Formel 1: Vettels Heavy Metal Sieg
31.10.2011
Alles neu macht Indien? Von wegen! Im Grunde ist bei der Formel 1-Premiere im aufstrebenden Indien alles beim Alten geblieben: Vettel siegt, Hamilton crasht, Webber fährt langsamer als Vettel und Schumacher kämpft sich im Rennverlauf nach vorn. Die Murmeltier-Saison 2011 geht unverändert weiter.
Sebastian Vettel, der amtierende und titelverteidigende Weltmeister, fährt allen voran. Pole Position, schnellste Runde und Rennsieg, dazu noch ein kleiner Rekord mit den meisten Führungsrunden innerhalb einer Saison, man kennt das aus dem bisherigen Rennverlauf. Und richtige Spannung will deshalb auch nicht unbedingt aufkommen.
Vom Herzschlagfinale im Stil 2008 oder 2010 ist man in der Formel 1-Saison 2011 weit entfernt. Interessant erscheint der Grund, denn schon 2010 war Red Bull mit seinen Boliden der Konkurrenz deutlich überlegen, was sich nicht in Siegesserien niederschlug. Das geht auf eine Professionalisierung zurück.
Denn die Boliden von Red Bull sind wesentlich stabiler als noch 2010, als viele WM-Punkte durch technische Zicken zur Konkurrenz sickerten. Außerdem hat sich das Team intern von allen Zwistigkeiten entfernt gehalten, während im Vorjahr noch Rennen durch das Webber-Vettel-Duell verschenkt wurden.
Im Vorjahr hat Red Bull noch gezeigt, wie man sich selbst schlägt, und ist ganz am Ende mehr oder weniger glücklich doppelter Titelträger geworden. In diesem Jahr hat sich dann offenbart, was schon im Vorjahr hätte sein können: Eine schwer schlagbare Dominanz aus bestem Auto und hervorragendem Fahrer.
Red Bull: Vettels elfter Streich
Eigentlich lautete die Marschrichtung im Red Bull Lager, Mark Webber auf den Thron des Vizekönigs zu hieven. Am besten durch einen Sieg, während Vettel den Konkurrenten die Punkte klaut. Daraus wurde nichts, das erste Rennen in Indien endete wie schon zehn andere Grand Prix in der Formel 1-Saison 2011: Vettel siegt, Webber ist zu langsam.
Damit nicht genug: Noch in der letzten Rennrunde markierte der souverän Führende die schnellste Rennrunde, was den Blutdruck beim Team in ungeahnte Höhen schnellen ließ. Am Kommandostand wollte man nämlich das Rennen nach Hause geschaukelt wissen, Vettels Schlussakkord klang eher nach Heavy Metal denn nach Wiegenlied.
In Zeiten knapper Abstände in den Wertungen mag derlei noch zu Problemen führen, doch bleibt die Frage, ob sich Vettel nach zwei Weltmeister-Titeln dann nicht auch der Situation anzupassen weiß. Teamintern ist die Demonstration der eigenen Stärke ohnehin kein Problem gewesen, Webber war da schon weit von Vettel entfernt.
Der Australier, der nach dem Willen des Teams auf den zweiten Platz in der Wertung kommen soll, hat seine Chancen auf den Vize-Titel nicht verbessert. Um sechs Punkte ist ein Rückstand auf Jenson Button gestiegen, es sind mittlerweile 19 Zähler, die den Vierten vom Zweiten trennen.
McLaren: Button fährt, Hamilton kollidiert
Es gehört mittlerweile fast zu jedem Rennen hinzu, dass Lewis Hamilton in den Schlagzeilen steht. Nicht wegen seiner sportlichen Leistung, sondern wegen mehr oder weniger schwerwiegender Kollisionen mit Felipe Massa von Ferrari. Auch in Indien hat es derlei gegeben, diesmal ist allerdings nicht Hamilton, sondern der Brasilianer bestraft worden.
Hamilton konnte immerhin noch als Siebter sechs WM-Punkte mitnehmen, Massa schied aus. Doch bleibt der Brite, der 2008 mit immensen Hoffnungen Weltmeister wurde, in der Krise. In der Startaufstellung musste er einige Plätze nach hinten ausweichen, weil ihm ein Lapsus im Training unterlaufen war.
Pleiten, Pech und Private Probleme – die Mischung macht dem einstigen Shooting-Star zu schaffen. Die Hoffnungen ruhen auf 2012, die aktuelle Formel 1-Saison soll nur zuende gefahren werden. Und viel zu holen gibt es auch nicht mehr: Stolze 38 Punkte rangiert Hamilton hinter Button, was auch nicht jeder vor der Saison gedacht hätte.
Button kann hingegen zufrieden sein. Die laufende Saison ist für ihn beeindruckend: Drei Siege, damit einen mehr als Hamilton, und eine ansteigende Formkurve. Die zweite Saionhälfte läuft besser als die erste: Vor den beiden Rennpleiten in England und Deutschland hatte Button 109 Zähler aus acht Grand Prix, danach holte er 131 Punkte in sieben Rennen.
Ferrari: Hui und Pfui
Die Rollen im Ferrari-Rennstall waren bei der Formel 1-Premiere in Indien klar verteilt. Fernando Alonso konnte seinen Boliden als Dritter über die Ziellinie lenken und damit das Treppchen erklimmen, während Felipe Massa nach Kollision mit Hamilton und einem Missgeschick im weiteren Rennverlauf die Segel streichen musste.
Von den drei Top-Rennteams ist der Brasilianer der mit Abstand schlechteste Fahrer. Er kommt auf schmale 98 Punkte, während Hamilton, der vor im liegende Fahrer, schon 202 Zähler hat. Massa dürfte bei Ferrari nicht unangefochten sein, obwohl ihm ein starkes Rennen attestiert wurde – bis zur Kollison, die auf seine Kappe ging.
Alonso hingegen bleibt mit seinen Ergebnissen relativ konstant weit vorn. Immerhin ist ihm auch ein Rennsieg gelungen, was nur vier Fahrer 2011 geschafft haben, von einem Ausfall abgesehen gab es immer Punkte. Für den Sprung auf den zweiten Platz wird es allerdings schwierig, so lange Button gelassen seine starken Rennen fährt.
Mercedes GP: Schumacher in Fahrt
Fünfmal schon ist Michael Schumacher in dieser Formel 1-Saison nicht ins Ziel gekommen, so oft, wie kein anderer Fahrer unter den Top-Ten. Zweimal gab es keine Punkte und trotzdem liegt der Altmeister nur fünf Zähler hinter seinem Teamkollegen Nico Rosberg. Im Rennen ist Schumacher zuletzt teilweise deutlich besser gefahren als Rosberg.
So auch in Indien, wo Mercedes das beste Saisonergebnis mit 18 Punkten eingestellt hat. Platz fünf und sechs haben Schumacher und Rosberg erreicht und ingesamt ein gutes Rennen hinter sich gebracht. Mehr, so nach dem Rennen zu vernehmen, sei nicht drin, das Potenzial sei vollständig abgerufen worden.
Schumacher ist von Rang elf ins Rennen gegangen und mit einer ausgefeilten Strategie um ingesamt sechs Plätze nach vorn gekommen. Gegen seinen Teamkollegen hat er sich durchsetzen können, weil der nach dem Rennen mit einem Boxenstopp hadern musste. Leistungsmäßig liegen Rosberg und Schumacher dicht beieinander.
Für das kommende Jahr macht das Hoffnung, dass im dritten Anlauf Mercedes weiter vorn mitmischen könnte. Vorausgesetzt, es gelingt dem Team seinen beiden Fahrern ein konkurrenzfähiges Auto zur Verfügung zu stellen. Denn derzeit ist das eine Hürde, die bessere Rennergebnisse verhindert.
Ferner liefen…
Hinter den Top-Teams konnten sich in Indien noch Alguersuari von Toro Rosso, Sutil von Force India und Perez von Sauber in die Punktelisten eintragen. Vor allem für Force India ist es natürlich ein positiver Punkt, im ersten Heimrennen überhaupt einen Fahrer in den Punkterängen zu haben.
Für einen Sprung aufs Treppchen hat es letztlich nicht gereicht, doch damit hätte angesichts der Stärke von Red Bull, McLaren und Ferrari wohl niemand gerechnet. Interessant ist noch, dass Heikki Kovalainen auf dem 14 Platz das Rennen beendete: Lotus war damit nicht weit weg vom anderen Force India-Auto und vor einem Williams.