando Alonso haben die erste Nullnummer der Saison abgeliefert. Die Lücke zu Alonso ist mittlerweile riesig – fast 100 Punkte trennen Vettel und den Spanier.

Das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis aus dem siebten Rennen: Vettel punktet auch wenn er nicht gewinnt und Fehler macht. Vor einem Jahr hatte der spätere Weltmeister 78 Punkte und zwei Nullnummern eingefahren, es war übrigens das berühmte Türkei-Rennen, der Tiefpunkt im Red Bull Rennstall 2010. Davon ist man 2011 weit entfernt.

McLaren: Sieg und Niederlage

Man kann es drehen und wenden wie man will. Jenson Button hat das Formel 1-Rennen in Kanada sensationell gewinnen können. Der Sieg Buttons gehört zu denen, die für die Faszination des Rennsports stehen. Gleichzeitig hat Button Rang zwei in der Fahrerwertung erreicht und ist erster Jäger des Weltmeisters Vettel.

Der größte Vorteil des unglaublichen Sieges liegt darin, dass er die Irrfahrt von Lewis Hamilton vergessen macht. Denn Hamilton und Button sind aneinandergeraten, ausgehend von einem übermütigen Angriff Hamiltons, der das Rennen danach aufgeben musste. Die Kollision ist für den Rennstall ein Problem.

Zwar haben sich Button und Hamilton ausgesprochen, doch ist der Vorfall dennoch ein weiterer Schatten über dem Ex-Weltmeister Hamilton. Der polarisiert die Formel 1-Gemeinde durch sein Verhalten auf und neben der Rennstrecke. Die Kollision gibt jenen Auftrieb, die Hamilton zu aggressives Fahren vorwerfen.

Schumacher: Comeback

Es ist eine Art Auferstehung gewesen für Michael Schumacher. Zeitweise hatte es für den zurückgekommenen Ex-Weltmeiter und Rekordhalter zahlreicher Formel 1-Statistiken nach einem Podiums-Platz ausgesehen; doch gegen Button und Webber, sowie Vettel, war Schumacher chancenlos.

Das Auto Schumachers ist immer noch nicht konkurrenzfähig, der Fahrer offenkundig schon. Doch für den Sprung aufs Treppchen hat es nicht gereicht. Mit zwölf Zählern hat Schumacher sein bestes Saisonergebnis eingefahren und zu Rosberg aufgeschlossen, der in Kanada ohne Punkte geblieben ist.

Für Schumacher ist das Rennen somit zwiespältig: Einmal hat es alle Kritiker widerlegt, die dem Weltmeister die Fähigkeit zum Siegen abgesprochen haben, andererseits ist der fahrbare Untersatz nicht in der Verfassung, um Podiumsplätze oder gar Siege zu kämpfen. Ob das ausreicht, sich weiter zu motivieren?

Ferrari: Ganz unten in Kanada

Acht kümmerliche WM-Punkte hat Ferrari aus Kanada entführen können. Ein mageres Ergebnis, das den Möglichkeiten, die Fernando Alonso und Felipe Massa hatten, nicht gerecht wird. Alonso ist erstmals ohne Punkte in der laufenden Formel 1-Saison geblieben, Felipe Massa konnte immerhin Rang sechs erreichen.

Im noch immer denkbaren Kampf um die Weltmeister-Krone hat Ferrari in beiden Wertungen einen erheblichen Rückschlag erlitten. Vor allem angesichts der Möglichkeiten, die bestanden, ein Debakel. Anfangs lag Ferrari gar vergleichsweise weit vorn, der Regen hat allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Im Hause Ferrari fühlt man sich vom Pech verfolgt. Die Ambitionen auf den WM-Titel hat man aber nicht aufgegeben. Trotzdem ist man jetzt bereits davon abhängig, dass die anderen Fehler machen. Vettel hat jetzt 162 Punkte, 2010 wurde er mit 256 Punkten bekanntlich Weltmeister. Ohne Fehler ist Ferrari draußen.

Renault: Enttäuschung

Beim Rennstall Renault herrschte nach dem Rennen um den Großen Preis von Kanada eher resignative Stimmung. Nick Heidfeld ging leer aus, Vitaly Petrov konnte immerhin zehn Zähler einfahren. Teamintern steht es damit 31 zu 29 für den Russen, doch das ist weniger das Problem.

Heidfeld hat sich gegen Ende des Rennens per Kollision selbst aus selbigen befördert und um mögliche Punkte gebracht. Er ist auf Kobayashi aufgefahren, der plötzlich Blei in den Reifen zu haben schien. Petrov hat sich zwar von Rang zehn nach vorn gekämpft, gleichzeitig aber mehr verpasst.

Bei Renault sind die Ansprüche erkennbar gestiegen. Auch ohne den verletzten Robert Kubica haben sich Heidfeld und Petrov bislang durchaus achtbar geschlagen, wenngleich es den Eindruck hinterlässt, als wäre die Ausbeute noch immer tendenziell suboptimal. Immerhin ist das Potenzial spürbar.





Erste Schritte
Anzeige