Formel 1: Schattenspiele auf der Zielgeraden
01.11.2014
Das drittletzte Rennen der Formel 1-Saison 2014 wird überschattet von finanziellen Problemen der höchsten Motorsport-Klasse. Zwei der Rennställe, Caterham und Marussia, habe gar nicht an den Trainingsläufen des Freitags mitgewirkt und werden das Rennen verpassen. Caterham und Marussia sind gar in den Händen des Insolvenzverwalters, die Pleitegeier kreisen über den Teams. Am Freitag sind nur 20 Fahrer überhaupt angetreten, für die Formel 1 mehr als ein Menetekel. Daran ändert auch die „großzügige“ Geste nichts, dass beide Teams am Saisonende noch einmal antreten können – frisches Geld vorausgesetzt.
Denn – so lautet die Meinung vieler Branchenbeobachter: Von finanziellen Problemen sind keineswegs nur die üblichen Verdächtigen betroffen, sondern auch etablierte Teams aus dem Mittelfeld. Force India zum Beispiel hat einen finanziellen Schwächeanfall erlitten. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem das Team den bislang besten Saisonverlauf hinlegt, hätte es fast versäumt, den Flug in die USA mitzumachen. Und Force India ist – im Gegensatz zu den beiden Pleite-Teams – sportlich durchaus erfolgreich.
Die Formel 1 steht vor extrem schweren Zeiten. Seit mehreren Jahren wird versucht, den steigenden Kosten einen Deckel aufzusetzen. Das scheint nicht gelungen zu sein, wie sich an der aktuellen Entwicklung zeigt. Doch gibt es Anzeichen, dass auch die Geldausschüttungen nicht so verteilt sind, dass sie für eine halbwegs solide finanzielle Basis der Teams sorgen können. Wie also geht es nun weiter mit durchaus sportlich interessanten Teams wie Williams? Oder Sauber und Lotus? Von einem „fairen Wettbewerb“ in der Formel 1 scheint ohnehin nicht mehr die Rede zu sein.
Für die kommende Formel 1-Saison steht nach aktuellem Stand der Dinge nur ein begrenztes Teamfeld zur Verfügung, nämlich das ohne die drei Neulinge aus dem Jahr 2009, von denen HRT schon 2012 die Segel streichen musste. Wenn nun auch Force India die Reifen ins Korn rollen lässt, fiele noch ein Rennstall weg – es wären nur noch acht! Darunter der Null-Punkte-Traditionsrennstall von Sauber, für den sich angesichts der sportlichen Entwicklung die Frage stellt, auf welcher Grundlage man überhaupt fahren möchte. Bleibt die Hoffnung auf neue Teams, doch woher sollten diese kommen?
Und eines der Teams ist ein B-Team von Red Bull (Toro Rosso), es bleiben also derzeit nicht wirklich genügend Rennställe, um eine für den Anspruch der Formel 1 angemessene Zahl an den Start zu bringen. Es wird durchaus spannend sein, ob die Formel 1 eine Reform hinbekommt oder sich selbst auffrisst. Die Investoren von CVC scheinen zumindest gutes Geld zu verdienen, Formel 1-Vermarkter Bernie Ecclestone ebenso. Sollte sich dessen Meinung durchsetzen, nach der nur der fahren sollte, der es sich auch leisten könne, dann stehen der Formel 1 möglicherweise krisenhafte Zeiten ins Haus.
Immerhin findet die Krisendiskussion zu einem interessanten Zeitpunkt statt. Denn sportlich ist mehr oder weniger alles gelaufen, Mercedes frühzeitig Rennstall-Weltmeister geworden und die Frage des Weltmeistertitels zu einem teaminternen Duell reduziert. Das ist noch einmal eine deutliche Steigerung gegenüber den Dominanzzeiten eines Sebastian Vettel, der mit Fernando Alonso von Mercedes in drei seiner vier Weltmeister-Jahren einen durchaus kampfkräftigen Gegner hat. Am Freitag sind beide Mercedes-Piloten mit hauchdünnem Abstand Erster (Hamilton) und Zweiter (Rosberg) geworden, ehe sich eine deutliche Lücke zu Alonso und noch deutlichere zu Button öffnete.
Apropos Vettel: Der ist nur 18. am Freitag geworden und hat zudem auf das Qualifying verzichten wollen. Kein Wunder, denn ein möglicher Motorenwechsel zwänge den Weltmeister auf die letzte Startposition. Wozu also das Material durch das Qualifying scheuchen? Mit dem Motorwechsel würde Vettel nach Saisonende nicht nur das Team, sondern auch eine für den Mehrfachweltmeister ungewöhnliche Serie an technischen Zipperlein hinter sich lassen. Die Renault-Motoren hatten durchaus einen spannungsfördernden Anteil, selbst zu Vettels Top-Zeiten bei Red Bull.
Mit dem drittletzten Rennen der Formel 1 in der laufenden Saison könnte auch eine Vorentscheidung um die Weltmeisterschaft verbunden sein. Zwar ist mit Daniel Ricciardo von Red Bull noch ein dritter Fahrer theoretisch im Rennen, doch mit seinen 199 Punkten ist der Abstand zu Hamilton und Rosberg so groß, dass es zu einem Duell der beiden wird. Die liegen 291 zu 274 Zähler, was in drei Rennen für Rosberg noch zu egalisieren wäre – sollte Hamilton allerdings wieder siegen, wird es für Rosberg extrem schwer, den Briten noch abzufangen.