Formel 1: Schumachers Weg
02.10.2012
Die Formel 1 ist schnelllebig. Das gilt auch für Rekordweltmeister und lebende Legenden vom Schlage eines Michael Schumacher. Der ist jüngst von seinem Rennstall Mercedes GP vor die Tür gesetzt worden. Eine lange Hängepartie hat sich somit überraschend aufgelöst, denn der Nachfolger Schumachers, Lewis Hamilton, steht schon fest.
Doch wäre es zu früh zu schreiben, „Schumacher weg“. Das ist zwar auch eine Option, doch nur eine unter vielen auf Schumachers Weg. Der Champion hat sich über seine weitere Zukunft noch nicht konkret geäußert. Die eine Hängepartie ist beendet, die nächste startet. Ganz im Gegensatz zu der Personalrochade bei McLaren.
Hamiltons Ausbruch
Dort hat man derart schnell Sergio Perez als Nachfolger benannt, dass man schwerlich an eine Überraschung im Rennstall glauben mochte. Überhaupt ist Hamiltons Abgang keinesfalls weniger spannend als Schumachers Kick. Denn McLaren hat eigentlich dem ehemaligen Weltmeister immer ein schnelles Auto zur Verfügung gestellt.
Mercedes kann gerade mit diesem Punkt nicht wuchern, daher kommt der Abgang Hamiltons schon im Gewand weit reichender Störungen daher. Das liebe Geld könnte ein Grund sein, zumindest im bunten Strauß an Spekulationen war immer davon die Rede, dass Hamilton mehr verdienen wollte als ihm McLaren zu zahlen bereit war.
Vielleicht handelte es sich dabei aber auch um ein argumentatives Schutzschild, dass allzu insistierende Nachfragen über teaminterne Zerwürfnisse ablenken sollte. Britische Medien lehnen sich dabei zum Teil weit aus dem Fenster: Hamilton habe die Situation im Rennstall als zu eng empfunden.
Das zumindest könnte einen Bruch eher erklären als die sportliche Lage oder die finanziellen Rahmenbedingungen. Man darf dabei nicht vergessen, dass Hamilton dem Rennstall eng verbunden ist, ein abrupter Weggang fällt nicht vom Himmel. Die Gründe, die in den Medien gehandelt werden, haben durchaus Plausibilität.
Erwartungsdefizit
Während sportliche Gründe bei Hamilton wohl keinen Ausschlag gegeben haben, dürfte Schumacher hier schon eher Angriffsfläche geboten haben. Zwar ist es richtig, dass Mercedes dem Fahrer kein Siegerauto hatte bauen können, doch bleibt immer noch der immense Abstand zum Teamkollege Nico Rosberg.
Schon in den ersten Monaten seines Comebacks ist immer wieder davon die Rede gewesen, wie wenig Schumacher mit dem Auto von Mercedes anfangen konnte. Dessen Spezifitäten hatten es dem Altmeister schwer gemacht. Das Leistungsloch, in dem Schumacher festsaß, kontrastierte immens mit dem, was er bei zwischenzeitlichen Tests im Ferrari noch auf Anhieb zeigen konnte.
Letztlich bleibt es schon ein gewisses Rätsel, wie es sein kann, dass ein erklärter Spitzenfahrer nicht mehr zur Leistung findet. Lewis Hamilton wird darüber wohl Auskunft geben können, wenn er ab dem kommenden Jahr für Mercedes fährt – man darf gespannt sein. Und Schumacher?
Der hat sich wohl angesichts des Leistungsdefizits, das im Wesentlichen ein Erwartungsdefizit gewesen ist, verspekuliert. In seiner Situation war es nicht sonderlich angemessen, eine Hängepartie zu spielen. Möglich ist aber auch, dass dieses Zögern genau dem Problem entsprach.
Auch Mercedes hat vielleicht gegenüber dem ehemaligen Spitzenfahrer ein Erwartungsdefizit aufzuweisen. Denn die hoch gesteckten Ziele sind keineswegs nur wegen Schumacher nicht erfüllt worden, auch fehlte es schlichtweg an einem geeigneten Auto. Sonst hätte Rosberg um die Formel 1-Krone mitfahren müssen, was auch ihm verwehrt blieb.
Quo vadis?
Und wohin führt nun der Weg? Sollte Schumacher nicht aufs Altenteil gehen, würde er für einige Rennställe ein interessanter Fahrer sein. Allerdings gilt das nicht umgekehrt. Eine Rückkehr zu Ferrari, wo er Felipe Massa ablösen könnte, dürfte sich Medienberichten zufolge erübrigt haben. Auch die Umstände seines Comebacks klingen nicht danach.
Bleiben noch Sauber, Lotus und vielleicht sogar Force India. Bei diesen Rennställen allerdings müsste Schumacher sicherlich Abstriche im gesamten Paket machen, denn diese Formel 1-Teams sind nicht auf einem Niveau mit Mercedes oder Ferrari anzusiedeln. Ein Ausflug in Reihe zwei könnte diese pushen, Schumacher allerdings müsste von einem weiteren Weltmeistertitel endgültig Abstand nehmen. Sieben reichen vielleicht auch.