Motorsport

Formel 1: Schumachers Muskelspiel

13.04.2012
Im fernen China gibt Michael Schumacher in der Formel 1 eine schöne Steilvorlage für Schlagzeilen: Nach dem Freitagstraining steht die Legende ganz oben in den Listen. Vor den zeitgenössischen Heroen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel. Gelingt jetzt, worauf schon mehr als zwei Jahre gewartet wird – nämlich Schumachers Durchbruch?

Zunächst einmal ist kein Freitagstraining in irgendeiner Form ein Indikator für Stärke. Wer die vorangehende Formel 1-Saison verfolgt hat, weiß um die Diskrepanzen, die zwischen Freitag, Qualifying und Rennen liegen können. Red Bull war samstags und sonntags dominant, am Freitag meist in Deckung.

Allzu passend ist natürlich der Ort des Geschehens. Denn genau hier bzw. dort in Shanghai hatte Schumacher seinen letzten Grand Prix-Sieg errungen. Das wäre ein geeigneter Ort, um an alte Zeiten mit neuen Heldentaten anzuknüpfen. Allerdings liegt die Wahrheit in der Formel 1 nur auf dem Asphalt, wenn die Zeiten zählen.

Und so darf also fleißig gerätselt werden, was Schumachers Muskelspiel wirklich wert ist. Im zweiten Freien Training vom Freitag waren die üblichen Verdächtigen nämlich nicht allzu fern: Hamilton 17 Hunderstel, Vettel 19 Hunderstel hinter dem Führenden. Und auch Webber, Rosberg und Button lagen in Schlagweite.

Ferrari hingegen ließ es recht ruhig angehen, dafür konnten sich im ersten Druchgang Sauber und Toro Rosso im Doppelpack unter die Top-Ten mischen, im zweiten auch noch Force India. Vor allem auf Sauber darf man gespannt sein, das Team hat einen sehr guten Start in die neue Formel 1-Saison geschafft – ganz im Gegensatz zu Mercedes!

Mercedes: Trippelschritte oder Panthersprung

Ginge es nach den Platzierungen am Freitag im Freien Training, dann müsste Mercedes zum Panther-Sprung ansetzen. Doch darum geht es nun einmal nicht. Im Gegenteil: Die beiden Mercedes-Piloten, Schumacher und Rosberg, haben eher kleine als gewaltige Fortschritte ausgemacht.

Angesichts von nur einem mageren WM-Punkt aus zwei Rennen wäre aber selbst ein kleiner Fortschritt mit großen Auswirkungen verbunden. Doch wie weit die Pneus tragen, weiß man nicht. Für Samstag rechnet man im Rennstall bzw. dem Beobachter-Feld mit einem guten Auftritt, denn Mercedes hat genug Power für eine fixe Runde.

Doch am Sonntag? Schumacher relativierte seinen Freitagsauftritt auch gleich mit deutlichen Worten. Man müsse sehen, wie sich das Auto auf längere Distanzen schlägt. Halten die Reifen? Am Rennsetup hat das Team fokussiert gearbeitet, doch reicht das schon für den Großen Preis von China?

Eine Pole Position wäre sicherlich nicht schlecht, sollte es mit dem Samstag gut klappen; wichtiger wäre allerdings, dass es dem Team gelingt, WM-Punkte zu sammeln und Attacken auf Podiumsplätze zu starten. Anderfalls endet das Schumacher-Comeback-Abenteuer wohl sang- und klanglos nach drei Jahren.

McLaren: Mit neuem Rückenwind

Während in der Fahrerwertung Fernando Alonso von Ferrari führt, steht McLaren Mercedes in der Teamwertung ganz vorn. Und in der Fahrerwertung sind Lewis Hamilton und Jenson Button die führenden Verfolger Alonsos. Eine gute Ausgangsposition also haben sich die beiden McLaren-Piloten nach zwei Rennen geschaffen.

Auch im freitäglichen Training zeigten man sich in guter Verfassung, allerdings muss Lewis Hamilton lag dicht hinter Schumacher. Und auch Jenson Button landete unter den Top-Ten. Die neuen Teile am Auto scheinen also keine sonderlichen Probleme zu verursachen, was für McLaren eine ausgesprochen gute Nachricht darstellt.

Mit einigem Selbstbewusstsein geht man also bei McLaren ins Rennen. Doch für Hamilton wird ein Getriebewechsel dafür sorgen, dass sein Bolide in der Startaufstellung um fünf Plätze durchgereicht wird. Abhängig vom Qualifying wird Hamilton also im Verkehr starten – ein guter Start könnte dem die Spitze nehmen.

Red Bull: Aufpufferei

Bei Red Bull stand der Freitag im Zeichen der Abgase: Mit einem neuen Auspuff-System ausgestattet ging Mark Webber auf die Piste, mit einem anderen Sebastian Vettel. Beide Systeme wurden so einem inneren Wettbewerb ausgesetzt – Ergebnis unklar. Erst die Detailanalyse soll Aufschluss geben, mit welchem der beiden System es besser geht.

Unabhängig davon hat Konkurrent Hamilton die Red Bull Boliden als sehr schnell ausgemacht. Was davon sich tatsächlich in Qualifying und Rennen niederschlägt, bleibt abzuwarten. Und dazu werden die großen Mengen an Daten aus dem Training erst genau ausgewertet werden müssen.

In Shanghai wird Red Bull mit einem komplett modifizierten Setup an den Start gehen, das sich am Freitag erstmals bewähren musste. Beide Piloten haben ihre Eindrücke maßvoll optimistisch geschildert, für Qualifying und Rennen rechnet der amtierende Weltmeister mit scharfer Konkurrenz.

Ferrari: Massa auf Schleudersitz

Nach dem Freien Training Nummer eins und zwei hat es von Ferrari keine Zeichen für einen gewaltigen Sprung gegeben. Im Falle von Fernando Alonso stellt sich ohnehin die Frage, wohi dieser Sprung beim Führenden führen sollte. Doch für Felipe Massa würde es schon Zeit, dass dieser zeigt, was (noch) in ihm steckt.

Die Tatsache, dass es teamintern ein starkes Leistungsgefälle gibt, lässt sich nicht leugnen. Während Alonso führt, ist Ferrari als Team gerade mal auf Rang drei. Und Massa punktelos zwische Vitaly Petrov und Charles Pic eingeklemmt. Und am Freitag blieb Massa auch deutlich hinter Alonso und vielen anderen Fahrern zurück.

Die Vorsicht des Teams ist immer noch in den Aussagen erkennbar. Sehr defensiv geht man bei Ferrari etwa mit der Frage nach dem Kampf um die Pole-Position um: Die Verbesserungen am Wagen seien kein „magischer Knopf“ wird Ferrari zitiert, eher gelte es langfristig bessere Ergebnisse einzufahren.

Sauber in Umlaufbahn

Der Rennstall von Sauber befindet sich in einer ungewohnten Lage: Rang vier unter den Teams, mit geringem Abstand zu Rang drei und zwei, aber beträchtlichem gegenüber Rand fünf. Ausgerechnet Sauber, dem Rennstall, dem im vergangenen Formel 1-Jahr noch der Bockmist an den Pneus zu kleben schien.

Fast wäre Sergio Perez beim Formel 1-Ausritt in Malaysia gar ein Grand Prix-Sieg geglückt, doch bei Sauber bleibt man auch angesichts derlei hochfliegenden Ereignissen auf dem Boden. Perez und Kollege Kamui Kobayashi blieben zumindest am Freitag beim Training eher unauffällig.

Lotus: Die totale Zufriedenheit fehlt

McLaren-Fahrer Lewis Hamilton hat Lotus auf der Rechnung. Doch beim Rennstall selbst herrscht nicht unbedingt totale Zufriedenheit: Die Autos sind noch verbesserungsbedürftig. Immerhin haben sie eine ganze Reihe neuer Teile mit dabei, was den Boliden bis zu zwei Zehntel Geschwindigkeit bringen soll.

Am Freitag ist das Team eher unauffällig über die Runden gekommen, die Datensammellei stand angesichts der Updates an allererster Stelle. Die Äußerungen nach den Rennen haben einen leicht zwiespältigen Eindruck hinterlassen, offenkundig gibt es noch Zicken mit den neuen Teilen, die aber für Samstag Potenzial eröffenen.

Ferner liefen…

Einen Crash gab es am Freitag, nämlich den von Timo Glock. Der hat seinen Marussia-Boliden gegen die Wand gesetzt, blieb aber unverletzt. Die Ursache des Unfalls ließ sich nicht so einfach klären, die Frontpartie des Boliden war vor dem Aufprall allerdings schon auf eigenen Wegen unterwegs.

Bei Force India ist mit Jules Bianchi ein Trainings-Neuling unterwegs gewesen – schmale acht Runden. Im zweiten Durchgang fuhr wieder Paul di Resta, auch Nico Hülkenberg konnte seine Runden drehen. Insgesamt herrscht Zufriedenheit, auch wenn das Wetter mal wieder quergeschossen hatte.





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