Formel 1: Hamilton siegt, Alonso führt
29.07.2012
Es hat sich nicht allzu viel geändert beim Husarenritt des britischen Ex-Weltmeisters Lewis Hamilton in Ungarn: Der Grand-Prix-Sieg erhebt ihn zwar in die noch sehr kleine Runde der Mehrfach-Sieger in der Formel 1-Saison 2012, der bislang nur Fernando Alonso und Mark Webber angehören. In der Fahrerwertung ist jedoch fast alles beim Alten geblieben.
Fernando Alonso, der zehn WM-Punkte abstaubte und seine grandiose Serie von Rennen ohne Null-Nummer fortgesetzt hat, führt immer noch. Jetzt aber schon mit 40 Punkten vor Mark Webber, der sein zweites schwaches Rennen infolge ablieferte, zumindest hinsichtlich der Punkteausbeute. Mit vier Zählern ist der Abstand zur Spitze um sechs erhöht worden.
Und auch der zweite Red-Bull-Pilot hat die Gunst der Stunde nicht nutzen können und nur zwei Zählerchen auf Alonso aufgeholt: Sebastian Vettel ist als Vierter über die Ziellinie gekommen und liegt 42 Punkte hinter Alonso. Fazit: Vor der Sommerpause hat der Spanier in Diensten von Ferrari seine Position signifikant gefestigt.
Dazu kommt nämlich noch, dass der Kreis der Jäger um zwei weitere Fahrer ausgebaut worden ist, die den Red Bull-Piloten die nötigen Punkte für die Aufholjagd stehlen: Sieger Lewis Hamilton ist auf sieben Punkte an den Zweitplatzierten herangekommen, Vize-Sieger Kimi-Räikkönen liegt nur einen läppischen Punkt dahinter. Alonsos Polster wird auch so geschützt.
Überhaupt hat Red Bull nicht gerade ein tolles Wochenende hinter sich, denn in der Teamwertung hat man wieder Boden auf die Verfolger verloren. Sowohl McLaren als auch Lotus haben 33 Punkte errungen, das Duo Vettel und Webber nur 16. Hier ist ein Dreikampf entfacht worden, denn McLaren, Lotus und Ferrari liegen knappe vier Punkte auseinander.
Die erste Hälfte der Formel 1-Saison ist somit erst einmal beendet. Fernando Alonso hat in seinem Ferrari einen schönen Vorsprung auf die Konkurrenz herausgefahren, der sich in die Teamwertung wegen der augenfälligen Schwäche von Felipe Massa nicht recht niederschlägt. Hier schwingt Red Bull mit zwei starken Fahrern im Feld das Szepter, Lotus ist überraschend stark.
McLaren: Hoffnungschimmer
Es ist ein sehr starkes Rennen des viel gescholtenen Rennfahrers Lewis Hamilton gewesen. Der ehemalige Shooting-Star und Wimpernschlag-Weltmeister hat in Ungarn gezeigt, dass er eine Menge drauf hat. Überraschend ist das grundsätzlich nicht, denn das Potenzial hat niemand wirklich bestritten. Eher schon, ob Hamilton es schafft, das Potenzial zu entfalten.
In Ungarn ist es dem Briten gelungen. Der hat damit unterstrichen, dass es keine leeren Worte waren, als er vortrug, sich nie so gut auf die Formel 1 fokussiert zu haben, als derzeit. Angesichts der Neigung zum Party-Leben schien das zweifelhaft. Für McLaren hat Hamilton einen Hoffnungsschimmer an den Horizont gemalt – vielleicht reicht es doch noch zum Titel.
Mehr als das ist es allerdings nicht. Denn Fernando Alonso dreht in starker Manier seine Runden und sammelt fleißig Punkte. Die Jäger rauben sich gegenseitig die Zähler, wie das Ungarn-Rennen nur zu deutlich gezeigt hat. Hamilton bleibt somit zunächst einmal eine sehr theoretische Hoffnung, doch noch Weltmeister werden zu können.
Lotus: Bärenstark in Ungarn
Gäbe es einen Titel für die größte Überraschung, käme man in der Formel 1-Saison 2012 nicht an dem Team Lotus vorbei. Denn das Nachfolge-Team von Renault ist grandios in Form. Rückkehrer Kimi Räikkönen und Jung-Fahrer Romain-Grosjean sorgen für jede Menge Punkte auf dem Konto des Rennstalls, in Ungarn sind sie um den Sieg mitgefahren.
Die in die Höhe schnellenden Ambitionen zeigen sich auch an dem Umstand, dass ein zweiter Platz nicht reicht, um zufrieden zu sein. Kimi Räikkönen hat es nach dem Rennen schön auf den Punkt gebracht: Ein zweiter Platz ist zu wenig. Wozu? Nun – wer hinter Fernando Alonso her ist, brauch mehr als zweite Plätze.
Der Sieg in einem Grand Prix fehlt dem Formel-1-Rückkehrer bislang. Räikkönen, das muss allerdings unterstrichen werden, hat jetzt schon deutlich mehr erreicht, als das Michael Schumacher bei Mercedes vergönnt war. Der Altmeister, der längst zu einer Formel 1-Legende geworden ist, hat im Duell der Rückkehrer keine Chance.
Red Bull: Operation Schadensbegrenzung
Beim Weltmeister-Rennstall von Red Bull läuft es nicht wirklich rund. Technischer Gegenwind, die augenfällige Stabilität der Vorsaison ist weg, eine harte Bestrafung gegen Sebastian Vettel, vom Team als ungerechtfertigt empfunden, deutlich weg von Siegen – Red Bull bemüht sich zur Saisonmitte um Schadensbegrenzung.
Auch wenn das Team mit Vettel und Webber noch zwei heiße Eisen im Feuer hat, was die Weltmeister-Krone der Fahrer anbelangt und in der Teamwertung sogar mit deutlichem Vorsprung führt, ist seit einiger Zeit Defensive angesagt. Es geht allenfalls darum, den Abstand von Alonso nicht allzu groß werden zu lassen, um noch eine Chance für eine große Attacke zu haben.
Ferrari: Alonso sichert seine Führung
Der Spanier und WM-Führende Fernando Alonso hat seinen Ausflug nach Ungarn genutzt, um die Führung zu verteidigen. Fern eines weiteren Sieges und damit wohl verbundenen richtungsweisenden Erfolges hat der Ferrari-Pilot die Konkurrenz in Schach gehalten. Zwar ist der Sieger Hamilton ordentlich herangekommen, von niedrigem Niveau.
Die beiden direkten Verfolger, Webber und Vettel, haben die Gunst der Stunde nicht oder nur unzureichend nutzen können. Damit ist der fünfte Platz eine sehr gute Leistung von Alonso, von der sein Teamkollege Felipe Massa nur träumen kann. Der dürfte sich mehr und mehr an einen Arbeitsplatzwechsel gewöhnen müssen.
Mercedes: Land unter
Und wieder ein Rennsonntag, der völlig zum Vergessen ist. In Zahlen ausgedrückt – ein Punkt. Nico Rosberg ist in Ungarn immerhin Zehnter geworden, Teamkollege Michael Schumacher hat mit einem Ausfall seine Mini-Serie in den Punkterängen gebrochen. Grausam für einen ambitionierten Rennstall wie Mercedes und erst recht für Schumacher.
Der hat zum Start seinen Motor abgewürgt, dem Feld einen Neustart beschert und sich selbst eine Strafversetzung ganz nach hinten. Gruseliger geht es fast nicht. Fast, denn auch noch ein Plattfuß kam hinzu, der Weltmeister brauste zu schnell durch die Boxengasse, Eile, die mit einer Durchfahrtstrafe geahndet wurde. Das Rennen war gelaufen.
Von dem ursprünglichen Ziel, ganz vorn im Kampf um die Weltmeisterschaft mitzumischen, ist Mercedes derzeit meilenweit entfernt. Und Schumacher – warum sollte er sich derlei weiter antun? Gleiches gilt für die Autokonzern, der sein Geld möglicherweise besser verwenden kann. Hinter Mercedes steht ein immer dicker werdendes Fragezeichen.