Formel 1: Durcheinandertal
13.03.2014
Die neue Formel 1-Saison steht vor der Tür und mit ihr die tiefgreifenden Änderungen an den Boliden und dem Reglement. Schon die Testfahrten haben deutlich gemacht, dass sich die Rahmenbedingungen des Wettbewerbs im Jahre 2014 wesentlich auf das Kräfteverhältnis auswirken werden. Es geht so weit, dass man sich im Durcheinandertal wähnt, denn die Ersten der Vorjahre werden zumindest am Anfang keineswegs ganz vorn erwartet.
Die Änderungen an den Motoren sehen ein Abspecken bei der Leistung vor. V6 Motoren mit einem Hubraum von 1.6 Litern lösten den Achtzylinder mit 2.4 Liter ab. Interessant ist auch, dass bei einem Rennen ein Limit von 100 Kilogramm Treibstoff besteht. Damit hat es bei einem ganz wesentlichen Faktor wesentliche Veränderungen gegeben, die sich auf das komplette Auto auswirken, das anders als in den zurückliegenden Jahren nicht von Grund auf neu entwickelt werden musste.
Kompliziert worden ist das durch die doppelte KERS-Technologie, die im Auto verwendet. Lud sich der Speicher bislang nur durch Bremsenergie auf, gibt es jetzt auch die Möglichkeit, die Abwärme als Energiequelle zu verwenden. Das Limit der rundenweise zur Verfügung stehenden Energie hat sich verzehnfacht, die Einsatzdauer pro Runde auf stolze 33 Sekunde. Die taktischen Möglichkeiten und die Komplexität des Fahrens bekommen so noch einmal ordentlichen Schub.
Böse für die Fahrer ist, dass diese zum Teil im Winter ordentlich abspecken mussten, weil das Gewichtslimit zwar angepasst worden ist, durch die vielen Neuerungen aber nach oben getrieben wurde. Im kommenden Jahr wird das Mindestgewicht leicht angehoben.
Neue Regelungen gibt es auch bei den Äußerlichkeiten des Boliden, die eine Reihe von neuen Gestaltungs-Herausforderungen mit sich brachten. Und optische Kritik – die neuen Auto-Nasen gefallen nicht allen.
In die Kategorie albern fällt die Möglichkeit, sich eine Nummer zwischen 2 und 99 aussuchen zu können – vom amtierenden Weltmeister einmal abgesehen, der als Nummer eins seine Runden dreht. Ebenso und sonderlich konstruiert ist die Regel, dass die Punkte im letzten Rennen verdoppelt werden. Es darf mehr als bezweifelt werden, ob das eine gute Idee ist – in vielen Massensportarten wäre derlei der Anfang vom Ende.
Im Jahr 2014 wird außerdem erstmals in Russland, genauer gesagt in Sotschi, ein Formel 1-Rennen ausgetragen. Der Streit um die Frage, ob Sport und Politik strikt zu trennen seien bzw. ob Boykotte sportlicher Großveranstaltungen sinnvoll sind oder nicht, ist sehr alt und immer noch umstritten. Angesichts der Ereignisse in der Ukraine dürfte eine Auseinandersetzung nicht auszuschließen sein. Allerdings lehrt die jüngste Vergangenheit, dass die Formel 1 auch in Staaten gastiert, die als innenpolitisch heikel gelten.
Sportlich geht es mit einem gewaltigen Fragezeichen ins erste Formel 1-Rennen der Saison 2014. Eigentlich undenkbare Fragen werden aufgeworfen: Was wäre, wenn keines der neu entwickelten Autos ins Ziel käme? Das ist eher unwahrscheinlich, bei den Fahrern jedenfalls herrscht Zuversicht, dass es nicht zu einer Ausfall-Orgie kommen wird. Hübsch, wenn es noch Regen in Australien geben würde, was die Rahmenbedingungen endgültig zu einem Alptraum werden ließe.
Und Vettel bzw. Red Bull? Deren Start in die Formel 1-Saison 2014 scheint in die Hose zu gehen, jedenfalls legen das die Test-Umstände nahe. Während andere Teams zum Teil sehr gute Eindrücke hinterließen, ist Red Bull vom Fehlerteufel heimgesucht worden – die Zuverlässigkeit des Autos ist defacto keine. Kommt Red Bull überhaupt ins Ziel?
Ja – schaffen die gar die 107 Prozent-Marke nicht? Abstruse Fragestellungen beim amtierenden Weltmeister und seinem Team. Doch die Sorgen sind tatsächlich nicht aus der Luft gegriffen. Das soll im Wesentlichen am Antriebsstrang liegen, für den Renault verantwortlich zeichnet. Für die Franzosen ist das ein heftiger Imageschaden und eine Herausforderung, die Probleme möglichst flott zu beheben. Bis Mai soll das Problem weitgehen gelöst worden sein.