Motorsport

Formel 1: Mercedes zwistet, Umfeld spekuliert

05.09.2014
Was passiert in der Formel 1, wenn die Weltmeisterschaft entschieden ist? Man kümmert sich um die Zukunft, sprich die nächste Saison. Kümmern steht dabei stellvertretend für ein ganzes Bündel an Tätigkeiten, angefangen von der hochkomplexen Weiterentwicklung des Rennautos bis hin zu den Personalien. Derlei geschieht gerade jetzt in der Formel 1-Saison 2014, die längst entschieden ist, sieht man vom Teamduell zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton einmal ab.

Alle anderen Teams können sich getrost sieben Rennen vor dem Finale mit der Zukunft beschäftigen. Das wird auch fleißig getan, wie man unschwer an den Nachrichten erkennen kann. Während der Zwist im Mercedes-Team zwischen den Kontrahenten Rosberg und Hamilton immerhin für eine Restspannung in sportlicher Hinsicht sorgt, stehen sonst vor allem Gerüchte, Spekulationen und Analysen über die mögliche Neubesetzung der Rennfahrerplanstellen im Mittelpunkt.

Und die Frage, wie Traditionsrennställe vom Format McLaren und vor allem Ferrari mit ihrer Situation umgehen. Ferrari ist ein wahnsinnig erfolgreicher Rennstall in der Formel 1. Gewesen? Die Bemühungen, nach dem Abgang von Michael Schumacher, der eine atemberaubende Ferrari-Ära prägen konnte, hat der Rennstall noch einmal einen Fahrer WM-Titel und zwei Konstrukteurs-Titel gewonnen.

2007 profitierte Kimi Räikkönen vom Stallkrieg zwischen Hamilton und Fernando Alonso bei McLaren und von der so genannten Spionage-Affäre: Beides Aspekte, die verhinderten, dass McLaren überlegen den Weltmeistertitel einfahren konnte. Stattdessen war Ferrari der lachende Dritte, allerdings ohne nachhaltige Wirkung, denn schon im nächsten Jahr konnte sich Hamilton in einem Herzschlagfinale den Titel sichern.

Die großen Zeiten sind also seit 2004, also seit zehn Jahren, vorbei. Seitdem wird bei Ferrari nach einem Weg gesucht, sich der Herausforderung erfolgreich zu stellen. Mit Fernando Alonso hat man einen Fahrer, der stark genug wäre, um Weltmeister zu werden, doch ist das Auto in den zurückliegenden Jahren nicht immer konkurrenzfähig gewesen. Auch der Strategiewechsel weg von der Alonso-Wohlfühlzone hin zu mehr Konkurrenz durch Kimi Räikkönens Rückkehr, hat noch keine Früchte getragen.

Kein Wunder also, dass im Umfeld der Formel 1 über diverse Veränderungen spekuliert wird. Sebastian Vettel zum Beispiel ist immer wieder als möglicher Pilot für Ferrari im Gespräch, jetzt scheint es allerdings Veränderungen personeller Art zu geben, die wesentlich weiter reichen: Luca di Montezemolo soll zurücktreten. Folgen soll der Fiat-Chef Sergio Marchionne. Im Windschatten dieses Wechsels könnte es weitere Veränderungen geben, nämlich die Rückkehr von Ross Brawn. Der hatte gemeinsam mit Michael Schumacher die goldene Ära gestaltet.

Klar ist einstweilen, dass sich etwas ändern wird bei Ferrari. Und wohl auch bei McLaren: Dort steht mit Honda ein potenter Partner in den Startlöchern, mit dem das Traditionsteam wieder an die Spitze kommen will. Und wie es sich gehört ist das mit Gerüchten aus dem Umfeld begleitet und natürlich steht Sebastian Vettel im Mittelpunkt: Dem soll ein Fabelbetrag von 150 Millionen Pfund geboten worden sein – für einen Dreijahresvertrag. Das soll allerdings weiter im Reich der Fabel verbleiben.

Vettel ist einstweilen mit seiner eigenen Situation vollauf beschäftigt. Erstmals seit geraumer Zeit läuft es in mehrfacher Hinsicht nicht im Red Bull Team. Mit der Weltmeisterschaft hat der Mehrfach-Titelverteidiger nichts zu tun, dafür umso mehr mit technischen Zipperlein und Defekten, die ihn immer wieder zurückgeworfen haben. Zu allem Übel ist auch noch der Neuling im Team, Daniel Ricciardo, deutlich besser in der Saison unterwegs als der amtierende Weltmeister. Ganz nebenbei gibt es personelle Veränderungen, die von Branchenkennern sogleich als „Zerbrechendes Team“ wahrgenommen werden.

Personelle Rochaden gehören zu jeder Sportart dazu und bisweilen werden zwei Dinge vergessen: Die Friedhöfe sind voll von unersetzlichen Leuten und alle Unersetzlichen haben einmal als Unbekannte angefangen. Insofern könnten Personalwechsel durchaus auch ein positives, belebendes Element darstellen. „Belebend“ wäre ein wunderbarer Euphemismus gewesen, um die Schandtat von Nico Rosberg herunterzuspielen. Der hat – mehr oder weniger – absichtlich seinen teaminternen Kontrahenten mit einem aggressiven Manöver aus dem Rennen gedrängt und die eigene Position im Titelkampf zumindest kurzfristig beträchtlich gestärkt. Ob das allerdings zum Pyrrhussieg wird, bleibt abzuwarten.

Die Mercedes Führung hat sich Rosberg als Alleinschuldigen ausgesucht und an den Pranger gestellt. Lewis Hamilton ist sicher kein Kind der Unschuld, doch scheinen seinen Verfehlungen in der Teamhierarchie keine so große Rolle zu spielen. Ein vortreffliches Spekulationsobjekt, wenn es um die Motivation für Rosbergs Tatzenhieb geht. Und ein gefundenes Fressen für die Presse, die sich genüsslich in eine Art Generalkritik über Mercedes ergeht.



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