Motorsport

Formel 1: Vettel vor Krönung

25.10.2013
Theoretisch können noch zwei Fahrer in der Formel 1-Saison 2013 Weltmeister werden: Titelverteidiger Sebastian Vettel von Red Bull und Fernando Alonso, der für Ferrari fährt. Da zwischen beiden Fahrern aber 90 WM-Punkte liegen bei noch vier ausstehenden Rennen ist die Theorie schon sehr grau; gar farblos nimmt sie sich aus, wenn man auf die Freitagstrainings schaut.

Erstes Training: Vettel vor Mark Webber. Zweites Training: siehe erstes. Es hat den Anschein, als würde auch in Indien beim möglicherweise schon letzten Grand Prix auf dem Boden dieser riesigen Nation die Überlegenheit von Red Bull ihre Fortsetzung finden. Dabei müsste es nicht einmal ein Sieg sein, um die vorzeitige Entscheidung im WM-Kampf herbeizuführen.

Saison gelaufen, Personal rochiert

Wird Alonso nicht mindestens Dritter, ist die Saison gelaufen. Und so hinterlässt der Rennzirkus den Eindruck, dass man mit allen Fasern schon in der kommenden Saison steckt, die einen großen Umbruch bringen wird. Rein technisch gesehen, aber auch personell. Als einziges Spitzenteam scheint Mercedes mit Lewis Hamilton und Nico Rosberg zusammenzubleiben. Doch auch hier gibt es Fragezeichen, zum Beispiel hinsichtlich des Teamchefs Ross Brawn, der vor dem Abschied stehen soll. Bei Red Bull hat sich Mark Webber schon verabschiedet und wird seinen Pilotensessel dem jungen Daniel Ricciardo (bislang Toro Rosso) überlassen. Auch bei Ferrari weht der Wind des Wechsels: Felipe Massa geht.

Diese Personalie hat sich über Jahre hinweg angekündigt, denn Massa ist spätestens nach seinem Unfall nur noch als eine Art devoter Diener der Nummer eins im Rennstall, Alonso, wahrgenommen worden. Mit Kimi Räikkönen betreibt Ferrari eine doppelte Kampfansage: An Red Bull und die übrigen Konkurrenten ebenso wie an Alonso. Denn der finnische Wiederzugang wird nicht so leicht zu behandeln sein.

Überhaupt sind Verträge durchaus mit Vorsicht zu genießen. So zum Beispiel bei McLaren, das Jenson Button und Sergio Perez vertraglich verpflichtet hat. Doch ist Papier geduldig, wenn der Erfolg ausbleibt. Und das wäre eine noch sehr euphemistische Sichtweise auf den Saisonverlauf bei McLaren, wo der Erfolg 2013 scheu wie eine Tiefseekrake blieb.

Technische Wundertüten

Da darf es nicht wundern, wenn sich bis zum Saisonauftakt 2014 noch einiges ändern wird. Das gilt natürlich auch erst recht für die Technik. Wie weit die Teams sind, lässt sich mittelbar aus einer Äußerung von Ross Brawn erschließen, der ein „klasse Auto“ für Mercedes in Aussicht gestellt hat. So etwas sagt man nicht einfach so dahin, sondern mit Blick auf bereits geleistete Vorarbeiten.

Die, so Brawn, seien auf einem guten Weg. Denn man habe schon seit zwei Jahren (!) an der Verbindung aus neuen Motoren und Chassis gewerkelt. Bei Brawn darf man das getrost als Drohung auffassen, denn mit seinem von Honda übernommenen und in Brawn GP umgetauften Rennstall hat es einen ähnlich strukturierten Erfolg gegeben.

Brawn hatte damals nämlich mit langem Vorlauf die Entwicklung so betrieben, dass das Brawn-Fahrzeug der Konkurrenz zumindest zu Saisonbeginn derart überlegen war, dass Seriensieger Jenson Button in der zweiten Saisonhälft nicht mehr eingeholt werden konnte. Allerdings gibt es 2014 einen gewaltigen Unterschied: Die Autos sich technologische Wundertüten.

Das war nach Honda nicht in dem radikalen Maße der Fall. Und so ist Brawn – exemplarisch sicherlich für die gesamte Branche – sehr zurückhaltend. Falsifizieren lautete das Motto: Man habe gewisse Lösungen ausgeschlossen, die eventuell Schwierigkeiten bedeutet hätten. Wie es in der anderen Richtung aussieht, bleibt auch trotz der langen Entwicklungsphase fraglich.

Saisonfinale nur für Red Bull wichtig

Derlei Überlegungen werden auch bei anderen Rennställen geführt. Wer außer Red Bull hat überhaupt noch einen Blick für das aktuelle Saisonfinale? In beiden Wertungen wird die Krone der Formel 1 da bleiben, wo sie schon seit drei Jahren ist. Vier Titel in Folge sind eine gewaltige Motivation für den Rennstall, bis zur Entscheidung alles rauszuhauen.

Das gilt für die anderen Rennställe nicht. Es ist schon geraume Zeit her, da konnte man schon zwischen den Zeilen und manchmal auch direkt darin lesen, wie sehr das Jahr 2014 schon im Fokus stand. Auch bei Red Bulls vermeintlich schärfstem Konkurrenten, Ferrari. Und das alles spiegelt sich schon in dem, was am Freitag auf der indischen Rennpiste zu sehen war.

Klar hat Vettel nach den Trainingsläufen für Zurückhaltung plädiert. Allerdings sind zwei Doppel-Bestzeiten schon mehr als nur eine Demonstration der Stärke. „Ganz gut“ ist ganz schön untertrieben, hat Vettel doch schon wieder mit einem zickenden KERS zu kämpfen und die schnellste Runde zudem im Sesselmodus zu Ende gefahren.

Am besten mithalten konnte Romain Grosjean im Lotus, gefolgt von Nico Rosberg, der in seinem Mercedes keine schlechte Figur abgab. Dahinter tummelten viele der üblichen Verdächtigen. Fernando Alonso, Lewis Hamilton, Jenson Button, Sergio Perez und auch Kimi Räikkönen. Für das Heimrennen ist der Rennstall von Force India allerdings nicht unbedingt gut gerüstet, geht man nach dem, was der Freitag gebracht hat.

Und noch etwas hat der Freitag in Indien gezeigt. Die Reifen stehen wieder als Thema im Mittelpunkt. Quer durch alle Teams gab es vor allem mit dem linken vorderen Reifen Probleme, die sich im Rennen noch niederschlagen könnten. Wie es ausschaut, ist das wohl eine der wenigen Quellen für etwas Spannung im Rennen.



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