Formel 1: Mercedes fliegt weiter
20.06.2014
Mit dem Heimrennen ist es in der Formel 1 so eine Sache: Mag es im Fußball oder anderen Sportarten wirklich relevant sein, ob die Mannschaft im heimischen oder auswärtigen Stadion spielt, ist das bei den international zusammengewürfelten Rennställen bestenfalls untergeordnet bis völlig irrelevant, wo man denn fährt. Red Bull zum Beispiel wird von dem Zwischenstopp der Formel 1 in Österreich nicht plötzlich zum Siegeskandidaten. Oder doch?
Sebastian Vettel allerdings hat das etwas anders dargestellt, was überrascht. Er freue sich seit Saisonbeginn auf den Grand Prix in Österreich, meinte der noch amtierende Weltmeister. Zuletzt hat die Formel 1 im Alpenland 2003, also deutlich vor Vettels Start in der Formel 1, gastiert, trotzdem kenn er den Streckenkurs recht gut. Er ist dort erstmals in einem richtigen Rennwagen unterwegs gewesen, im Alter von dreizehn Jahren.
Für Red Bull dürfte es daher nicht allzu erfreulich sein, dass man mit den eigenen Autos in dieser Saison hinter den führenden Silberpfeilen herfährt. Zwar ist das letzte der bislang sieben Rennen durch Daniel Ricciardo gewonnen worden, doch von einer Trendwende zu reden, wäre mehr als fahrlässig. Denn für den Sieg war durchaus die Schwäche des Mercedes-Teams mitverantwortlich. Red Bull ist vielleicht nicht mehr ganz so weit weg, wie am Saisonanfang – für eine dauerhafte Bedrohung der silbernen Überflieger reicht es einstweilen noch nicht.
Das erste Freie Training am Freitag hat das schon in gewisser Hinsicht unterstrichen. Nico Rosberg, WM-Führender bei den Fahrern, ist allen anderen eine Naselang vorausgewesen. Hinter ihm platzierte sich Lewis Hamilton, der zweite Mercedes-Fahrer. Ein gewohntes Bild, konnte der Rennstall doch die ersten sechs Rennen gewinnen, fünfmal als Doppelsieger über die Ziellinie gehen. Die Zeichen stehen für den Österreich Grand Prix nicht schlecht.
Aber! Es gibt noch den Regen und die technischen Probleme. Sollte das Wochenende ähnlich feucht werden, wie der Freitagvormittag gegen Ende der Trainingszeit, dann könnte das Rennen chaotisch verlaufen, was die Überlegenheit einzelner Rennwagen relativieren würde. Die Hoffnung auf viel Feuchtigkeit dürfte bei der Konkurrenz von Mercedes nicht gerade gering sein.
Noch mehr allerdings würde man von einem ähnlichen technischen Defekt profitieren, der Mercedes in Kanada eingebremst hat. Im ersten Trainingslauf kämpfte Hamilton mit einer unrund laufenden Kühlung des KERS im Boliden, das Teil ist vor Trainingslauf II ausgetauscht worden. Funktionieren die Autos, wird es kein Halten für die Mercedes-Rennwagen geben. Nicht nur die Mercedes-Silberpfeile werden dann ganz erhebliche von der Leistungsfähigkeit profitieren, auch die Rennställe wie Force India oder Williams, die mit Mercedes-Motoren unterwegs sind, sollten sich dann recht weit vorn platzieren können. Wer auf die Zeiten aus dem ersten Training schaut, findet nur Ferraris Fernando Alonso unter den acht Mercedes-Motor-Boliden. Ein kleiner Vorgeschmack, was am Sonntag der Formel 1-Gemeinde blühen könnte.
Red Bull zum Beispiel hat sich im ersten Trainingsdurchlauf nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Rang 13 für Daniel Ricciardo und Rang 15 für Vettel. Der Weltmeister fiel durch eine Doppelpriouette in der letzten Kurve auf, die ihn fast gegen eine Mauer geworfen hätte. Die beiden Red Bull B-Team-Fahrer, Daniil Kwjat und Jean-Eric Vergne, landeten vor den Stars auf Platz zwölf und zehn.
So ist alles angerichtet für den Formel 1-Auftritt in Österreich. Mercedes-Benz hat derzeit 258 Punkte gesammelt, wovon 140 auf Rosberg und 118 auf Lewis Hamilton entfallen. Red Bull liegt mit 139 Punkten schon sehr weit zurück, trotz der großen Probleme erstaunlicherweise immer noch auf Rang zwei – was viel über die Schwäche von Ferrari aussagt, von McLaren ganz zu schweigen. Bei Red Bull ist das teaminterne Ungleichgewicht nicht sonderlich groß: 79 Zähler hat Ricciardo, 60 Vettel. Der Rückstand zum führenden Rosberg ist allerdings ohne mächtigen Beistand kaum einholbar.