Motorsport

Formel 1: Freischwimmer im Wasserbad

08.07.2011
Das Freitagstraining in der Formel 1 steht immer unter Verdacht, nicht aussagekräftig zu sein. Allzu viel lässt sich schließlich mit der Treibstoffmenge im Tank der Boliden machen, um dem Gefährt einen Sonderschub für eine spektakuläre Runde zu verleihen, das dem Team vielleicht Schlagzeilen sichert.

Gibt es eine Steigerung zu „nicht aussagekräftig“? Gäbe es sie, müsste sie für die ersten beiden Freien Trainings in Silverstone angewendet werden. Die Formel 1-Teams mussten ihre Piloten im strömenden Regen nach draußen schicken, Freischwimmen im Freien Freitagstraining im britischen Silverstone.

Dabei ist auch auf der Strecke geblieben – oder versunken –, was sich durch die Regelanpassung bei den Fahrzeugen wirklich getan hat. Erkenntnisse über die Auswirkungen des so genannten Zwischengasverbots bleiben damit einer trockeneren Zukunft vorbehalten; vielleicht dauert es einige Rennen, ehe man etwas sagen kann.

Ob es überhaupt soweit kommt? In der Zeit zwischen dem letzten und dem ausstehenden Rennen hat es heftige Diskussionen um technologische Details in Bezug auf das Zwischengas gegeben, die um die Frage entbrannt ist, ob Renault für seine Motoren eine Ausnahmeregel bekommen habe.

Die Red Bull-Konkurrenz hat sich mit Protesten gemeldet, der Vorwurf, mit dem zum Beispiel McLarens Whitmarsh auftrat, man habe sich im sportpolitischen Olymp der Formel 1 Hilfe geholt, ist schließlich schwierig zu belegen – oder auch widerlegen. Jedenfalls bleibt das Spekatel um die Folgen der Regelanpassung einstweilen ungeklärt.

Red Bull: Vettel im Fahrwasser vom BVB

Aus dem Umfeld der Formel 1 ist schon jetzt zu hören, dass Sebastian Vettel die Verteidigung seines Titels nicht mehr zu nehmen sein wird. Die Argumentation geht von der bisherigen Dominanz aus, die eine gewachsene Stärke von Sebastian Vettel gegenüber dem Weltmeisterjahr sieht.

Doch gibt es schon noch ein paar Knackpunkte, weshalb Sebastian Vettel vorsichtig und optimistisch ist. Es seien noch viele Punkte zu holen, der Kampf um die Formel 1-Krone ist offen. Das hat nicht zuletzt sein eigener Weltmeister-Titel 2010 gezeigt, als Vettel nur einmal ganz oben stand: nach dem letzten Rennen.

Vettel macht es also ein bisschen wie Borussia Dortmund in der Bundesliga im zurückliegenden Meisterjahr: Understatement nach außen, von Rennen zu Rennen denken, immer versuchen, das Maximum herauszuholen. Immerhin ist Vettel schon zweimal nicht Erster geworden, warum sollte das in den verbleibenden Rennen nicht auch passieren.

Allerdings dürfte sich die Konkurrenz nicht allzu viele Fehler erlauben. Und den technologischen Vorsprung von Red Bull müsste deutlich verkürzt werden. Bleibt noch der Teamfriede als Quelle möglichen Ungemachs: Mark Webber ist noch ehrgeizig genug, um den Titel anzustreben – Verwerfungen können also nicht ausgeschlossen werden.

McLaren: Die Hoffnung lebt

Als das McLaren-Team vor der Formel 1-Saison 2010 neu zusammengestellt wurde und Jenson Button ins Boot kam, während sich Mercedes auf Distanz begab, war viel von der „englischen Nationalmannschaft“ in der Formel 1 die Rede. Stimmt natürlich nicht, allein der Motor und vieles andere sprechen dageben.

Trotzdem gehen viele davon aus, dass McLaren mit besonderem Schwung in das Rennen um den Großen Preis von Silverstone eintreten werde. Schließlich sei es das Heimrennen. Das stimmt – anders als bei anderen Events in anderen Ländern – nur bedingt, weil England der Sitz zahlreicher Formel 1-Teams ist.

Auch Red Bull hat hier seinen Sitz. Silverstone ist quasi auch eine Art Heimrennen für Vettel und Webber. Was die Gelegenheit anbelangt, dort Vettel endlich zu attackieren, bleibt man zurückhaltend: Unter Druck setzen gehe schon, aber um im Qualifying vor dem Führenden zu landen, fehle es am Auto, meint Button.

Ferrari: Hoffen auf den Himmel

Geht es nach dem Rennstall Ferrari, darf der Himmel am Samstag wieder seine Schleusen öffnen und der Erde reichlich Nass schenken. Denn im Regen sollen die roten Renner aus Italien gut unterwegs sein, woraus sich Felipe Massa und Fernando Alonso eine Chance erhoffen, Sebastian Vettel einmal abzufangen.

Was die neuen Teile anbelangt, tappt Ferrari nach den Trainigsfahrten am Freitag einstweilen im Dunkeln. Wie auch McLaren ließen sich ob der schwierigen Wetterbedingungen keine rechten Aussagen über die Auswirkungen treffen. Über dem Update des Formel 1-Boliden von Ferrari schwebt also noch ein Fragezeichen.

Was die immer wieder aufgeworfene Frage nach dem WM-Titel anbelangt: Ferrari ist vorsichtig. Vettel müsse Fehler machen, meinte jüngst Fernando Alonso gegenüber der Presse. Das klingt schon sehr nach göttlichem Beistand, der weit über das Niveau von Regen bei einem Rennen hinausgeht.

Mercedes im Regen flott unterwegs

Das in schwerer See fahrende Team von Mercedes ist bei Regen in Silverstone vergleichsweise flott unterwegs gewesen. Wie auch die anderen Teams hat das Wetter allerdings verhindert, dass man sich über die Leistungsfähigkeit der neuen Teile am Auto ein ordentliches Bild machen konnte.

Mercedes hat ein neues Auspuff-System eingeführt, das bereits einen Wink Richtung 2012 geben soll. Das Timing ist nicht sonderlich gut gewesen, denn der Auspuff kollidiert mit der Veränderung im Regelwerk der Formel 1. Das wird Mercedes nach Einschätzung von Teamchef Brawn einiges von der nicht gerade üppigen Performance kosten.

So hofft man im Hause Mercedes nicht unbedingt auf furchtbar nasses Wetter, denn strategisch geht es darum sich bereits für die kommende Formel 1-Saison fitzumachen. Denn das Grundproblem, die mangelnde Geschwindigkeit des Autos, kann man nicht immer und überall mit Regenhoffnungen aufwiegen.

Renault: Etwas außer Tritt

Der Blick auf die aktuellen Tabellen zeigt: Renault ist etwas außer Tritt geraten. Gab es in den ersten vier Rennen noch 42 WM-Punkte, folgten in den folgenden vier nur noch 19. Renault ist nicht mehr so schnell unterwegs wie noch zu Saisonbeginn. Noch liegt man auf Rang vier, doch Mercedes hat den Rückstand auf drei WM-Punkte verkürzt.

Der erste Trainingstag in Silverstone ist nun für Renault alles andere als positiv verlaufen. Das Tempo der hochrangigen Konkurrenz ist für die Fahrer, Nick Heidfeld und Vitaly Petrov, zu hoch gewesen, sie haben nicht mithalten können. Regen oder Zwischengas-Verbot? Ein dickes Fragezeichen verdeckt die Antwort über die Ursache.

Kurzfristig hoffen Petrov und Heidfeld auf besseres Wetter, um die Leistung des Fahrzeugs besser abrufen zu können, mittelfristig soll es ein komplett umgekrempeltes Auspuff-System sein, das den Sprung nach vorn bringt. Ein System ist bereits vorhanden, möglicherweise kommt schon ein Update zum GP von Deutschland.







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