Motorsport

Formel 1: Zeit der Kaffeesatzleser

27.02.2012
Zwei von drei Testphasen vor Beginn der Formel 1-Saison 2012 sind vorüber. Wie bei richtigen Rennwochenenden werden immer die Zeiten der Fahrer gemessen und in Ranglisten eingeteilt. Und wie an Freitagstrainings heißt es immer, die Zeiten hätten eine geringe Bedeutung. Und natürlich bilden die Eindrücke dennoch die Grundlage für Einschätzungen.

Deren Wert ist vielfach nicht sonderlich hoch, wenn es um die reinen Zeiten geht. Bis zu acht Sekunden Unterschied pro Runde können diverse Faktoren ausmachen, haben Branchenkenner verlauten lassen. Das bietet die Möglichkeit, mit einem schnellen Run ins Rampenlicht zu treten. Mehr aber auch nicht.

Viel interessanter sind weiche Aspekte. Wie die Zuverlässigkeit. Und hier lässt sich die vielleicht wichtigste Erkenntnis der Testtage ablesen: Red Bulls Boliden sind nicht so zuverlässig, wie im Vorjahr. Vor dem rauschenden Fest der Formel 1-Saison 2011 hat Red Bull nicht mit technischen Nickligkeiten kämpfen müssen.

Zicken bei Red Bull

In diesem Jahr sieht es anders aus. Der neue Rennwagen hat doch oft gestanden, statt Runden zu drehen. In Jerez erzwang ein Defekt in der Elektrik ein mehrstündiges Däumchendrehen von Weltmeister Sebastian Vettel, Teamkollege Mark Webber durfte in Barcelona drei Stündchen Kaffee trinken, weil das Getriebe zickte. Nicht das erste Mal.

Und so darf sich die Konkurrenz freuen. Die Zuverlässigkeit ist die offene Flanke der Schnelligkeit. Bei der Kampagne des vergangenen Jahres hatte Red Bull beide Flanken dicht und konnte so die Schnelligkeit voll ausspielen. Das steht für die Formel 1-Saison 2012 durchaus nicht fest.

Auf der anderen Seite dürften nach den Änderungen im Reglement die Teams wieder zusammenrücken an der Spitze. Auch hier stützt sich die Öffentlichkeit auf Eindrücke, unter anderem von den Fahrern selbst. Vettel und Webber haben McLaren offenkundig auf der Rechnung und Mercedes.

McLaren, Mercedes, Ferrari

Beide Rennställe wollen wieder an das anknüpfen, was schon fast verloren schien. Das Jahr 2011 war für McLaren frustrierend, weil man allzu selten die Möglchkeit hatte, Vettel Paroli zu bieten. Zwischen dem Test in Jerez und Barcelona hat es offenkundig einen Leistungssprung im Team gegeben.

Auch bei Mercedes, das nach zwei völlig enttäuschenden Saisons endlich die Rolle ausfüllen will, die man dem Comeback-Rennstall von Michael Schumacher zugedacht hat, scheint es aufwärt zu gehen. Auch wenn der Rennstall noch nicht alle Karten aufgedeckt hat – zum Beispiel die ominöse Öffnung an der Nase des Boliden ungeklärt ist.

Ein dickes Fragezeichen steht hinter Ferrari. Vom Rennstall selbst ist wenig Aufklärung zu erwarten. Man wisse nicht, wo man stehe, ist von Fernando Alonso zu hören. Ursache für die Zweifel an der wirklichen Leistungsfähigkeit von Ferrari ist zeitlicher Verzug, der manche bezweifeln lässt, dass Ferrari zu Saisonbeginn vorn dabei sein kann.

Und der Rest?

Und hinter diesem Quartett? Williams, das Traditionsteam, hat eine grausige Saison hinter sich. Lotus, ehemals Renault, hat Kimi Räikkönen, Force India ist 2011 nur ein Schrittchen vorangekommen, bei Sauber lässt sich nicht einmal das sagen. Toro Rosso hat neues Personal, bei den noch immer recht neuen Teams ist bestenfalls Konstanz zu erwarten.

Was die Ambitionen anbelangt, dürften sich Lotus, Williams und auch Force India in Nichts nachstehen. Auch Caterham darf durchaus in diese Gruppe gerechnet werden, doch ob dort schon eine ähnlich hohe Basis vorhanden ist, wie bei den etablierteren Teams, darf bezweifelt werden. Caterham hatte schließlich mit technischen Problemen einige Mühe.


Erste Schritte
Anzeige