Formel 1: Alonsos postfinales Nachtreten gegen Vettel
03.12.2012
Im Fußball gibt es für Nachtreten bisweilen die Rote Karte. Nicht so in der Formel 1, wie derzeit nach dem Saisonende zu beobachten ist. Fernando Alonso übt sich in der Disziplin des verbalen Frustfouls gegen den drittmaligen Weltmeister Sebastian Vettel. Jenseits der Zielflagge setzt sich das Psycho-Theater fort, das auf den letzten Metern der Formel 1-Saison 2012 schon skurrile Formen angenommen hatte.
Freunde macht sich der Spanier unter den Sportfans sicherlich nicht, vom eingeschworenen Anhang einmal abgesehen. Und ob sich der Rennstall Ferrari einen Fahrer langfristig leisten kann, der teamintern wie ein Schwarzes Loch alles Licht einsaugt und vom zweiten Fahrer neben sich an erster Stelle Demut einfordert? Derlei unangefochtene Stellung verleitet möglicherweise dazu die Bodenhaftung zu verlieren.
Schon auf der Rennpiste hatte Ferrari im Sinne seines Spitzenfahrers alles ausgeschöpft, was sich machen ließ, auch wenn die Grenze des Unappetitlichen mindestens touchiert wurde. Von der Stallorder bis hin zur spektakulären Degradierung des zweiten Fahrers Felipe Massa, als dieser den Fürsten im Team per Qualifying hinter sich lassen konnte.
Gerade der Trick mit dem Getriebewechsel, durch den Massa mehrere Positionen in der Startaufstellung verlor, Alonso einen und die schmutzfreie Seite gewann, bleibt als schwarze Fleck haften. Und Alonsos Zwitscherei nach dem Saisonfinale, als er implizit Vettel unrechtmäßiges Handeln beim Abschlussrennen vorwarf, gerät angesichts der eigenen Taten zu einem sehr schrägen Gemälde.
Rennsport ist natürlich knallhartes Geschäft. Aber das basiert in allererster Linie darauf, dass es sportlich zugeht. Daher sind langfristig halbseidene Entscheidungen wie Stallorders oder gar offen unsportliche Entscheidungen á la Massa-Getriebe-Wechsel gefährlich wie Bodenerosion. Die Zuschauer wollen Sport und das umfasst den teaminternen Zweikampf auf Augenhöhe. Wie bei McLaren etwa, oder auch bei Red Bull.
Gut möglich, dass Fernando Alonso viele Jahre nach seinem letzten Weltmeistertitel langsam selbst die Geduld verliert. Ein ungeduldiger Alonso könnte für Ferrari zu einer Belastung werden. Schon einmal hat ein Rennstall seinem kleinen König zugestanden, was schlichtweg Betrug war: Renaults Crash-Gate-Affäre. Ganz unabhängig davon, ob Alonso davon wusste oder nicht – auf Anhieb fällt kein Fahrer ein, für den sich ein Rennstall derart aus dem Fenster lehnen würde.
Für Ferrari stellt Alonso allerdings auch eine ganz andere Belastung dar. Ein zweiter Spitzenfahrer wird sich mehrmals überlegen, ob er wirklich neben dem Spanier beim Traditionsrennstall seine Runden drehen will. Und schon in der laufenden Saison hat die Fokussierung einen schwerwiegenden Nebeneffekt gehabt: Bei der Vergabe des Teamtitels hatte Red Bull die Nase deutlich weiter vorn.