Formel 1: Siegeslauf und Jammertal
23.06.2014
Das war es mit der Formel 1-Saison 2014: Nach acht von 19 Rennen ist die Formel 1-Weltmeisterschaft für Mercedes nicht mehr zu nehmen. Sechs Doppelsiege, aus denen 301 Punkte erfahren wurden, deutlich mehr als das Doppelte von dem, was der schärfste Konkurrenz von Red Bull aus den bisherigen Rennen erzielen konnte, dazu noch die Stärke der Mercedes-Teams Force India und Williams, die Punkte rauben – wer will die Silberpfeile vom Himmelsflug noch abfangen?
Seit dem Formel 1-Gastspiel in Österreich ist klar, wer in der Teamwertung Weltmeister wird. Sicher wird niemand dort die Hände in den Schoß legen, sicher wird es immer wieder Attacken geben, wenn sich die Gelegenheit bietet, sprich: bei Red Bull ausnahmsweise die Technik nicht streikt und dann auch noch die Stall-Strategie funktioniert, sicher werden sich auch Ferrari samt Fernando Alonso immer wieder um einen Platz an der Sonne bemühen, doch für eine grundlegende Verschiebung der Stärkeverhältnisse ist es zu spät.
Etwas anders sieht es in der Fahrerwertung aus. Dort führt mittlerweile Nico Rosberg mit 165 Punkten vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton. Der Deutsche mit finnischen Wurzeln und Sitz in Monaco fährt möglicherweise seinem ersten Weltmeistertitel entgegen. Die Betonung liegt auf: möglicherweise, denn der ärgste Verfolger Hamilton hat immerhin auch schon 136 Zähler und liegt in Schlagweite. Vor allem ist Hamilton schon zweimal ausgefallen, rein statistisch wird auch Rosberg eher unwahrscheinlich ohne Nullnummer durch die Saison brausen.
Es ist für Hamilton also noch alles drin. Denn bislang hat der Brite bei seinem Versuch, den zweiten WM-Titel in seiner Karriere zu schaffen, mit reichlich Gegenwind zu kämpfen. Die Ausfälle sind dabei nur ein Teil der Medaille, in Österreich musste der Mercedes-Fahrer von einem sehr unglücklichen Startplatz ins Rennen gehen, nachdem er sein Qualifying versemmelt hatte. Doch mit Rang zwei ist ihm die bestmögliche Begrenzung des Schadens gelungen.
Für eine spannende Saisonhälfte II ist also gesorgt, denn an der Spitze gehe es noch kräftig zur Sache. Dahinter findet sich ein recht breites Feld an Fahrern, die ordentliche Punktzahlen eingefahren haben. Daniel Ricciardo und nicht Sebastian Vettel ist dabei der Beste vom Rest. 83 Punkte, gut die Hälfte dessen, was Rosberg eingeheimst hat, vier mehr als Fernando Alonso im Ferrari. Der wiederum hat Vettel 19 Punkte voraus: Hier drängt es sich etwas stärker, Hülkenberg ist nur einen Zähler hinter Vettel, Bottas vier dahinter.
Jenson Button hat in seinem McLaren bislang 43 Punkte erreicht, viel zu wenig für die Ansprüche, aber noch deutlich mehr als Felipe Massa (30) für Wiliams und Kevin Magnusson (29) für McLaren, sowie Sergio Perez (28), den zweiten Force India Fahrer. Die Mercedes-Motoren-Rennställe sind ganz vorn, nur Alonso und die beiden Red Bull-Piloten können mithalten. Das sagt alles, aber auch restlos alles über die Stärkenverhältnisse unter der Motorhaube aus. Renault erlebt – nicht nur in Österreich – sein totales Debakel.
Im zweiten (vierten) Teil der Star Wars-Saga gibt es eine witzige Stelle, als die Prinzessin den wiederholten Startversuch des Rasenden Falken mit der Frage quittiert, ob es helfe, wenn sie aussteige und schiebe. Für Sebastian Vettel und die anderen Renault-Motor-Piloten wäre die Gelegenheit auch gekommen, diese Frage zu stellen. Denn nur ein einziges Auto mit dem Renault-Motor unter der Haube kam in die Punkte, der Rest ging leer aus. Und was soll man sagen, wenn dem amtierenden Weltmeister schon in Runde eins der Schub fehlt? Schieben?!
Der Auftritt in Österreich hätte auch für eine Sensation sorgen können, denn im Qualifying standen plötzlich die Falschen ganz vorn: Felipe Massa im Williams startete von der Pole Position. Doch den Sieg konnte weder der Brasilianer noch der Teamkollege Valtteri Bottas erringen. Immerhin konnte Bottas den dritten Platz hinter den davonfliegenden Silberpfeilen erreichen, während Massa mit Rand vier immerhin einiges an Punkten hereinholen konnte. Sollten also auch noch Williams und Force India immer stärker in Fahrt kommen, droht Red Bull eine bittere Saison.
Dort herrscht laut Motorsport-Konsultant Marko noch keine Katastrophenstimmung – das könnte noch werden, denn die Wende, vor der immer wieder die Rede war, ist weit und breit nichts zu sehen. Vor allem Weltmeister Vettel dürfte langsam aber sicher die Nase von der Unzuverlässigkeit seines Boliden und dem fehlenden Tempo voll haben. Statt besser ist es im Saisonverlauf tendenziell schlechter geworden – trotz des Ricciardo-Sieges, den die vier kümmerlichen Zähler aus Österreich schon relativiert haben.