Formel 1: Hader um Reifen und Tests
07.06.2013
Vor dem Großen Preis von Kanada bleibt die Lage in der Formel 1 gleich: Es wird heftig um Reifen und Tests gestritten. Beide Dinge stehen miteinander in Verbindung. Pirelli, der Reifenlieferant für die Formel 1, hat auf die immer stärker werdende Kritik reagiert und einen neuen Reifen ins Feld gebracht. Mercedes hat diesen getestet, sehr zum Ärger der anderen Teams, die sich dadurch benachteiligt sehen. Mercedes hat nun ein Verfahren am Hals.
Mit einiger Genugtuung ist das eingeleitete Verfahren quittiert worden. Einen Regelbruch sehen die Konkurrenten darin, der Mercedes zu unverhofften und hoch wichtigen Testergebnissen geführt habe. Die Lage ist zumindest in dieser Hinsicht schwerlich zu widerlegen: Tests während der Saison sind nicht erlaubt. Es bleibt zwar unklar, wie sehr Mercedes profitiert hat; nachteilig wird er jedenfalls nicht gewesen sein.
Und so bleibt die Reifenfrage, die ja im Kern hinter diesem Testtheater steckt, das größte Eigentor, das man sich denken kann. Klar: Die Formel 1 braucht Show, man kann trefflich darüber streiten, ob eine One-Man-Show abschreckend oder erst recht für Zuschauer stimulierend ist. Allerdings ist die Formel 1 ohne Racen eben kein richtiges Rennen mehr. Der Versuch, das Problem zu beheben, ist vollends daneben gegangen.
Allianz gegen Mercedes
Die Allianz zwischen Ferrari und Red Bull hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten. Die Umstände müssen also dramatisch sein, wenn sich die beiden Teams zusammentun und per Protest das Verfahren gegen die Mercedes-Tests überhaupt erst ins Rollen bringen. Geschehen ist genau das.
Für Mercedes können unangenehme Zeiten anbrechen. Dem Team wird das nicht sonderlich gut tun, schon die ersten drei Jahre nach dem Neustart waren eine einzige Enttäuschung. Nun schien man endlich oben angekommen zu sein: Siege sind da, möglich, dass man gar um den WM-Titel fahren kann.
Lewis Hamilton ranigert immerhin auf Platz vier, Rosberg auf sechs. Das Team hat sich auf Platz vier stabilisieren können; der Abstand nach ganz vorn ist nicht uneinholbar groß. Jetzt gibt es mächtigen Gegenwind, der das Licht, das mit Rosbergs ersehntem Sieg aufgegangen ist, wieder auspusten könnte.
Sportlich scheint man also endlich ins Laufen gekommen zu sein. Ein Rückschlag wäre ein Debakel. Vor allem, da Mercedes dringend Erfolge braucht, um das teure Engagement in der Formel 1 weiter rechtfertigen zu können. Mercedes könnte nämlich die vielen Gelder, die für den höchstklassigen Motorsport verwendet werden, auch anderweitig einsetzen.
Trippelschritt statt Lösung
Und was hat das ganze Theater - außer selbigem - gebracht? Einen weiteren Trippelschritt. Denn neue Reifen gibt es wohl nur in homöophatischen Dosen. Nur die Hinterreifen! Nur am Freitag beim Training! Das ist - gelinde gesagt - albern. Man stützt sich dabei auf die Argumentation, dass der Wechsel aus Sicherheitsgründen vollzogen werde.
Pirelli plante ursprünglich, alle Reifen zu ändern. Beim Großen Preis von Kanada hätte das geschehen sollen. Doch die FIA hat das abgelehnt, Sicherheitsgründe wurden vorgeschoben. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Vorgehen eine Kompromisslinie darstellt, um sich vor dramatischem Streit zu schützen.
Stattdessen wird der Streit zur Hängepartie mit leicht verschobenen Frontlinien, die noch einmal komplizierter werden. Somit hat sich vor dem Großen Preis von Kanada das zentrale Thema nicht geklärt, es wird weiter gestritten und gerungen. Und die Reifen werden wieder das entscheidende Faktum sein, wenn es jenseits des Atlantiks rund geht.