Formel 1: Formel Reifen am Nürburgring
05.07.2013
Eine Woche nach dem Platzkonzert anlässlich des Großen Preis von England in Silverstone zieht die Karawane der Formel 1 weiter nach Deutschland. Am Nürburgring wird der Große Preis von Deutschland ausgetragen, ohne Platzkonzert hoffen alle Beteiligten. Naturgemäß haben vor allem die Fahrer allergrößtes Interesse an endlich funktionierenden Pneus, denn ihr Leben ist durchaus abhängig von der Standfestigkeit der Reifen.
Die Formel 1-Saison verkommt langsam aber sicher zur Formel Reifen. Das Thema überdeckt mittlerweile die sportliche Entwicklung vollständig, was keinesfalls nur daran liegt, dass Sebastian Vettel wieder die Fahrerwertung und Red Bull die Teamwertung anführt. Denn die Reifen stehlen den Fahrern und Teams längst die Show. Der Platz-Reigen jüngst war nur der vorläufige Höhepunkt, vorangegangen war eine Rennentwicklung, die dominiert wurde vom Reifenschonen.
Das ist mit Rennsport schwerlich unter einen Hut zu bringen, daher gab es frühzeitig reichlich Ärger. Manchen Fahrern wurde der Spaß am Wettfahren geraubt, weil es mehr darum ging, gegen die Reifen zu fahren bzw. deren Verschleiß. Höhere Mathematik statt Reifen an Reifen Duell. Auch wenn es für das Publikum längst zur Gewohnheit geworden ist, dass nicht ohne weiteres zu sagen ist, wer genau vor wem in welcher Reihenfolge führt, ist doch das, was aktuell zu sehen ist, noch einmal verschärft.
Auf Abhilfe braucht man nicht wirklich zu hoffen. Die Situation ist längst verfahren. Denn der erste Anlauf zu neuen Reifen, der übrigens schon vor dem üblen Reifenspektakel mit Sicherheitsgründen flankiert wurde, ist abgeblockt worden. Einige Teams fahren mit der aktuellen Situation ganz gut und wollen nicht, dass sich etwas ändert. Einstimmigkeit ist aber durchaus eine Voraussetzung für Änderungen während der Saison. Jetzt soll trotzdem die Mischung der Reifen etwas verändert werden – auf welcher Basis bleibt einstweilen offen.
Nicht auszuschließen ist, dass derartige Veränderungen Teams dazu verleiten könnten, gegen Ergebnisse zu klagen. Ganz offen haben die Piloten aber via Fahrergewerkschaft angedroht, einen Streik auszurufen, wenn es wieder am Nürburgring knallen sollte. Man werde sich „augenblicklich“ vom Event zurückziehen, wenn ähnliche Probleme auftreten sollten, heißt es in einer Stellungnahmen der Piloten. Nun bleibt zu hoffen, dass die veränderten Reifen und erst recht die für Ungarn angekündigten neuen Reifen halten.
Vettel schlägt zurück – im Training
Für Sebastian Vettel war der Ausflug nach Silverstone ohne Erfolg geblieben. Ein Defekt warf ihn aus dem Rennen, das Problem allerdings soll eine Eintagsfliege bleiben. Man habe den Fehlerteufel entdeckt und verscheucht, heißt es. Für den Nürburgring wäre das eine gute Nachricht, denn hier hat Vettel noch nie gewonnen. Eine günstige Gelegenheit also, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Gewinnen und Vorsprung auf die Konkurrenz wieder ausbauen.
Am Freitag hat sich Vettel schon einmal im freien Training gezeigt, was sein Auto zu leisten im Stande ist. Red Bull ist in den Zeitenlisten ganz vorn zu finden gewesen, was natürlich immer noch sehr relativ ist; allerdings gab es einen unverkennbaren Leistungssprung gegenüber dem Vormittagstraining, in dem es nicht sonderlich gut lieft. Auch Mark Webber ließ sich nicht lumpen und kam knapp hinter Vettel und Rosberg auf dem dritten Rang an.
Mercedes weiter in guter Form
Am WM-Stand kann man es noch nicht ganz so gut ablesen, doch Mercedes ist längst aus dem Tal der Tränen heraus. Nach acht Rennen ist man auf dem zweiten Rang, ganz knapp vor dem Erzrivalen Ferrari und in Schlagweiter hinter Red Bull zurück. Lotus, im Vorjahr noch ein extrem lästiger Konkurrent, ist deutlich weiter zurück, von McLaren einmal ganz zu schweigen. In der Fahrerwertung halten Nico Rosberg und Lewis Hamilton immerhin Fühlung zu dem Führenden Vettel. Mercedes hat dabei sogar noch Luft nach oben.
Lewis Hamilton kam nur als Achter über die Runden, die suboptimale Entwicklung seines Renn-Setups dürfte in der verbleibenden Zeit korrigiert werden, was ihm beste Chancen einräumt, in Qualifikation und Rennen weiter vorn zu fahren. Für die ganz große Attacke auf Vettel fehlt allerdings noch etwas an Punkten.
Ferrari unter Druck Wer auf die Ergebnisse der zurückliegenden drei Rennen schaut, der wird unschwer erkennen können, dass es für Ferrari nicht so richtig läuft. Noch beim Großen Preis von Spanien in Barcelona hatte man ordentlich abgeräumt und 40 Punkte eingeheimst. Doch seitdem ist Mercedes immer besser gewesen und hat es geschafft, den Konkurrenten aus Italien zu überholen. Der Rückstand beträgt drei Punkte und ist marginal.
Dennoch dürfte es die Ferraristi ärgern, dass es den Silberpfeilen gelungen ist, die Roten Boliden zu überholen. Alonso und Felipe Massa haben nach einigen Schwierigkeiten im ersten Trainingsdurchgang im zweiten nichts mehr anbrennen lassen. Ganz knapp kamen die Teamkollegen als Sechster und Siebter über die Ziellinie. Für das Rennen dürfte man sich einiges vorgenommen haben, die günstige Gelegenheit, das Vettel Federn lässt, darf nicht ungenutzt verstreichen.
Lotus im Fokus
Zu den positiven Überraschungen in der Formel 1-Saison 2013 gehörte der Rennstall von Lotus. Zumindest in den ersten fünf Rennen hatte sich das Team mit sehr guten Ergebnissen in der Teamwertung unter die Top-Teams gemischt. Doch seitdem klemmt die Rüstung: ein Punkt, zwei Punkte, zehn Punkte – nur Kimi Räikkönen punktet noch und das nicht mehr so stark wie noch zu Saisonbeginn. Räikkönen steht zudem noch unter Verdacht, den Sprung zu Red Bull wagen zu wollen – dort wird bekanntlich ein Platz frei.
Force India kommt langsam in Schwung
Rang fünf belegt das Team Force India nach acht Rennen in der laufenden Formel 1-Saison. Damit hat man das superschwache McLaren-Team hinter sich lassen können, der Abstand zu Lotus allerdings ist beträchtlich. Dabei hätte es in den vergangenen Rennen noch besser laufen können, was man durchaus wie eine dunkle Wolke mit sich herumträgt. Der erste Eindruck auf dem Nürburgring ist nicht schlecht, wenngleich offensichtlich das hohe Leistungsniveau aus den vorigen Rennen nicht gehalten werden konnte.