Motorsport

Formel 1: Vettel unter Zugzwang

21.09.2012
Es ist natürlich denkbar, dass der amtierende Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel die erneute Titelverteidigung abgeschrieben hat. Schließlich ist Vettel nach dem letzten Rennen auf den vierten Platz in der Fahrerwertung zurückgefallen und hat nun auf Fernando Alonso stolze 39 Zähler Rückstand. Direkt vor ihm stehen Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen, die einen bzw. zwei Punkte mehr haben als Vettel.

Es sind zwar noch ein paar Rennen zu fahren, doch scheint es nicht möglich zu sein, Fernando Alonso abzukochen. Dabei ist der in den letzten drei Rennen nicht mehr ganz so stark gewesen, ein Ausfall und zwei Punkteergebnisse, die es ermöglicht hätten, etwas Boden zu gewinnen. Das hat Vettel nur einmal geschafft, doch das reicht natürlich nicht.

Vor allem, wenn es danach eine hauseigene Nullnummer gibt, wie es Vettel (und auch noch seinem Teamkollegen Mark Webber) in Monza beim Großen Preis von Italien erging. Nun stehen also noch sieben Rennen aus, rund ein Drittel der Formel 1-Saison 2012. Angesichts der Konstanz von Alonso erscheint es sehr knapp, um ihn noch abzufangen.

Dagegen spricht auch, dass sich das Verfolgerquartett aus Hamilton, Räikkönen, Vettel und Webber gegenseitig die Punkte abspenstig fahren wird. Vettel steht nach zwei Dritteln der Saison bereits so stark unter Druck, dass er im Zugzwang ist. Drei Nullnummern stehen bereits auf dem Konto, bleibt es bei dieser Tendenz, kommen weitere hinzu.

Es ist durchaus denkbar, dass schon das nächste Formel 1-Rennen, das im fernöstlichen ausgetragen wird, schon so etwas wie eine Vorentscheidung fallen könnte. Patzt Vettel erneut, dürfte die Titelverteidigung schwerlich zu schaffen sein. Eine Aufholjagd ist nur mit sechs Punkten Distanzverringerung zu schaffen – im Schnitt gerechnet.

Lewis Hamilton: Endspurt in der Fokus-Saison

Neben Sebastian Vettel steht vor dem Rennen in Singapur noch ein anderer Fahrer im Fokus: Lewis Hamilton. Über den Briten gab es erstaunliche Dinge zu lesen, die man so nicht recht für möglich gehalten hätte. Fernando Alonso hat sich lobend über ihn geäußert, er wäre der einzige Fahrer, der auch ohne großartiges Material Siege einfahren könnte.

Jeder, der die Formel 1 in den vergangenen Jahren verfolgt hat, dürfte das erstaunlich finden. Denn Alonso und Hamilton lieferten sich dereinst im McLaren-Mercedes-Team einen Stallkrieg, der seinesgleichen sucht. Die Auseinandersetzung zwischen Vettel und Webber vor zwei Jahren war dagegen Kindergarten.

Und ausgerechnet diese beiden Ex-Klingenkreuzer sollen auch noch gemeinsam Golf spielen? Das klingt unglaublich. Doch bleibt es wohl ausgeschlossen, dass beide Fahrer noch einmal gemeinsam in einem Rennstall ihr Werk verrichten. Bei Ferrari ist zwar Felipe Massa mehr als angezählt, doch scheint ein Engagement Hamiltons utopisch.

Der gilt derzeit als wechselwillig. McLaren und Hamiltons Vertretung pokern hoch um eine mögliche Vertragsverlängerung, doch hat Hamilton einen großen Vorteil: Er könnte eventuell ein anderes, lukratives Cockpit einnehmen. Nicht bei Ferrari, aber bei Mercedes. Hier hinge es an Michael Schumacher und der Antwort auf die Frage, wer den Altmeister ersetzen würde.

Mercedes: Große oder kleine Lösung

Hamilton wäre eine Möglichkeit, eine ganz andere bestünde darin, neben Nico Rosberg einen anderen sehr talentierten Fahrer zu installieren, etwa Nico Hülkenberg oder Paul di Resta. Und ganz am Horizont wetterleuchtet natürlich auch die Absicht, Sebastian Vettel irgendwann ins Mercedes-Boot zu holen – schwerlich ohne konkurrenzfähiges Auto.

Mittlerweile überschlagen sich die Spekulationen regelrecht. So ist presseseits auch zu lesen, dass man im Hause Mercedes überlegt werden soll, Michael Schumacher mehr oder weniger auszubooten, um den wechselwilligen Hamilton zu engagieren. Hamilton will nur zum Rennen sprechen, Schumacher vertröstet auf den Oktober.

Bei Mercedes dürfte nach drei Jahren ohnehin eine richtungsweisende Entscheidung anstehen. Denn die Zeiten sind alles andere als rosig, in der Autoindustrie trüben sich die Aussichten drastisch ein, für das Werksteam keine gute Situation. Denn bei wirtschaftlicher Schieflage werden die Kosten für die Formel 1 sicher auf die Tagesordnung kommen.

Drei Jahre sind seit dem Neustart des Teams vergangen und die Erfolge sind mager. Erfolge wären aber wohl die einzige Möglichkeit, das Millionen-Engagement zu rechtfertigen. Doch derlei ist fern, was nicht nur Michael Schumacher wurmen dürfte, der aus dem Ruhestand zurückkehrte, um Siege und Titel einzufahren.

Schumacher und Hamilton sind Schlüsselfiguren in einem Spiel, das die komplette Formel 1 hinsichtlich der Cockpit-Besetzung in eine Lawine verwandeln könnte. Denn für die drei potenziell freiwerdenden Pilotensitze gäbe es reichlich Nachrückkandidaten. Und die wiederum würden Plätze freiräumen usw.

Vor dem Rennen in Singapur ist also keineswegs nur sportlich einiges los, im Gegenteil. Auch abseits der Rennpisten spitzen sich die Zwänge zu, Weichenstellungen für die kommende Saison werden vorgenommen. Die Branchenbeobachter und Fans müssen sich einstweilen gedulden.

Singapur: Regenrennen und Chaos

Für das Rennen in Singapur könnte es wieder einmal zu einem gewaltigen Chaos kommen. Denn Regen würde den Rennsport möglicherweise in ein Glückspiel verwandeln, eventuell in ein garstiges Chaos. Am Freitag ging es schon einmal mit Regen los, allerdings in sehr gemäßigter Form.

Apropos Form: Sebastian Vettel hat in beiden Trainingsläufen in einem bislang eher unüblichen Stil die schnellste Zeit gefahren. Traditionell ist Red Bull am Freitag immer sehr sparsam mit guten Zeiten umgegangen, vielleicht wollte der amtierende Weltmeister der Formel 1 auch ein Zeichen setzen.

Dicht auf Vettels Fersen sind die Piloten von McLaren unterwegs gewesen. Hier könnte sich also ein Duell zwischen Vettel und Hamilton anbahnen. Und auch bei Ferrari ging es rund, für Fernando Alonso allerdings klar besser als für Felipe Massa, der sich dem Spanier mehr als deutlich geschlagen geben musste.

Mercedes hat hingegen nicht sonderlich positiv vom Auftreten von sich reden gemacht. Achter ist Nico Rosberg gewesen, das Team hat den Freitag zu umfangreichen Tests nutzen wollen. Also steht nicht wirklich fest, was morgen an den Autos verschraubt bleibt und was in die Garage wandert.





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