Motorsport

Formel 1: Nur Vettel hat Spaß

27.06.2011
Das Lachen dürfte den Konkurrenten von Sebastian Vettel aus dem Rennstall Red Bull langsam vergangen sein: Im achten Formel 1-Rennen der laufenden Saison errang der amtierende Weltmeister seinen sechsten Sieg; die beiden Rennen mit einem anderen Sieger beendete Vettel auf Rang zwei.

Besser geht es also kaum. Wie überlegen Vettel ist, macht ein Blick auf die Zahlen sichtbar. Denn im Vergleich zur Vorsaison fällt allein der Weltmeister aus der Rolle, die anderen Fahrer, die ihm derzeit am nächsten sind (wenn „nahe“ überhaupt noch verwendbar ist), sind keineswegs drastisch schlechter als 2010 zum gleichen Zeitpunkt.

So lag Lewis Hamilton nach dem achten Rennen im Vorjahr auf Rang 1 mit 109 Zählern, dieses Jahr sind es 97 WM-Punkte. Jenson Button hat 109 und damit drei mehr als 2010, Webber sechs mehr und Fernando Alonso nur sieben weniger als vor einem Jahr. Das Quartett liegt auf ähnlichem Niveau wie 2010 und wieder eng beisammen.

Ganz anders Sebastian Vettel. Der lag nämlich von einem Jahr auf Rang fünf mit 90 Punkten und 19 Punkten Rückstand auf Hamilton. Dieses Jahr sind es atemberaubende 186 Zähler und 77 Punkte Vorsprung auf Button/Webber! Den Gegenwert von mehr als drei Rennsiegen Vorsprung! Der Weltmeister fliegt allen auf und davon.

Und noch eine Zahl: Das aktuelle Punktenniveau von Vettel hat Mark Webber erst im 14. Formel 1-Rennen der Saison 2010 um einen Punkt übertreffen können – das sind sechs Grand Prix! Das Rennen in Spanien hat zumindest für diese Saison einen unübersehbaren Hinweis auf den nächsten Weltmeister gegeben.

Von einer Vorentscheidung zu reden, wäre dennoch zu früh. Dafür sorgen die Funktionäre des Rennsports. Zwar ist die Regelanpassung oder –konkretisierung schon in Teilen vor dem Rennen in Spanien durchgeführt worden, doch erst mit dem nächsten Rennen wird es ernst. Für die verbleibenden elf Rennen werden die Karten neu gemischt.

Dabei ist nicht sicher, welcher Rennstall inwiefern von den Veränderungen betroffen sein wird. Dennoch könnte es Verwerfungen geben, die umgestalteten Autos könnten hinsichtlich der Balance oder der Zuverlässigkeit Probleme bereiten. Das, was Vettel in den Vorjahren immer wieder betraf, könnte in der Formel 1 Saison 2011 durch die Hintertür wiederkommen.

Red Bull: Fast schon uneinholbar

Gäbe es nicht die Verunsicherung durch die so genannte Regelpräzisierung, könnte sich Red Bull schon ein bisschen über die beiden neuen WM-Titel freuen, die aller Wahrscheinlichkeit 2011 errungen werden. Denn der bisherige Saisonverlauf hat gezeigt, dass der Rennstall inklusive Fahrer aus den beiden vorangegangenen Saisons gelernt haben.

Das macht sich auf der Strecke und bei den Ergebnissen bemerkbar. Red Bull hat immer noch ein sehr schnelles Auto, immerhin können andere, allen voran McLaren, schon mithalten. Vielleicht nicht im Qualifying, doch schon im Rennen. Die Regeländerungen bei den Reifen macht zudem die Strategie zu einem wichtigen Faktor.

Damit ist Red Bull bislang sehr gut klargekommen. Zwar ist Mark Webber nicht so stark wie Sebastian Vettel, was den Nebeneffekt bringt, dass es intern derzeit wenig zu diskutieren gibt; aber Webber scheint in ansteigender Verfassung zu sein, was die anderen Teams nicht freuen dürfte.

Während Sebastian Vettel im Fahrerklassement weit enteilt ist, hält sich der Vorsprung bei den Teams in Grenzen. 295 Punkte hat Red Bull bislang auf dem Konto gesammelt, 206 sind es bei McLaren und 129 bei Ferrari. Red Bull hatte vor einem Jahr nur 193 Zähler zum gleichen Zeitpunkt, McLaren 215 und damit fast genausoviele.

Ferrari: Alonso schafft wieder das Treppchen

An passendem Orte, nämlich im spanischen Valencia, hat es Fernando Alonso wieder auf Treppchen geschafft. Als Zweiter des Rennen ist zwar nur der zweitgrößte Traum der Fans – und des Rennfahrers in Erfüllung gegangen – aber immerhin: Mark Webber im Red Bull konnte Alonso besiegen.

Aus der Platzierung schöpfte Alonso einen gewissen vorsichtigen Optimismus. Mit dem guten Start und den McLaren im Rücken konnte sich der Spanier auf Webber konzentrieren und nachdem dieser einkassiert worden war, auch Vettel ins Visier nehmen. Mehr wurde daraus nicht, von einer Attacke konnte nicht die Rede sein.

Das soll nachgeholt werden, eventuell mit Rückenwind der neuen Regelauslegung. Denn davon sollte Ferrari profitieren können, meint man zumindest im Lager von Red Bull. Positiv für Ferrari ist, dass auch Felipe Massa langsam ins Rollen kommt. Sein Auftritt in Spanien allerdings gestaltete sich nicht gerade überragend.

McLaren: Ernüchterung und Hoffnung

Das Rennen im spanischen Valencia brachte für den Rennstall von McLaren keine sonderlich positiven Ergebnisse mit sich. Die WM-Chancen für die Heroen Jenson Button und Lewis Hamilton sind weiter gesunken, der Rückstand auf den Führenden mittlerweile nicht anders als dramatisch zu nennen.

Auch mit den Regeländerungen ist man zurückhaltend. Der erste Satz an Veränderungen, der in Valencia gegriffen hat, brachte kaum bis gar keine spürbaren Verbesserungen, was der zweite Schwung bringen wird, ist zumindest unsicher. Immerhin: Für das Heimrennen in Silverstone hat man einen neuen Heckflügel in petto.

Doch intern halten sich gerade die beiden Fahrer sehr bedeckt, wenn es um die kurzfristigen Aussichten geht. Ausgerechnet für Silverstone rechnen Button und Hamilton mit einem Rück- statt Fortschritt, während die Rennstallleitung als Ziel ausgibt, gewinnen zu wollen. Man wird sehen, welches die realistische Einschätzung war.

Mercedes: Schumacher vor dem Ende?

So muss man es wohl formulieren. Durch die Medien geistert die Meldung, dass Michael Schumacher nach dem zweiten Jahr seines Comebacks die Möglichkeit besitzt, sich das dritte zu schenken. Das würde möglicherweise passen, denn in Valencia hat der Comeback-Pilot seine schlechteste Platzierung in seiner Karriere erreicht.

Und die Aussichten sind mehr als trüb: Im laufenden Jahr werden die Mercedes-Boliden keine Siege erringen können, im kommenden Jahr keine Titel, hat Nobert Haug, der Sportchef von Mercedes geäußert. Dann bleiben die Hoffnungen auf einen weiteren Formel 1-WM-Titel nur Seifenblasen.

Und die Gründe sind eher struktureller, denn personeller Natur. Nach dem Kauf des weltmeisterlichen Brawn-Teams hat sich der Neuaufbau als zeitintensiver herausgestellt, als gedacht. Doch Zeit ist das, was Schumacher wohl noch weniger hat als Geduld. Ergo stellt sich die Frage, ob der Altmeister nicht doch flugs aufs Altenteil entflieht.

Renault: Ein mageres Pünktlein

Noch ist der Rennstall von Renault Vierter der Team-Rangliste, doch Mercedes kommt langsam nahe. Mit einem einzigen mageren Pünktchen ist Renault aus Valencia abgefahren, das Nick Heidfeld geholt hat, während Mercedes immerhin sechs kassierte. So bleiben noch drei Punkte Vorsprung für Renault

Das Rennen selbst war für Heidfeld und seinen russischen Mitstreiter und Wettbewerber Vitaly Petrov eine einzige Enttäuschung. Aus den Starträngen neun und elf wurden Platz zehn und 15 in der Endabrechnung. Die Starts waren schlecht, Heidfeld musste um den verbleibenden Punkt kämpfen.

Und was die Aussichten anbelangt: Über denen schwebt ein dickes Fragezeichen. Die neuen Regularien sollen das Auto beeinträchtigen, wie und wie weit, ist noch nicht klar. Zunächst einmal ist aber noch zu klären, warum Renault eigentlich schon in Valencia nicht in der Lage war, das Optimum aus dem Auto herauszukitzeln.





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