Motorsport

Formel 1: Vor der Zielgeraden

05.10.2012
Das Formel 1-Rennen im fernöstlichen Suzuka zum Großen Preis von Japan steht noch immer unter dem Eindruck des turbulenten und turbomäßigen Abschieds von Michael Schumacher aus dem Rennsport. Eine monatelange Hängepartie war in wenigen Tagen aufgelöst worden, zunächst durch den Rennstall Mercedes, der Lewis Hamilton als Nachfolger des Rekordweltmeisters engagierte, dann durch den Piloten selbst, der aufhören will.

Dabei gäbe es in der jetzt beginnenden Phase der Formel 1-Saison 2012 genügend Spannung. Denn in den wenigen Rennen, die noch zu fahren sind, könnte zumindest eine Vorentscheidung fallen. Gelänge es Fernando Alonso in seinem Ferrari, einen Sieg herauszufahren, während die Konkurrenz, allen voran Sebastian Vettel Federn ließe, würde das den noch immer großen Vorsprung auf ein schwerlich einzuholendes Niveau schrauben.

Sechs Rennen bedeuten einen Pool von 150 WM-Punkten für sechs Siege. Da ließen sich auch 40, 50 Punkte noch immer aufholen, rechnerisch. Doch diese Rechnung wäre ohne Alonsos Konstanz gemacht: Der Spanier dreht seine Runden in erstaunlicher Konstanz. Von einem abgesehen, hat es immer Punkte gebracht, wenn Alonso seinen Ferrari in die Startaufstellung bringen konnte.

Das heißt nicht mehr und nicht weniger, dass es nur ein vergleichsweise geringes Punktepotenzial zum Aufholen gibt. Und diese verteilt auf mehrere Rennen. Jene zehn Punkte, die Vettel im letzten Rennen abgeknöpft hat, dürften schon nahe am Maximum sein. Angesichts der Zuverlässigkeit von Auto und Fahrer dürfen Alonsos Kontrahenten mit mehr nicht seriös rechnen.

Derzeit liegt Sebastian Vettel schon stolze 29 Punkte hinter Alonso. Der Weltmeister bräuchte also mehr als die volle Punktzahl, die es bei einem Rennen gibt bei gleichzeitiger Nullnummer von Alonso, um diesen einzuholen. Für Fans und Sport wäre es das Beste, wenn die Vorentscheidung aufgeschoben werden könnte – am besten durch eine Aufholjagd Vettels und einen richtigen Showdown in Brasilien.

Ferrari: Unauffälliger Freitag

Der italienische Rennstall stand nicht im Zentrum der Ereignisse um Michael Schumacher, hat aber doch einiges vom Wind in seinen Boxen verspürt. Schumacher ist bei Ferrari zur Legende geworden, stand dort kurz vor dem Comeback und so verwunderte es nicht, dass er nach dem Rauswurf bei Mercedes wieder mit Ferrari in Verbindung gebracht wurde.

Doch der italienische Rennstall zeigte dem Ausnahmefahrer die kalte Schulter. Dort sitzt Felipe Massa auf einem wackligen Stuhl. Der Brasilianer fährt seinem Teamkollegen Fernando Alonso weit hinterher. Während der WM-Führende auf 194 Zähler kommt, hat Massa erst 51.

Davon sind allerdings 28 in den letzten vier Rennen eingefahren worden – Massas Formkurve steigt deutlich an. Doch wird das reichen, um den Arbeitsplatz zu sichern? Massa scheint nach seinem schweren Unfall und dem Herzschlagfinale gegen Lewis Hamilton nicht mehr richtig in Fahrt zu kommen. Doch Schumacher ist auch hier aus dem Rennen.

Am Freitag hat der Rennstall ein einen ebenso soliden wie unspektakulären Auftritt hingelegt. Ein guter Trainingstag, wenn auch ohne Glanzlicht. Das hauseigene Testprogramm konnte von beiden Piloten bewältigt werden. Mit vorsichtigem Optimismus geht man bei Ferrari das Rennen in Fernost an.

Red Bull: Die Chancen schwinden

Beide Red-Bull Piloten, Weltmeister Sebastian Vettel und Mark Webber, können rechnerisch noch den Formel 1-Titel in der laufenden Saison holen. Doch sind Vettels Aussichten nach zwei Webber-Null-Nummern deutlich besser. Der Titelverteidiger hat 165 Punkte gesammelt, der Australier kommt derzeit auf 132 Zähler.

Der Abstand zu Alonso ist so groß, dass Webber schon ganz ordentlichen Rückenwind bräuchte, um den Titel bei den Fahrern zu verteidigen. Doch einen Durchhänger kann sich Webber auch nicht leisten, denn es gibt ja noch einen weiteren WM-Titel zu verteidigen. Und hier wird angesichts des wiedererstarkten Felipe Massa Webber dringend benötigt.

Doch ist es vor allem an Sebastian Vettel, die Attacke auf Fernando Alonso zu versuchen. Möglicherweise gibt es mittlerweile im Team auch eine leichte Absprache, dass Vettel freie Bahn hat, wenn er aussichtsreich im Rennen liegt. Beim Training hat man sich schon recht flott präsentiert, die Aussichten auf ein konkurrenzfähiges Rennen sind gut.

McLaren peilt einen Sieg an

Im Freitagstraining hat man sich bei McLaren nicht lumpen lassen und sich – ähnlich wie Ferrari – stark präsentiert. Nur Jenson Button sauste im zweiten Freien Training arg gemächlich hinterher. Auf der starken Basis will man in Japan einen Sieg einfahren. So jedenfalls klang der Tenor nach dem Training, vor allem von Lewis Hamilton.

Der ist in dieser Woche ja ganz anders in den Schlagzeilen gewesen, als es um seinen Wechsel zu Mercedes ging. Doch den Trubel hat er offenkundig gut wegstecken können. Die schnelle Webber-Runde, mit der sich der Australier ganz vorn in den Ergebnislisten hatte eintragen können, hätte der Brite nach eigenem Vernehmen auch schaffen können.

Man werde um den Sieg mitfahren, meinte Hamilton. Der hat Red Bull als wesentlichen Gegner ausgemacht. Bei Button klang es dagegen etwas verhaltener. Der hatte sich mit der Abstimmung seines Boliden etwas verschätzt und sauste in eine Art Sackgasse. So blieben dem Briten nur 42 statt jener 58 Runden seines (Noch-)Teamkollegen.

Mercedes: Zicken und Ausritte

Der Eindruck, den das Rennteam von Mercedes im fernen Suzuka hinterließ, war bestenfalls durchwachsen. Technische Probleme haben Nico Rosberg erst einmal ausgebremst, während Michael Schumacher das selbst besorgte. Ein Fahrfehler führte zu einem Ausritt ins Kiesbett und einen Touchdown in einen Reifenstapel.

Im ersten Training hatten Rosberg und Schumacher immerhin noch Rang vier und fünf belegt, im zweiten landeten beide deutlich weiter hinten. Für Mercedes geht es in dieser Saison – wie schon 2011 und 2010 nur noch um Schadensbegrenzung. Der Kampf um die Formel 1-Krone findet ohne Schumacher und Rosberg statt.



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