Motorsport

Formel 1: Rosberg siegt, Hamilton pflügt durchs Feld

21.07.2014
Einen gefühlten Doppelsieg habe Mercedes beim „Heim“-Grand Prix in Deutschland errungen, hieß es nach dem Formel 1 Rennen aus dem Munde von Toto Wolf, dem sportlich Verantwortlichen bei den Silberpfeilen. Gefühlt, weil zwar Nico Rosberg tatsächlich Erster werden konnte, dagegen Lewis Hamilton „nur“ Rang drei belegte. Die Gänsefüßchen stehen dabei für eine gigantische Aufholjagd von Rang 20 aus aufs Treppchen.

Der ehemalige Weltmeister ist spektakulär durch das Fahrerfeld gepflügt, wie Ex-Erzfeind Fernando Alonso schon vor dem Start prophezeite, eine immense Leistung, auch im Angesicht der Überlegenheit des Mercedes-Autos. Nachdem ihm im Qualifying ein technischer Defekt ereilte und nur Rang 15 in den Listen stand, sorgte ein damit erzwungener Getriebewechsel für die Strafversetzung um fünf Plätze weiter nach hinten.

Allzuviele Autos standen damit nicht mehr hinter Hamilton, der sich von seinem Unbill nicht schrecken ließ und mit einer rasanten Fahrt das Treppchen noch erreichen konnte. Viel mehr noch als das Solo-Rennen des Nico Rosberg, der seinen Mercedes vor dem Feld dem Ziel entgegenfahren konnte, zeigt Hamiltons Aufholjagd, wie die Kräfteverhältnisse in der Formel 1 in dieser Saison 2014 aussehen. Mercedes und dann lange nichts.

Vor allem Ferrari ist in einem tiefen Tal verschwunden. Die nächste Formel 1-Saison, die völlig in die Hosen geht. Während Fernando Alonso gewohnt regelmäßig punktet – in jedem Rennen bislang – und somit den vierten Platz in der Fahrerwertung tapfer verteidigt, ist Kimi Räikkönen auf dem besten Wege, eine katastrophale Saison hinzulegen. Rang zwölf mit 19 Zählern, zuletzt zwei Nullnummern, davor zwei Ein-Punkte-Rennen, davor eine Nullnummer: Zwei Zähler aus fünf Rennen gehen für einen Ferrari-Fahrer eigentlich nicht.

Doch liegt das keineswegs an den Fahrern. Das Auto ist wieder einmal nicht konkurrenzfähig. Vor Ferrari, das bislang 116 Punkte eingefahren hat, konnte sich mit dem Großen Preis von Deutschland Williams positionieren, das 18 Punkte errang und acht auf Ferrari gutmachen konnte. Nicht allzu weit hinter Ferrari ist Force India mit 98 Zählern, dicht gefolgt von McLaren, das 96 Punkte hat. Allen Rennställen, die Ferrari das Leben erschweren, ist gemein, dass ein Mercedes-Motor unter der Haube werkelt.

Bei den Roten aus Italien kann man von Glück reden, dass neben dem starken Valtteri Bottas für Williams Felipe Massa noch nicht wirklich in Schwung gekommen ist. Bottas kommt mit 91 Punkten auf das Vierfache von dem, was der Brasilianer eingefahren hat. Auch bei dem anderen direkten Konkurrenten, Force India, ist Hülkenberg mit 69 Zählern deutlich stärker als Sergio Perez, der nur 29 Punkte eingefahren hat.

Auf diese Weise ist Ferrari der vollständige Absturz bislang erspart geblieben. Das ist aber dramatisch weniger als das, was man sich im Hause des Traditionsrennstalls vorgestellt hat. Siege sollen her, Titel am besten. Vom ersteren Ziel ist man weit entfernt, vom zweiten ganz zu schweigen. Damit scheint es nicht ganz ausgeschlossen, dass die Ära Alonso bei Ferrari mehr als glanzlos zuende geht. Der Spanier ist jüngst durch beinahe resignierende Äußerungen über die Perspektiven des Rennstalls aufgefallen – und wer möchte dann noch glauben, dass ein Gigant wie Vettel dorthin wechselt?

Der ist auch weit davon entfernt, die vergangenen vier Jahre in dieser Formel 1-Saison zu wiederholen. Allerdings schlägt sich Red Bull beachtlich, nicht nur gemessen an dem, was Mercedes auf die Beine stellt. Fast schon in Vergessenheit geraten ist, wie die Lage noch wenige Wochen vor Saisonbeginn angesichts einer katastrophalen Vorbereitung bei Red Bull ausgesehen hatte. Ein Totalabsturz drohte, doch der Rennstall hat immerhin einen modus vivendi gefunden, mit dem der Schaden begrenzt werden kann.

Das beste Team hinter Mercedes, deutlich besser als Williams, auf das Red Bull schon 67 Punkte Vorsprung herausgefahren hat, so ist die Lage zur Saisonmitte. Befriedigend ist das nicht, allerdings auch nicht allzu besorgniserregend. Anders als bei Williams, Ferrari oder Force India ist der zweite Fahrer bei Red Bull stark, sogar stärker als der erste: Daniel Ricciardo hat 106 Punkte, Vettel nur 82.

Der Weltmeister ist durch technische Zipperlein stärker in Mitleidenschaft gezogen worden, als sein neuer australischer Teamkollege. Der hat als einziger ein Rennen gewinnen können, dank einer Schwäche von Mercedes. Mittel- und langfristig scheint Red Bull gut gerüstet, um wieder ganz oben anzugreifen. In dieser Saison eher nicht mehr, mittlerweile dürften die Ressourcen schon Richtung 2015 verschoben worden sein.



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